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Parasiten

Parasiten

Titel: Parasiten
Autoren: Marina Heib
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ein Erdgeschossbüro mit
Kleingarten will, wo ich ein Kräuterbeet anlegen kann!« Herd lächelte.
    »Ich will ein riesiges Chefsekretärinnenzimmer mit einem nackten
Nubier als Praktikanten!«, fügte Yvonne hinzu.
    »Und ich will einen Tisch mit fünf Computern, um die immer eine
Miniatur-Eisenbahn mit frisch zubereitetem Sushi auf den Containern läuft!«,
ergänzte Daniel.
    Christian hob abwehrend die Hände. »Ich habe ihm klargemacht, dass
für solche Arschlöcher wie euch kein Platz im Präsidium ist. Wir bleiben in der
Diaspora. Ein für allemal.«
    »Oh, Mann, sag bloß, du hast schon wieder abgelehnt, dass wir
schicke, klimatisierte Räume mit Cola-Automaten auf dem Flur und willigen
Kolleginnen mit durchtrainierten Körpern im Nebenzimmer beziehen?« Pete Altmann
war unbemerkt von draußen dazugekommen. Durch seinen teuren Designer-Anzug
hatte er wie immer mehr Ähnlichkeit mit einem italienischen Dressman als mit
einem Beamten der deutschen Kripo.
    »Für einen sexistischen Macho wie dich ist erst recht kein Platz
dort!«, entgegnete Christian ohne hochzublicken.
    Pete grinste. Der Halb-Amerikaner, der vor wenigen Jahren als
Profiler vom BKA zu der Truppe befohlen worden war, hatte am Anfang erhebliche
Schwierigkeiten mit Christian gehabt. Die waren allerdings längst ausgeräumt.
Der rüde Tonfall in der Truppe gehörte zum Alltag und stellte nichts als eine
seltsame Form der Wertschätzung dar.
    Pete setzte sich dazu und nahm sich ebenfalls eine Cola. »Habt ihr
das Urteil gegen Andres Puri mitbekommen?«
    »Den Baltenboss?«, fragte Herd. »Ich dachte, das ergeht erst
nächsten Monat.«
    Pete verneinte. »Sie haben ihn eben verknackt. Wegen Zuhälterei und
sonst ein paar Kinkerlitzchen. Das Verfahren wegen des Auftragsmordes an dem
Zuhälter ist schon auf Ermittlungsebene eingestellt worden. Sie konnten es ihm
nicht nachweisen.«
    »Weil er sich den Mega-Staranwalt Reile geleistet hat. Seltsam, dass
der sich bei Puri reinhängt. Ist gar nicht sein Gebiet. Der vertritt sonst nur
Medienfuzzis, die von ihrer Assistentin wegen Vergewaltigung belangt werden.«
Christians Miene verfinsterte sich. Jeder Bulle wusste, dass Puri reichlich
Dreck am Stecken hatte.
    »Und wenn Reile sie ins Kreuzverhör nimmt, steht die Assistentin
hinterher als Publicity-geiles Drecksstück da, das den armen unschuldigen Promi
erpressen und abzocken wollte!« Yvonne las begeistert die Yellowpress.
    »Wer ist dieser Puri?«, fragte Daniel. Seine Unwissenheit war einmal
mehr Beweis dafür, wie wenig Polizist er war.
    »Gebürtiger Este. Hat sich dort mit Drogenhandel und Rotlicht-Geschäften
einen Namen gemacht. Dann die Schwester des führenden litauischen Milieu-Königs
geheiratet und damit die beiden kriminellen Klein-Imperien zu einem größeren
vereinigt.«
    Daniel begann zu lachen: »Das nenne ich wertkonservativ. Die
europäischen Königshäuser verwässern sich immer mehr mit Schlammblut. Da ist es
doch echt schick, wenn wenigstens die Unterwelt am Erhalt des dynastischen
Gedankens arbeitet!«
    »Sehr witzig«, kommentierte Yvonne.
    »Und was macht dieser Puri in Deutschland?«, fragte Daniel weiter.
    Christian erklärte es ihm: »Seine Urgroßmutter war Deutsche. Nachdem
er neben Litauen auch noch Lettland in seinen Einflussbereich eingegliedert
hatte – deswegen der Name ›Baltenboss‹ –, besann er sich seiner Wurzeln,
beantragte die deutsche Staatsbürgerschaft und kam her. Hier ist weitaus mehr
zu holen als im Baltikum.«
    »Die Kollegen von der Organisierten sind seit Jahren hinter ihm her.
Sehr lustig, dass er sich jetzt beinahe selbst ins Bein geschossen hat!« Pete
lachte verächtlich. »Liegt im Krankenhaus und baggert eine Schwester an, indem
er mit seinen Machenschaften vor ihr angibt wie ein verliebter Trottel auf dem
Schulhof … Was für ein Elend, dass sie ihn nicht drangekriegt haben!«
    Christian konnte der allgemeinen Belustigung über die Dummheiten
eines alternden Syndikatsbosses nicht länger zuhören, sein Handy klingelte. Er
ging ran, bedeutete den anderen per Handzeichen, die Klappe zu halten. Sofort
kehrte angespannte Stille ein. Christian sagte nicht viel. Fragte nur: »Wieso
wir?« und dann: »Verstehe.« Seine konzentrierte Miene sprach Bände. Die Mittagspause
war vorbei.
    Eine Stunde später betraten Christian, Pete und Herd ein
heruntergekommenes Gebäude in der Friedensallee im Stadtteil Ottensen. Im
Treppenaufgang zur zweiten Etage musste Christian wegen seiner knapp ein Meter
neunzig
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