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Parker Pyne ermittelt

Parker Pyne ermittelt

Titel: Parker Pyne ermittelt
Autoren: Agatha Christie
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sich Major Wilbraham wie befohlen in die Friars Lane in Eaglemont (zufälligerweise fiel dieser Montag auf einen Feiertag.) Ich sage zwar, dass er sich dorthin begeben hat, aber er hat sein Ziel nie erreicht. Denn bevor er es erreichen konnte, passierte etwas.
    An diesem Tag schien Gott und die Welt nach Hampstead fahren zu wollen. Major Wilbraham kämpfte sich durch die Massen, erstickte fast in der Tube, und hatte ernsthafte Schwierigkeiten die Friars Lane zu finden.
    Friars Lane war eine Sackgasse, deren Bodenbelag wenig gepflegt und von Spurrillen durchzogen war. Zu beiden Seiten erstreckten sich große Häuser, die ein wenig von der Straße zurückgesetzt standen und schon bessere Tage gesehen hatten. Viele von ihnen hatte man offensichtlich verfallen lassen.
    Wilbraham schritt die Straße entlang und versuchte die fast unleserlichen Namen an ihren Torpfosten zu entziffern, als er plötzlich etwas hörte, das seine sofortige Aufmerksamkeit erregte. Es klang nach einem gurgelnden, halb erstickten Schrei.
    Da war es schon wieder, und diesmal war das Wort »Hilfe!« schwach zu verstehen. Es kam aus dem Vorgarten des Hauses, an dem er gerade vorbeiging.
    Ohne einen Moment zu zögern, öffnete Major Wilbraham das alte, wackelige Gartentor und rannte lautlos den überwucherten Weg entlang. Im Gebüsch kämpfte eine junge Frau mit zwei riesigen Schwarzen. Sie schlug sich recht tapfer, trat um sich und versuchte sich ihren Angreifern zu entwinden. Einer der Schwarzen verdeckte ihren Mund mit der Hand, all ihren wütenden Versuchen den Kopf wieder freizubekommen zum Trotz.
    Beide Schwarze konzentrierten sich auf ihren Kampf mit der Frau und bemerkten daher Wilbraham nicht. Sie nahmen ihn erst wahr, als ein brutaler Schlag auf das Kinn des Manns, der den Mund der Frau zuhielt, diesen rückwärts stolpern ließ. Überrascht ließ der andere die Frau los und stellte sich dem Angreifer. Wilbraham war auf ihn vorbereitet. Noch einmal schoss seine Faust vor, und der Schwarze taumelte nach hinten und fiel zu Boden. Wilbraham wandte sich dem anderen zu, der ihn von hinten anzugreifen versuchte.
    Doch die beiden hatten genug. Der Zweite rollte sich auf die Seite und setzte sich dann auf; als er wieder stand, flüchtete er durch das Gartentor. Sein Kamerad tat es ihm gleich. Wilbraham wollte ihnen schon folgen, änderte dann aber seine Meinung und ging zu der Frau, die sich schwer atmend an einen Baum lehnte.
    »Oh, vielen Dank!«, keuchte sie. »Es war schrecklich.«
    Major Wilbraham sah sich zum ersten Mal die Frau an, die er gerade rechtzeitig hatte retten können. Sie war Anfang zwanzig, blond und blauäugig, und recht hübsch anzusehen, wenn auch ein wenig blass.
    »Wenn Sie nicht gerade vorbeigekommen wären!«, ächzte sie.
    »Na, na«, sagte Major Wilbraham beruhigend. »Jetzt ist ja alles gut. Ich halte es allerdings für das Beste, wenn wir diesen Ort verlassen. Diese beiden Kerle könnten ihre Meinung ändern.«
    Ein schwaches Lächeln legte sich auf das Gesicht der jungen Frau. »Ich glaube kaum, dass sie zurückkehren werden – nicht, nachdem Sie so ordentlich zugeschlagen haben. Oh, das war wunderbar!«
    Major Wilbraham errötete im Angesicht ihres bewundernden Blicks. »Kaum der Rede wert«, murmelte er. »Das ist nichts Besonderes. Eine Dame wird belästigt, also wird ihr geholfen. Hören Sie, wenn ich Ihnen den Arm reiche, können Sie dann gehen? Es muss ein furchtbarer Schock für Sie gewesen sein.«
    »Mir geht es wieder gut«, sagte die Frau, nahm aber den dargebotenen Arm gerne an. Sie war noch recht unsicher auf den Beinen und sah zum Haus zurück, als sie das Grundstück am Gartentor verließen.
    »Ich verstehe das nicht«, murmelte sie. »Das ist offensichtlich ein verlassenes Haus.«
    »Verlassen ist es ganz sicher«, stimmte ihr der Major zu und sah zu den verschlossenen Fenstern hoch. Das Gebäude wirkte sichtlich verfallen.
    »Und das ist doch Whitefriars.« Sie deutete auf den fast unleserlichen Namen am Tor. »Und ich sollte nach Whitefriars gehen.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen mehr«, meinte Wilbraham. »Gleich können wir uns ein Taxi rufen. Dann fahren wir irgendwo hin, wo wir eine Tasse Tee zu uns nehmen können.«
    Am Gassenende erreichten sie eine belebtere Straße, und zu ihrem Glück hatte ein Taxi gerade einen Gast um die Ecke abgesetzt. Wilbraham winkte es herbei, nannte dem Fahrer die Adresse, und sie stiegen ein.
    »Versuchen Sie nicht zu sprechen«, mahnte er seine Begleiterin.
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