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Parasiten

Parasiten

Titel: Parasiten
Autoren: Marina Heib
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das immer noch zutiefst. Dennoch wollte er
Ramsauer nicht so billig davonkommen lassen: »Verschonen Sie mich mit Ihrem
Gesülze von Verantwortung und Vaterschaft. Sie hatten Angst, nichts als Angst
um das nackte Leben!«
    Ramsauer war getroffen. »Ja. Zu Recht! Es ist ein Wunder, dass diese
Furie mich nicht getötet hat!«
    »Die hat sie richtig eingeschätzt. Als Feigling, der das Maul hält
und sich auf die Alm verzieht.«
    »Sie sitzen ganz schön auf dem hohen Ross. Aber mir ging es in der
Tat ums Überleben. Das habe ich. Und ich hoffe, dass mein Sohn mir das zugute
hält.«
    »Aber vielleicht wird er Sie irgendwann fragen, welchen Preis Sie
dafür gezahlt haben. Wer alles außer Ihnen dafür zahlen musste. Und das nicht
nur mit ein paar verstümmelten Fingern!«
    Ramsauer wich Christians aggressivem Blick aus. »Sie hat gedroht,
meinen Sohn zu töten, wenn ich den Mund aufmache. Er ist noch ein Baby. Sie
hätte es getan, das weiß ich.«
    Christian gab keine Antwort darauf. Jetzt konnte er Ramsauers
Verhalten etwas besser verstehen. Puri hatte ganz offensichtlich eine Vorliebe
dafür gehabt, Menschen unter Druck zu setzen, indem er ihre Familienmitglieder
in die Sache mit hineinzog.
    Ramsauer warf einen Ausdruck aus dem Internet auf den Tisch. Es war
ein Zeitungsausschnitt, der in aller Ausführlichkeit vom Tode Puris und
Benedikts berichtete.
    »Ich bin sicher, dass hinter meinem Intermezzo mit der Kosmetikerin
ein Auftrag von Puri steckt. Jetzt ist er tot. Benedikt auch. Irgendjemand
bringt Bewegung in die Sache. Und ich bin hier, um zu reden. Kann ich das jetzt
ohne weitere Beleidigungen?«
    »Da will ich mich nicht festlegen. Was war der Inhalt des Materials,
das Petersen Ihnen geschickt hat? Gibt es irgendeinen Zusammenhang mit den
›Norddeutschen Musikabenden‹?«
    Ramsauer nickte. »Die sind die Ursache allen Übels. Henning Petersen
besaß gesicherte Informationen über sexuelle Nötigungen und Vergewaltigungen im
Zusammenhang mit der Konzertvergabe.«
    »Musiker müssen sich für sexuelle Dienste zur Verfügung stellen,
sonst sind sie aus dem Kader raus.« Christian vermutete das, seit er Norma
Lucia auf der Party getroffen hatte.
    Ramsauer bejahte. »Wenn man davon absieht, dass Kader eher ein
Ausdruck aus dem Fußball ist, haben Sie recht. Die ›Norddeutschen Musikabende‹
sind ein sehr renommiertes Festival. Wer da spielt, hat den ersten Fuß in der
Tür zur internationalen Musikwelt. Logisch, dass junge, aufstrebende Künstler
eine Menge tun, um dort ein Konzert zu bekommen. Der Konkurrenzdruck ist
immens, und sie haben von klein auf gelernt, dass sie alles geben müssen, um zu
reüssieren. Sie sind geradezu zur Karriere verpflichtet und damit leichte
Opfer.«
    »Und in der Organisation der NMA tummeln sich jede Menge Perverse,
die diese Situation zu nutzen wissen.«
    »Nicht mehr Perverse als anderswo auch«, fand Ramsauer. »Nur, dass
sie zu radikalen Mitteln greifen, um ihre Identität zu schützen, wenn mal
jemand den Mund aufmachen will.«
    »Da kommt Puri ins Spiel, vermute ich.« Christian versuchte, Ordnung
in seine Gedanken zu bringen. Alles, was Ramsauer gesagt hatte, passte zu
Daniels Recherchen und seinen eigenen Theorien. Andres Puri, der Baltenboss,
hatte erfolgreich Kontakte zu den Seidenkrawattenträgern in Norddeutschland
geknüpft, um sein kriminelles Image in der besseren Gesellschaft aufzupolieren.
Laut Daniels Recherche war er über undurchsichtige und weit verzweigte
Firmenbesitzverhältnisse einer der Hauptsponsoren der ›Norddeutschen Musikabende‹.
Inwieweit diese Verknüpfungen mit Geldwäsche oder auch nur mit Bestechung und
Vorteilsnahme zu tun hatten, würden Christians Kollegen von der Abteilung Wirtschaftskriminalität
klären. »Ich vermute, Henning Petersen hat sich an die NMA gewandt?«
    »Schätze, das ist ihm zum Verhängnis geworden. Er wollte sein
Material stützen und Kommentare von den Beschuldigten einholen, hat sich aber,
unerfahren wie er war, nicht ausreichend abgesichert.«
    »So wie Sie, Sie Schlaumeier? Petersen war es nicht, der das
Belastungsmaterial ausgehändigt hat!«
    Danylo beobachtete Jensens Landhaus seit über einer
Stunde. Das sollte reichen, um Vadims Mahnung an die Geduld des Jägers
ausreichend berücksichtigt zu haben. Er zog seine Waffe aus der Jackentasche
und wollte sich gerade dem Haus nähern, als ein Taxi die abgelegene Straße
heraufkam und vor Jensens Anwesen hielt. Eine zierliche Frauengestalt stakste
die etwa fünfzig
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