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Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da

Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da

Titel: Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
Autoren: James Patterson
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bebte. So schwach sie war, sie versuchte zu schreien. Nein, bitte, bitte, bitte. Tu mir das nicht an. Gnädige Finsternis überkam sie.
    Sie wußte nicht, wie lange sie bewußtlos gewesen war. Es war ihr auch gleich. Sie wachte auf und war noch am Leben.
    Sie fing zu weinen an, und die erstickten Laute, die durch den Knebel drangen, waren eine Qual. Tränen liefen ihr über die Wangen. Ihr wurde bewußt, wie sehr sie sich wünschte, am Leben zu bleiben. Sie merkte, daß sie verlegt worden war. Ihre Arme waren hinter ihr um einen Baum gebunden. Ihre Beine waren gekreuzt und gefesselt, und sie war immer noch fest geknebelt. Er hatte ihr die Kleider ausgezogen. Sie konnte ihre Kleider nirgends sehen. Er war immer noch da!
    »Es ist mir wirklich egal, ob du schreist«, sagte er. »Hier draußen kann dich niemand hören.« Seine Augen glänzten unter der lebensähnlichen Maske. »Ich will nur nicht, daß du die hungrigen Vögel und Tiere verscheuchst.« Er warf einen kurzen Blick auf ihren wahrhaft schönen Körper. »Ein Jammer, daß du ungehorsam warst, gegen die Regeln verstoßen hast«, sagte er. Er nahm die Maske ab und ließ sie zum ersten Mal sein Gesicht sehen. Er prägte sich ihr Gesicht ein. Dann bückte er sich und küßte sie auf die Lippen. Denn zum Küssen sind sie da. Schließlich ging er.
4. Kapitel
    Die meiste Wut hatte ich auf der zornigen Jagd zu Fuß nach St. Anthony verbraucht, mit Marcus Daniels in den Armen. Der Adrenalinschub war jetzt verpufft, aber ich empfand unnatürliche Erschöpfung.
    Im Wartebereich der Notaufnahme herrschten Lärm und frustrierte Verwirrung. Babys schrien, Eltern jammerten laut, die Helfer riefen pausenlos Ärzte auf. Ein blutender Mann murmelte ständig: »Scheiße, Scheiße.«
    Ich konnte immer noch die schönen, traurigen Augen von Marcus Daniels vor mir sehen. Ich konnte immer noch seine leise Stimme hören.
    Kurz nach halb sieben an jenem Abend traf unerwartet mein Verbrechenspartner im Krankenhaus ein. Mir kam das seltsam vor, aber für den Augenblick ließ ich es durchgehen. John Sampson und ich sind die besten Freunde, seit wir beide zehn Jahre alt waren und auf denselben Straßen in D. C. Southeast herumliefen. Irgendwie haben wir das überlebt, ohne daß uns die Kehlen durchgeschnitten wurden. Ich beschäftigte mich mit psychologischen Fehlentwicklungen und machte schließlich meinen Doktor an der Johns-HopkinsUniversität. Sampson ging zur Armee. Auf seltsame und rätselhafte Weise kam es schließlich dazu, daß wir bei der Polizei von D. C. zusammenarbeiteten. Ich saß auf einer Bahre ohne Laken, die vor dem Traumaraum abgestellt worden war. Neben mir stand der »Notfallkarren«, den sie für Marcus benützt hatten. Aderpressen aus Gummi hingen wie Banner von den schwarzen Griffen des Karrens. »Wie geht’s dem Jungen?« fragte Sampson. Er wußte schon über Marcus Bescheid. Irgendwie wußte er immer Bescheid. Der Regen strömte in kleinen Bächen von seinem schwarzen Poncho, aber das schien ihm gleichgültig zu sein.
    Ich schüttelte traurig den Kopf. Ich fühlte mich immer noch ausgelaugt. »Ich weiß es noch nicht. Sie wollen mir nichts sagen. Der Arzt wollte wissen, ob ich ein Angehöriger bin. Sie haben ihn auf die Traumastation gebracht. Er hat sich schlimm verstümmelt. Und was führt dich zur fröhlichen Cocktailstunde?« Sampson schüttelte den Poncho ab und ließ sich neben mir auf die ächzende Bahre fallen. Unter dem Poncho war er, wie es für ihn typisch war, kostümiert wie ein Straßenpolizist: ein Jogginganzug von Nike in Silber und Rot, passende Schnürstiefel, dünne Goldkettchen am Arm, Siegelringe. Sein Straßenlook war intakt. »Wo ist dein Goldzahn?« Mir gelang ein Lächeln. »Zur Abrundung deines Ensembles brauchst du noch einen Goldzahn. Mindestens einen Goldstern an einem Zahn. Vielleicht auch noch ein paar maisgelbe Zöpfe?«
    Sampson lachte schnaubend auf. »Ich hab’s gehört. Ich bin gekommen«, erklärte er lässig sein Auftauchen im St. Anthony. »Bist du in Ordnung? Du siehst wie der letzte der riesigen, gefährlichen Elefantenbullen aus.«
    »Ein kleiner Junge hat versucht, sich umzubringen. Ein lieber kleiner Junge, wie Dämon. Elf Jahre alt.«
    »Willst du, daß ich zu dem Crackloch fahre? Daß ich die Eltern des Jungen erschieße?« fragte Sampson. Seine Augen waren so hart wie Obsidian.
    »Das machen wir später«, sagte ich.
    Vermutlich war ich dazu aufgelegt. Die gute Nachricht lautete, daß die Eltern von Marcus Daniels
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