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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux
Autoren: Philippe Djian
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tiefes Röcheln entrang sich ihrer Brust mit der Kraft einer auflodernden Flamme, und ihr ganzer Körper versteifte sich. Ich wickelte sie rasch ein, bevor sie um sich schlug. Wir tauchten ein weiteres Tuch in die Schüssel. Meine Mutter ging nach unten, um nachzusehen, ob das Wasser gefror.
    Wenn ich spürte, daß sie wieder heißer wurde, fing ich von vorn an. Das zweite Laken schien direkt aus einem Wildbach im hohen Norden zu kommen.
    Ich wiegte sie ein wenig hin und her, was mir innerlich mein Tun erleichterte. Ohne sie jedoch wirklich in meine Arme zu schließen, denn eine solche Glut war nicht angebracht. Von Zeit zu Zeit drückte ich meine Lippen auf ihre Stirn. Meine Mutter tat es mir gleich, und wir verglichen unsere Eindrücke. Inzwischen ähnelte das Bett dem Verdeck eines Lastwagens, der in einem leichten Winterregen durch Norwegen fährt.
    Die Zeit verstrich. Meine Mutter ging unentwegt die Treppe rauf und runter. Das Wasser tropfte aus den Laken auf den Fußboden. Ramona wimmerte leise. Und ich fühlte mich nicht besonders gut.
     
    Edith kehrte einige Tage darauf zurück. Das Flugzeug hatte Verspätung. Ich schlenderte durch den Flughafen, um mir die Zeit zu vertreiben, und erkundigte mich regelmäßig, was es Neues gab, oder ich las die zurückgelassenen Zeitungen und irgendwelche Prospekte. Und die Zeit wurde mir lang. Ich litt eineinhalb Stunden lang mehr unter ihrer Abwesenheit als während der ganzen zwei Wochen, die verstrichen waren. Das Mädchen der Japan Air Lines seufzte höflich, wenn es mich kommen sah.
    Edith war in Begleitung von Robert Lafitte, ihrem Agenten. Seinetwegen haben wir uns nicht so lang geküßt, wie ich es mir gewünscht hätte. Er schaute in die Luft und wartete, daß wir aufhörten. Lafitte und ich waren nicht gerade innige Freunde. Wir gaben uns die Hand. Ich fragte ihn, ob ich ihn irgendwo absetzen könne oder ob er lieber ein Taxi nehmen wolle. Nicht anders als sonst auch.
    Kaum hatte er uns den Rücken gekehrt, schlossen wir uns in der Toilette ein.
    »Willkommen!« sagte ich zu ihr, packte sie an der Taille und setzte sie auf die Klobrille.
    Ich ließ meine Hose herunter, während sie ihren Rock hochschob – die Erfahrung hatte uns gelehrt, daß wir leichteres Spiel hatten, wenn sie ihren Slip schon im Flugzeug auszog. Wir küßten uns zärtlicher. Dann hielt sie sich an der Wand fest und stellte ein Bein auf den Papierspender. Tokio war mir lieber als Madrid oder Berlin. Diese zwanzig Stunden Flug verliehen ihr einen besonderen Geschmack.
     
    Ich habe mich mehrere Tage lang gefragt, ob ich es ihr erzählen sollte oder nicht. Das war mein gedankliches Lieblingsthema auf dem Weg zu Saint-Vincent. Solange ich sie kannte, hatte Edith die Offenheit mit blinder Leidenschaft kultiviert. Und es war uns längst nicht immer geglückt.
    Ich begnügte mich vorerst damit, daß ich Hélène Folley gegenüber für klare Verhältnisse sorgte. Das kommt nicht mehr in Frage, hatte ich ihr erklärt. Allzu peinlich war die Sache nicht, ich glaube, es war ihr ziemlich egal. Das einzige, was ihr Kummer bereitete, war offenbar, ob sie mich enttäuscht hatte, ob das der Grund sei. In diesem Punkt hatte ich sie beruhigt. Ich hatte es nicht für sinnvoll gehalten, sie zu fragen, ob ich meinerseits Bäume ausgerissen hatte.
    Als das Wochenende kam, machte ich es mir im Garten bequem, und ich knöpfte mir den Anfang ihres neusten Romans vor. Sie hatte in Japan ein ganzes Kapitel geschrieben und mir nicht verschwiegen, daß sie hochzufrieden sei. Sie war gespannt, sogar ziemlich aufgeregt, was ich davon hielt. Solange ich mit der Lektüre nicht durch war, achtete sie darauf, daß mich die Mädchen nicht störten, und ging selbst ans Telefon.
    Es war für mich stets ein großes Vergnügen, mich in Ediths Literatur zu vertiefen. Sie war eine gute, eine mutige, eine sensible Schriftstellerin. Und sie hatte Ausdauer. Ihr Stil war geschmeidig, klar, flüssig. Ihre beiden ersten Romane hatten monatelang an der Spitze der Bestsellerlisten gestanden, und sie war in der ganzen Welt übersetzt worden. Ich fand, sie hatte es verdient. Und die Kritiker hatten ausnahmsweise nicht über ihren Erfolg gemäkelt. Außerdem, weshalb hätten sie es tun sollen? Ihre Bücher waren wirklich gut.
    Robert Lafitte sagt ihr ständig, sie sei genial. Dieser Trottel weiß immer noch nicht, daß es in der Literatur keine Genialität gibt.
    Was ich da gelesen hatte, war die Frucht von zwei Monaten Arbeit. Rund fünfzig
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