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Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Titel: Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen
Autoren: Langen Müller
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Immer wieder machte ein hin und her rennender junger Hund, ein schwarz-weißer Terrier, auf sich aufmerksam. Dessen Anwesenheit hatte eine Vorgeschichte.
    Die beste Freundin der Ballettelevin, eine Gruppentänzerin schon mit Soloverpflichtung, war eines Vormittags in die Garderobe gekommen und hatte ihren Kolleginnen einen eben als Geschenk erhaltenen Hund vorgeführt, eben jenen Terrier. Die Mädchen und jungen Damen waren erwartungsgemäß begeistert von dessen Anblick. Der Buchstabe »ü« im Wort »süß« wurde gedehnt wie noch nie. Bei der Elevin ging die Begeisterung darüber hinaus. Sie verliebte sich in den Hund. Mit dem Ergebnis, dass sie ihrem Liebsten mitteilte, sie müsse auch so ein Tier haben, ihr geschiedener Vater würde ihr den Kauf sicher nicht abschlagen, ihre Mutter würde den Hund in der Wohnung sehr gerne haben, vielleicht nicht gleich, aber mit der Zeit sicher. Und hier, im Garten der Tante, den er erben würde, denn die Tante käme – das hätte er selbst gesagt – aus dem Krankenhaus »unter Garantie« nicht mehr heraus, hätte der Hund sein Paradies.
    Er sagte: »Ich mag keinen Hund.«
    Als sie ihm das nicht glauben wollte, erzählte er von Beobachtungen, wonach Hunde in Wohnungen arm seien, die Hundescheiße eine ewige Behelligung darstelle und er einmal den eindrucksvollen Satz gelesen hätte: »Der Hund hat den Wolf an den Menschen verraten.«
    Sie sah ihn verständnislos an. Er musste also zusammenfassen: »Ich mag keinen Hund!«
    Sie sagte: »Den würdest du wollen.«
    Er wollte erwidern: »Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen«, kam aber nicht dazu, weil diese Zaubermaus sein Gesicht mit kleinen Küssen übersäte.
    Das Thema blieb am Köcheln. Immer wieder einmal und nicht immer erheiternd. Bis eines Tages, etwa eine Woche vor diesem schönen Spätsommertag, die Ballettelevin mit Hund und Freundin auftauchte und dem geliebten Hundegegner mitteilte, ihre Freundin würde kurz mit dem Ihren, einem Tennislehrer, in der Karibik Urlaub machen. Daher hätte sie die große und nicht abzuschlagende Bitte, man möge zwei Wochen auf den Hund aufpassen, und das könnte sie einer besten Freundin nicht verweigern. Der Druck der weiblichen Wesen war zu stark. Es wurde kein Widerspruch gewagt.
    Jetzt also hatte er tagelang die zugegebenermaßen entzückenden, aber zu häufigen Ausrufe seiner Liebsten anhören müssen: »Ist er nicht süß?«, »Schau, wie er dir zugeht!«
    Man glaubt nicht, wie viel Gründe es gibt, mit jemandem über Hunde zu reden, der nicht über Hunde reden will. Schrecklich wird es, wenn der Hund vorübergehend unsichtbar ist und sich die Frage: »Hast du den Bimbo gesehn?« zur tragischen Gewissheit steigert: »Der Hund ist weg!!!« Die wird dann von der Vision gekrönt: »Wenn dem Tier was passiert …« Da hilft ein sachliches »Er ist sicher hinterm Haus. Durch den Zaun kann er nicht durch« gar nichts.
    »Der Zaun hat garantiert Löcher … Wenn der auf die Straße rennt … Wenn da ein Auto … Ich kann der Lisa doch nicht mehr unter die Augen …«
    In diesen Momenten pflegen Hunde um die Ecke zu kommen und sich zu wundern, dass Menschen ein so lautes »Da bist du ja!« herausplärren.
    Wie schon gesagt, er war auf dem Pflaumenbaum und schon ziemlich oben, da ertönte ein schriller Schrei aus einem Mädchenmund: »Liebling! Komm sofort herunter! Du musst was tun! Liebling!!!«
    Der Schrei war so geschrien, dass er echt erschrak. Zuerst starrte er in Richtung Schrei und sah ein aufgelöstes, am ganzen schönen, biegsamen Körper zitterndes, hysterisches Mädchen in Jeans und transparenter Bluse. Dann schwenkte sein Blick in die von ihr fixierte Richtung. Da sah er den Hund Bimbo mit etwas spielen. Mit einem Lebewesen. Einem kleinen Lebewesen, das, ja was?, war, ach ja, natürlich, ein kleiner Igel. Den hatte der Terrier Bimbo offenbar aus dem Gebüsch geholt und massakrierte das Tier mit immer wieder kleinen Genickbissen, wohl in der Annahme, das mache auch dem kleinen Igel Spaß.
    »Und was soll ich deiner Meinung nach tun?«, tönte es aus dem Baum.
    »Du musst doch was machen! Das kann man doch nicht …«
    Jetzt brachte sie nur mehr verzweifeltes Geschluchze heraus. Der zum Einschreiten gegen einen seiner Ansicht nach von der Natur vorgesehenen Vorgang aufgerufene junge Mann sagte:
    »Da kann man nichts machen. Das ist unvermeidlich. Der Hund ist jung. Der Igel noch jünger, sonst hätte ihn die Jagdlust des Hundes nicht überlisten können. Das muss
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