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Paravion

Paravion

Titel: Paravion
Autoren: bouazza
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er so oft besungen hatte, Bombykina mit ihrer schwarzen Haut. Beinahe glaubte er, alles sei nur ihre Schuld.
    Häßliche Bombykina, glaubt, sie sei schön. Doch nicht honigfarben ist ihre Haut, sondern aus Teer, Die Ziege folgt den Disteln, der Kranich dem Pflug, und der Wolf, oha! Er folgt dir, gierige Muttersau, du!

    »Ach, das finde ich schön!« sagte Sofia und kicherte, »sooo schön.« Und lachte laut.
    Baba Baluk ward hiernach von den anderen Frauen kaum mehr gesehen. Dafür waren morgens und abends seine wohlklingenden Trauergesänge zu hören. Die Frauen vermißten ihn auch nicht. Gelang es ihm doch einmal, Sofias Blicken zu entwischen und sich zu Quadryge zu schleichen, schickte diese ihn höhnisch weg. Vielleicht aus Eifersucht, vielleicht aber auch aus Dankbarkeit, daß ihr das Mutterlos bisher erspart geblieben war, sie wußte es selber nicht. Die anderen Fräuleins wichen ihm ebenfalls aus, nicht, weil er jetzt Vater geworden war und deshalb eine gewisse Verantwortung zu tragen hatte, auch nicht aus Solidarität mit der jungen Mutter, sondern weil sie alle Hände voll zu tun hatten. Das Abqar-Tal gehörte jetzt ihnen, und sie pflückten die Früchte, um sie an die Bauern und Bäuerinnen zu verkaufen, und sie hüteten die Ziegen und deren Zicklein. Aus der Milch machten sie Käse und aus den Trauben stampften sie Wein.
    Wenn sie abends von ihrer Arbeit zurückkehrten, verdreckt und verschwitzt, die Füße rot von Henna, Staub und Trauben, und die Fußreifen klirrten, riefen sie: »Baba Baluk! Komm, sing uns noch ein trauriges Lied!«
    Keine Frau wurde so verspottet wie die arme Bombyka, und die Lieder wurden immer unanständiger, zielten jetzt nur noch auf den Unterleib der besungenen Nutte mit der ausgeleierten Rührbutte. Er sang immer, wenn sie ihn darum baten, und sie lachten, Sofia lachte, und das wunderliche Kind flatterte auf dem Schaffell mit den Armchen und strampelte mit den Beinchen: ein schwarzes und ein weißes. Baba Baluk hatte eine schöne Stimme, die Nachtigallen zu gebären schien.
    Senunu schwebte über dem Haus, hörte zu und flappte danach weiter, in immer weiteren Kreisen.

    »Ach und weh, ich Armer!« stöhnte Baba Baluk zum Abschluß.
    In diesen Tagen der erzwungenen Abgeschiedenheit und Verzweiflung war ihr Zusammensein liebevoller denn je, zumindest für Sofia. Häusliches Glück tauchte ihre Augen in kürzester Zeit in die Farben schamfreier Liebe: Ihre Iriden blühten auf wie Sonnenblumen. Die innige Liebe für den Vater ihres Kindes hatte ihre Pupillen erweitert. Gierig nahm sie Baba Baluks Bild von allen Seiten auf, worauf sie es unter langsamem Absenken ihrer Wimpern nach innen sog und aufbewahrte. Es war eine fast fromme Bewegung. Ihr Blick und die Liebkosungen wurden zärtlicher und intensiver. Beim Streicheln streichelte jede Falte ihrer Hände ihn mit und wurde zum Wasserstrudel, der sich über seine Haut ergoß. Sie mußte jedoch ihr gesamtes erotisches Können aufbringen, um seine Mundwinkel in lustvollem Lächeln zum Kräuseln und den unwilligen Kater in ihm zum Schnurren zu bringen. Dann schauderte er zusammen. Ihre Fingerspitzen trippelten über seinen Rücken, so angenehm wie das Rascheln der Nacht, die so dunkel war wie er. Trotzdem blieb er mürrisch und stieß sie bisweilen mit dem Ellbogen von sich. Dann lachte sie und drehte sich auf die andere Seite, dem Kind zu. Sie hatte Geduld.
    Wenn er dann eingeschlafen war, drehte sie sich wieder zu ihm um und betrachtete sein Profil, den Kopf in die Hände gestützt. So gerührt war sie dann, daß sie ihm wie hypnotisiert über Hände und Arme streichelte und ihre Hand weiterkrabbeln ließ in Richtung seines unbenutzten Striemels, schwarz und glänzend, eine kleine Aubergine, prall mit tatkräftigem Samen.
    Lag er auf dem Rücken, setzte sie sich auf ihn. Er mochte alle Lektionen vergessen haben, sie hatte es bestimmt nicht.

    Das Kind fing an, sich in zwei Teile zu spalten; es bekam zwei Köpfe: ein weißes, von schwarzem Haar umgebenes Antlitz, das Sofia wie aus dem Gesicht geschnitten war, und ein zweites, kraus und rund, das Baba Baluk nicht verleugnete.
    Das Kind wurde zu einem Siamesischen Zwilling, verbunden am Brustbein. Baba Baluk starrte mit offenem Mund verwundert auf die weibliche Zwei-Einheit, die seine Brut war.
    Sofia mit ihren Fohlenhüften und ihren graziösen Bewegungen kümmerte sich um die Zwillinge. Sie kochte, wusch, holte Wasser, sammelte Kräuter, staubte die Kleider des Schäfers ab und den
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