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Patterson James

Patterson James

Titel: Patterson James
Autoren: Das Ikarus-Gen
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Sie eine Meinung zu diesem fiktiven Charakter, Mr
Brennan?«
»Ja. Er ist ein Schwachkopf.«
Die Zuschauer lachten, genau wie ich. Die Kinder kicherten
vergnügt. Sie bewunderten Kit.
»Haben Sie eine Idee, Mr Brennan, warum Ihre Kollegen beim
FBI Sie ›Mulder‹ nennen?«
»Einspruch, Euer Ehren!«, rief Jeffrey Kussof. »Das ist
argumentativ und tut nichts zur Sache!«
Catherine Fitzgibbons neigte in gespielter Zerknirschtheit den
Kopf. Ich konnte deutlich sehen, dass sie es nicht ernst meinte.
»Ich ziehe die Frage zurück, Euer Ehren. Mr Brennan,
betrachten Sie sich als einen Workaholic?«
»Vielleicht, hin und wieder. Ich gehe sicherlich in meiner
Arbeit auf. Manchmal mag ich sie sogar.«
»Und würden Sie sich als eine stabile Persönlichkeit
bezeichnen?«
»Das würde ich.«
Catherine Fitzgibbons wandte Kit den Rücken zu. »Aber Sie
haben Medikamente gegen Depressionen eingenommen«, sagte
sie. Es tat gut zu sehen, dass selbst sie eine Spur von Scham
empfand.
»Ja. Ich litt unter Depressionen, weil ich meine Familie
verloren hatte«, entgegnete Kit in scharfem Ton.
Catherine Fitzgibbons drehte sich zu ihm um, sodass Richter
Dwyer ihren schwangeren Leib sehen musste.
»Ich verstehe. Dann wissen Sie also, wie sich die Beklagten
fühlen müssen angesichts der Gefahr, ihre Kinder zu verlieren.«
Kit antwortete nicht. Auf der anderen Seite der Bank
protestierten die Zwillinge mit verängstigten, schrillen
Stimmchen gegen diesen Angriff auf Kit.
»Agent Brennan, soll ich meine Frage wiederholen?«
»Sie herzloses …!«, flüsterte Kit fast unhörbar leise.
»Der Zeuge gebärdet sich feindselig, Euer Ehren«, sagte
Fitzgibbons ungerührt.
»Mr Brennan, bitte beantworten Sie die Frage«, verlangte der
Richter.
»Ja. Ja, ich weiß, wie es ist, ein Kind zu verlieren«, antwortete
Kit endlich.
»Und Sie beharren dennoch auf Ihrer Klage? Sie behaupten, ich wäre herzlos? Das wäre alles, Agent Brennan.«
    Mir wurde ganz übel, als Jeffrey Kussof sich erhob und mich
mit klarer, zuversichtlicher Stimme in den Zeugenstand rief.
»Dr. Frances O’Neill bitte.«
Ich fragte mich, aus welchem Grund Jeffrey so zuversichtlich
war. Wusste er etwas, das ich nicht wusste? Warum besaß er
mehr Vertrauen in mich, als ich es selbst hatte?
Als ich aufstand und nach vorne ging, wurde mir bewusst, wie
sich eine Zweihundert-Kilo-Frau in einem Kneippbad fühlen
musste. Ich sah nach hinten zu der Zuschauergalerie, und alle
gafften mich an. Etwas mehr als zweihundert Leute, die alle
darauf warteten, dass ich sie überzeugte, eine großartige – nein,
eine makellose – Mutter für sechs ungewöhnliche und ganz
besondere Kinder sein zu können.
Nun ja, genau das hatte ich zumindest vor.
Denn ich wusste tief in meinem Herzen, dass es so sein würde.
War das denn gar nichts wert?
Jeffrey schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln, und auf seine
Fragen hin nannte ich meinen akademischen Titel und berichtete
in kurzen Worten über meinen beruflichen Werdegang: das
Westinghouse Science Scholarship, ein Stipendium, meine
Dissertation am Colorado State’s Veterinary Teaching Hospital
in Fort Collins und all den ganzen Rest meiner Lorbeeren.
Als ich fertig war, stießen die Kinder anerkennende Pfiffe und
Jubelrufe aus, direkt vor den Augen ihrer schäumenden Eltern.
Selbst die Zwillinge lachten. Ich wagte einen schnellen Blick zu
Kit, und er zwinkerte mir zu und grinste sein berühmtes schiefes
Grinsen.
Die Befragung dauerte mehr als eine Stunde, und meine
Zuversicht wuchs allmählich. Ich wusste, dass ich eine
großartige Mutter sein würde; ich liebte diese Kinder mehr, als
es irgendjemand sonst vermocht hätte. Weil ich Tierärztin war,
begriff ich, wie komplex ihr Wesen war. Jeffrey bat mich, über
meine eigene, erst relativ kurz zurückliegende Tragödie zu
sprechen: Mein Mann war zwei Jahre zuvor bei einem
Raubüberfall ermordet worden. Ich berichtete auch über meine
erfolgreiche Ein-Frau-Tierklinik in einem winzigen Kaff
namens Bear Bluff, etwa fünfundsiebzig Kilometer nordwestlich
von Boulder, Colorado, gelegen.
Jeffrey beschrieb mich als eine Frau mit einem Herzen so groß
wie die Rocky Mountains und mit einer offenen Tür für jedes
umherstreifende Eichhörnchen, jeden Maultierhirsch und jeden
streunenden Welpen in ganz Colorado. Es wurde richtig
peinlich, und ich errötete dementsprechend.
Am wichtigsten von allem war jedoch, dass er von meiner
Operation an Max berichtete, als sie dem Tod nahe
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