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Paris, Ein Fest Fürs Leben

Paris, Ein Fest Fürs Leben

Titel: Paris, Ein Fest Fürs Leben
Autoren: Ernest Hemingway
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Kamin, und es war warm und gemütlich; und sie gaben einem gute Dinge zu essen und zu trinken, Tee und destillierte Naturschnäpse, die aus blauen Pflaumen, gelben Pflaumen oder wilden Himbeeren gemacht waren. Dies war duftender farbloser Alkohol, der aus Kristallkaraffen in kleine Gläser eingeschenkt wurde, und ob es quetsche, mirabelle oder framboise war, alle schmeckten sie wie die Früchte, aus denen sie hergestellt waren, und verwandelten sich auf der Zunge in ein gezügeltes Feuer, das einen wärmte und sie löste.
    Miss Stein war sehr dick und nicht groß und war schwer gebaut wie eine Bauernfrau. Sie hatte wunderschöne Augen und ein grobes deutschjüdisches Gesicht, das auch friaulisch hätte sein können, und sie erinnerte mich an eine norditalienische Bauernfrau mit ihren Kleidern, ihrem ausdrucksvollen Gesicht und dem schönen, dichten, lebendigen Haar einer Einwanderin, das sie in derselben Art aufgesteckt trug, wie sie es wahrscheinlich im College getragen hatte. Sie redete die ganze Zeit, und zuerst sprach sie über Menschen und Orte.
    Ihre Freundin hatte eine sehr angenehme Stimme, war klein, sehr dunkel, trug die Haare so geschnitten wie die Jungfrau von Orleans auf den Illustrationen von Boutet de Monvel und hatte eine stark gebogene Nase. Sie arbeitete an einem Stück petit point , als wir sie kennenlernten, und sie arbeitete daran und sorgte für Essen und Trinken und unterhielt sich mit meiner Frau. Sie führte ein Gespräch und hörte zweien zu, und unterbrach häufig das, welches sie nicht führte. Später erklärte sie mir, daß sie sich immer mit den Ehefrauen unterhielte. Ehefrauen, fanden meine Frau und ich, wurden nur geduldet, aber wir mochten Miss Stein und ihre Freundin, obschon die Freundin zum Fürchten war. Die Bilder und der Kuchen und das eau de vie waren wirklich wunderbar. Wir schienen ihnen auch zu gefallen, und sie behandelten uns, als ob wir gute, schön manierliche und vielversprechende Kinder seien, und ich hatte das Gefühl, daß sie uns verziehen, daß wir verliebt und verheiratet waren - das würde sich mit der Zeit geben -, und als meine Frau sie zum Tee einlud, nahmen sie an. Als sie zu uns in die Wohnung kamen, schien es, als ob sie uns noch lieber mochten, aber vielleicht war das nur, weil die Wohnung so klein war und wir uns viel näher waren. Miss Stein saß auf unserem Bett dicht überm Fußboden und ließ sich von mir die Stories, die ich geschrieben hatte, zeigen, und sie sagte, sie gefielen ihr bis auf eine, die Oben in Michigan hieß.
    «Sie ist gut», sagte sie. «Das ist überhaupt keine Frage. Aber sie ist inaccrochable . Das heißt, sie ist wie ein Bild, das ein Maler malt, das er aber dann nicht aufhängen kann, wenn er eine Ausstellung hat, und niemand wird es kaufen, weil keiner es aufhängen kann.»
    «Aber wenn es nun eben gar nicht schmutzig ist, sondern einfach so ist, weil man versucht, Worte zu benutzen, die Leute wirklich benutzen? Wenn das die einzigen Worte sind, die der Geschichte Wirklichkeit verleihen, und man sie deshalb anwenden muß? Dann muß man sie doch anwenden.»
    «Aber darum geht es ja gar nicht», sagte sie. «Sie dürfen halt nichts schreiben, was inaccrochable ist. Das hat keinen Zweck. Es ist falsch, und es ist dumm.»
    Sie selbst wollte im Atlantic Monthly veröffentlicht werden, erzählte sie mir, und das würde sie auch. Sie sagte mir, daß ich als Schriftsteller nicht gut genug sei, um dort oder in der Saturday Evening Post veröffentlicht zu werden, aber daß ich vielleicht irgendeine neue Art von Schriftsteller auf eigene Faust sei, aber das erste, woran man zu denken habe, sei, keine Stories zu schreiben, die inaccrochable waren. Ich diskutierte nicht darüber und versuchte auch nicht, ihr noch einmal zu erklären, wie ich es mit meinen Dialogen halten wollte. Das war meine persönliche Sache, und es war viel interessanter, zuzuhören. An jenem Nachmittag erzählte sie uns auch, wie man Bilder kauft.
    «Sie können entweder Kleider oder Bilder kaufen», sagte sie. «So einfach ist es. Niemand, der nicht sehr reich ist, kann beides tun. Schenken Sie Ihrer Kleidung keine Aufmerksamkeit und der Mode überhaupt keine Aufmerksamkeit, und kaufen Sie Ihre Kleidung unter dem Gesichtspunkt der Bequemlichkeit und Haltbarkeit, und dann haben Sie das Kleidergeld, um Bilder zu kaufen.»
    «Aber selbst wenn ich nie wieder etwas zum Anziehen kaufen würde», sagte ich, «hätte ich nicht genug Geld, die Picassos zu kaufen, die ich
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