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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille
Autoren: Anne Chaplet
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auf die mittlere Spur und überholte den roten Mazda, der vor ihm herzuckelte, noch langsamer als er selbst. Frau am Steuer? Nein. Ein Außerirdischer. Ein bleicher Mann mit hoher Stirn und einer riesigen Sonnenbrille mit blitzenden Gläsern. Alles Aliens. Mutanten. Er dachte das immer häufiger in letzter Zeit.
    Abfahrt Eckenheim. Schon vorbei mit der freien Fahrt. Baustelle. Stop and go, wie immer um diese Tageszeit. Gasgeben. Bremsen. Sich zusammenreißen und weder hupen noch schreien, noch Handbewegungen machen, die jemand richtig deuten könnte. Vorbild sein. Ruhe bewahren. Haltung zeigen. Auch bei blond, Sonnenbrille, dämlich, direkt neben ihm, Mercedes mit Bad Homburger Kennzeichen, warum ist die denn jetzt schon unterwegs, die Geschäfte in der City machen doch erst um zehn Uhr auf. Vielleicht weiß sie das nicht? Das Huhn ahnt ja noch nicht mal, wozu ein Blinker da ist und warum man in den Rückspiegel gucken sollte, auch wenn man sich nicht gerade die Lippen nachzieht.
    »Fahr doch nicht so aggressiv.« Feli, früher. Neben ihm, wie sie mit dem Fuß durchs Bodenblech will. »Brems doch!« Caro, auf dem Rücksitz. »Es sind doch nicht alle deine Feinde!« Flo.
    Woher weißt du das, Flo? Wachs du mal auf als viertes Kind von viel zu vielen, in den 60er Jahren in Rüsselsheim. Laß du dich mal als Itaker beschimpfen und nach der Schule verprügeln, da lernst du die angesagte Sprache schneller als du »Ciao« rufen kannst. Und bist ein paar Jahre später Klassenbester in Deutsch. »Nehmt euch ein Beispiel an unserem Jo.« Und kriegst wieder Keile. Da will man doch nicht Deutschlehrer werden, oder? Da wird man was Grausames. Zahnarzt. Oder staatlich lizenzierter Gewalttäter.
    Er parkte seinen Ford hinter dem Polizeipräsidium neben dem Peugeot von Frank, der noch immer die Babyschühchen seines Sohnes am Rückspiegel hängen hatte, obwohl der Junge längst studierte. Eine Kollegin, Oberkommissarin, ihr Name war ihm entfallen, auch wo sie eingesetzt war, grüßte und lächelte ihm auffällig aufmunternd zu. Wegen seines guten Charakters, des neuen Blazers oder der interessanten Narben? Er hätte fast vergessen zurückzulächeln.
    Er mußte wieder lächeln lernen. Entspannter sein. Weniger zornig. Nimm’s doch mal locker, Alter. Feli ist nicht die einzige Frau auf der Welt. Und manche standen auf Typen wie ihn.
    »Soll ich vielleicht den ganzen Tag zu Hause hocken und mir die Fußnägel lackieren?« Nein, Feli. Aber mußten es Ölbilder sein? Hätten Aquarelle nicht genügt? Und warum waren die Dinger so groß? Und mußte man damit ein ganzes Reihenhaus zustellen, deins und meins und das deiner Töchter? Für Apfelkuchenbacken wäre Platz gewesen.
    »Ach! Und warum hast du nicht gleich deine Mutter geheiratet?«
    Hast ja recht, Feli.
    DeLange verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen, während er durch den Innenhof ging. Kriminaloberkommissar Dirks, wie üblich im Schimanski-Look in Jeans und Lederjacke, grinste zurück. Sorry, Kollege, aber du warst nicht gemeint. In den Aufzug. Zwei Jungs von den Spezialeinheiten in Montur. Konnten vor Testosteron kaum ruhig stehen. Der Lichthof. Sein Flur. Abteilung Presse und Öffentlichkeit im Polizeipräsidium Frankfurt. Ausweis vor den Türöffner halten. Durchatmen.
    Klara stand vor ihrem Zimmer, weißen Kaffeebecher in der Hand, braun geteert. Auch so eine Sitte. Niemand in der Abteilung wusch seinen Becher ab, das sollte wohl dafür sorgen, daß sich kein anderer daran vergriff.
    »Jo! Wie stilvoll!« Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß.
    Seit er keine Uniform mehr tragen mußte, gab er sich Mühe mit der Kleidung. Die Kolleginnen schätzen das.
    »Elegant wie immer!« Sie war verdächtig gut gelaunt. »Alles im grünen Bereich?«
    DeLange schenkte ihr ein mattes Lächeln. Alles auf der sicheren Seite. Alles paletti. Alles tranquillo. Alles wie immer. Und verschwand in seinem Büro. Klara sah aus, als ob sie gute Nachrichten hätte. Er wünschte viel Glück. Wenn Klara Merz, Sachgebietsleiterin Allgemeine Öffentlichkeitsarbeit im Polizeipräsidium Frankfurt am Main, die Karriereleiter hochfiel, hatte er Aussicht auf ihre Stelle. Und das bedeutete Besoldungsgruppe A 12 statt A 11. Stand einem alleinerziehenden Vater doch zu, oder?
    Ein Tag Abwesenheit, und schon mit E-Mails zugeschissen. Er scannte die wichtigsten im Schnelldurchlauf. Das meiste erledigte sich durch Nichtbefassen. Klick und weg. Anfrage einer Journalistin, ob Polizeihunde Dienstgrade hätten. Aber
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