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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)
Autoren: Anthea Bischof
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gierigen Blutsauger!
    Tief atmete Consuelo ein und sprach: „Folgt mir hinauf unters Dach dieses Hauses, wo Schandtat mit Schandtat gesühnt werden mag. Greift ihn an, euren Peiniger, nehmt zurück von dem Räuber, stillt de n Durst an dem Kalten, denn euch steht es zu.“
    So trat sie aus der Kammer und ging sicheren Schrittes hinauf die Treppen und Stiegen nach der Mansarde, wo sie Marcial und Vincent wusste.
    Consu elo schob die Türe auf und sah ein Bild des Schreckens. Bewusstlos und geschunden lag Vincent gegen die Knie des einen Schergen von Marcial gesunken, während der andere sich an seinen gemarterten Händen zu schaffen machte. Gegenüber der Truppe stand Marcial, mit dem gewohnten Zug herablassender Ungeduld seinen Gefangenen betrachtend.
    Ein Windzug feg te durch die staubige Mansarde und der Priester und seine Diener sahen herüber.
    „Consuelo“, entfuhr es Marcial und er starrte das Mädchen an, über das er so viel Macht gehabt hatte und der er so viel Kraft hatte entziehen können. Erleichterung stieg in ihm auf, eben wollte er sich an der Dummheit des Kindes ergötzen und sie in seinen Besitz zurückführen.
    Doch u nbewegt sah sie ihn an und fast starr schien ihr Leib. Ihre schwarzen Augen zeugten von einer Tiefe, die keiner je gesehen hatte. Da ging ein Beben über sie und sie streckte die Arme aus, malte in die leere Luft Kreise um sich nach der Höhe und nach der Weite.
    „Der Hass treffe den, der ihn ausgestossen“, sagte sie in einer unwirklich rauen Stimme, so als spräche etwas aus ihr, das die Gebote kennt, die die Lebenden lenken.
    Vincent hob erwachend den Kopf und sah Consuelo. Sie stand da, als sei sie nie fortgewesen und eine Aura der Unerschütterlichkeit umgab sie. Ihr Blick war auf Marcial geheftet.
    In seinen verschwommenen Gedanken erkannte Vincent, dass hinter Marcials Augen kein Mensch mehr lebte. Nichts Menschliches vermochte sich mehr zu regen, es war ausgefressen von dem, das kein Leben zu achten vermochte, denn es war unfähig zu schenken. Vincent sah in den Abgrund der Verdammnis und er sah, dass dieser ihm nichts anhaben konnte, denn er selbst hatte das Ewige gesehen und er wusste, dass kein Leid und kein Tod ihm das zu nehmen vermochten. Vincent wusste, er gehörte dem
    Leben.
    Marcial bemerkte, dass Consuelo sich verändert hatte. Sie war nicht mehr dieselbe und sie liess sich nicht mehr gängeln. Sie hatte etwas gegen ihn erlangt, das ihm neu war, das er nicht verstand. Sie senkte nicht in demütiger Furcht ihre Augen, sie sah ihn an und sie zwang seinen Blick zum ersten Mal.
    „Geht und greift nach dem Peiniger, sucht eure Rache“, sagte Consuelo laut.
    Da strömten sie aus, der Schwarm der Dunklen und der Verdammten, der Hässlichen und der Rächenden und sie drangen auf Marcial, sie stürmten auf ihn ein und griffen ihn an, raubten ihm den Atem und quälten sein kaltes Blut.
    Marcial wand sich zuckend und stöhnend unter der Bedrängnis, keuchte unter dem Alp und Schweiss lief über die ledrige Porigkeit seiner Haut, aus der sie ihren Nektar sogen und sich labten an seiner Qual. Keuchend verrenkten sich seine Glieder, sein Rücken bog sich, seine Arme drückten sich hinter ihn, als er gegen die Dachluke stürzte und in splitternden Scherben zu Boden ging.
    Im Ekel wandte Consuelo den Blick ab und die Schergen waren erstarrt im Anblick ihres Gebieters, der sich wand, keuchte und spie, ohne dass sie den geringsten Grund dafür zu sehen vermochten. Doch bang war ihnen wie niemals zuvor und das Entsetzen drückte sie nieder in die Wehrlosigkeit herrenloser Mordbuben.
    In heftigen Krämpfen wand sich Marcial, geschüttelt von Spasmen, seine Muskeln verzerrten sich und er hatte keine Gewalt mehr über seine Bewegung. Wie im Wahn fiel er stossweise gegen die Luke der Mansarde, bäumte sich auf und fiel wieder hart gegen das Holz. Sein schwerer Leib hob sich auf alle Viere und er begann um sich zu schlagen. Schwankend kam er auf die Füsse und wandte sich kreiselnd zu Consuelo. Sie aber streckte die Hand gegen ihn aus und sprach wieder: „Der Hass treffe den, der ihn ausgestossen.“
    Mit irrem Blick und wie gegen einen Widerstand machte Marcial Schritte gegen die gesplitterte Luke und ein markerschütternder Schrei entw and sich seiner zuckenden Brust. Taumelnd beugte er sich vornüber und sie sahen die Scherbe tief in seinem Leib stecken, so dass das Blut pulsend hervorquoll.
    Er sah zu Consuelo. Da ereilte ihn das Rauschen des dunklen Schwarms und panische Angst
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