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Paradies

Paradies

Titel: Paradies
Autoren: Liza Marklund
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Halfter scheuerte angenehm in den Achselhöhlen, verdammt, jetzt war er lebensgefährlich.
    Eine Erklärung, dachte er. Ich muss mir eine verdammt gute Erklärung dafür einfallen lassen, dass die Sache so schiefgehen konnte.
    Er wollte gerade noch einen bestellen, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne.
    »Einen Kaffee. Schwarz.«
    Er konnte es einfach nicht fassen. Er begriff nicht, was passiert war, und er hatte keine Ahnung, wie er das Geschehene seinen Vorgesetzten erklären sollte. Sie würden einen vollständigen Schadensersatz fordern. Die Leichen waren nicht das Problem, auch wenn diese Art von Verlust niemals gut war. Ermordete Menschen zogen die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich und machten für einen gewissen Zeitraum größere Vorsichtsmaßnahmen erforderlich. Das Problem war der Lastwagen. Es reichte nicht, die Ware ausfindig zu machen und sicherzustellen, er würde persönlich gezwungen werden, aufzuräumen und den Schnitzer auszubügeln.
    Jemand hatte gesungen. Er musste die Ladung finden, und er musste diejenigen finden, die für ihr Verschwinden verantwortlich waren.
    Wie sehr er es auch drehte und wendete, er kam zu dem Schluss, dass es etwas mit der Frau zu tun haben musste. Sie musste dabei eine Rolle spielen, sonst wäre sie nicht da gewesen.
    Er trank den Kaffee auf die gleiche Art wie seinen Drink, in einem Schluck, und verbrannte sich die Kehle.
    »Du bist tot, Hure.«
    Die Aufzugbeleuchtung war kalt wie immer, und sie sah aus wie ein toter Fisch. Annika schloss die Augen, um ihrem Spiegelbild zu entkommen. Sie hatte nicht wieder einschlafen können und war stattdessen in den Rålambshovpark hinausgegangen, hatte Luft und Licht gesucht, ohne es zu finden. Die Erde war vom Regen und von Tausenden Füßen weich getrampelt, matschig und braun. Sie war zur Zeitung gegangen.
    Die Redaktion war sonntäglich leer und trostlos. Sie ging zu ihrem Platz, der Nachrichtenchef Ingvar Johansson saß gerade dort und telefonierte. Sie blieb stehen und ging stattdessen in die Kriminalredaktion. Vollkommen leer im Hirn, ließ sie sich auf Berit Hamrins Platz fallen und rief ihre Großmutter an.
    Die alte Frau war in ihrer Wohnung in Hälleforsnäs, um zu waschen und Einkäufe zu erledigen.
    »Wie geht es dir?«, wollte sie wissen. »Hat der Wind dich erwischt?«
    Annika lachte.
    »Ja, das kann man wohl sagen, eines meiner Fenster ist zu Bruch gegangen!«
    »Du bist doch nicht verletzt?«, fragte die alte Frau beunruhigt.
    »Aber nein, sei nicht so ängstlich. Wie sieht es bei dir aus? Steht der Wald noch?«
    Ihre Großmutter seufzte.
    »Einigermaßen, aber es sind viele Bäume umgestürzt. Heute Morgen waren sie im Ort eine Zeit lang ohne Strom, aber jetzt funktioniert offenbar wieder alles. Wann kommst du vorbei?«
    Annikas Großmutter bewohnte nach langen Jahren als Haushälterin auf dem Repräsentations- und Erholungsgut des Ministerpräsidenten auf den Ländereien von Gut Harpsund eine kleine Hütte ohne Elektrizität und fließendes Wasser, in der Annika alle Schulferien verbracht hatte, an die sie sich erinnern konnte.
    »Ich arbeite heute Abend und noch eine Nacht, ich komme dann irgendwann am Dienstagnachmittag zu dir«, meinte Annika. »Soll ich unterwegs etwas besorgen?«
    »Nicht doch«, erwiderte ihre Großmutter. »Bring dich selber mit, dann habe ich alles, was ich brauche.«
    »Du fehlst mir«, sagte Annika.
    Sie nahm eine Zeitung und blätterte pflichtschuldigst darin. Die heutige Ausgabe des
Abendblatts
war von ziemlich guter Qualität.
    Die Orkanartikel kannte sie und übersprang sie deshalb. Carl Wennergrens Artikel über den Doppelmord im Freihafen war dagegen nichts, womit man sich schmücken konnte. Den toten Männern war in den Kopf geschossen worden, stand dort, und die Polizei schloss Selbstmord aus. Ach was. Anschließend folgte eine Beschreibung des Freihafens, die tatsächlich nicht ohne poetische Qualitäten war. Carl hatte offensichtlich ein wenig von der Stimmung aufgenommen. »Hübsch heruntergekommen« war es dort und »voll kontinentaler Atmosphäre«.
    »Hallöchen, Süße, qué pasa?«
    Annika schluckte.
    »Hallo, Sjölander«, sagte sie.
    Der Leiter der Kriminalredaktion setzte sich vertraulich auf den Schreibtisch neben ihr.
    »Wie geht’s?«
    Annika versuchte ein Lächeln.
    »Danke, gut. Bin vielleicht ein bisschen müde.«
    Der Mann boxte sie leicht gegen die Schulter und zwinkerte ihr zu.
    »Anstrengende Nacht, was?«
    Sie stand auf, nahm ihre Zeitung, sammelte
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