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Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See

Titel: Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See
Autoren: Andrea Schacht
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Win ter in mei nen Korb. Dann rochen sie zwar nicht mehr so stark, aber sie schenkten mir wundervolle Träume.
    Ach Janed!
    Sie war eine lustige Freundin. Sie schwatzte immer mit mir, und an kühlen Abenden zündete sie oft die Lampe an und las mir aus einem dicken Buch etwas vor. Über fremde Länder und Städte. Dann erzählte sie mir auch, dass sie die gerne alle mal sehen würde. Ich allerdings war zu frieden mit mei nem Revier, und das zeigte ich ihr auch immer wieder. Sie verstand mich und lachte oft mit mir. Gut, sicher, gelegentlich auch mal über mich. Als Jungkater war ich ziemlich tollpatschig, und wenn ich vor den Möwen floh, stolperte ich auch schon mal et was kopflos in Sicherheit. Aber sie lachte nie höhnisch, wie diese blöden Strandhühner. Nur manchmal, abends, bevor wir ins Bett gingen, da war sie still und in sich gekehrt, und es tropfte aus ihren Augen. Dann sprang ich immer auf ihren Schoß und schnurrte sie an. Sie murmelte dann etwas davon, dass ich ein guter Kater und ihr Trost und Hilfe sei. Dann –
in diesen ganz wenigen Momenten – fühl te ich mich stark und groß.
    Jetzt fühlte ich mich klein und elend.
    So wie Janed manchmal, denn die hatte nämlich ihren Bruder und ihren Vater verloren, kurz bevor ich ihr in den Schoß ge fallen war. Ge nau wie ich auch mei ne Geschwister und meine Maman verloren hatte. Aber für mich war das nicht ganz so schlimm, weil ich ja Janed hatte.
    Nun hatte ich sie auch verloren.
    Und über mir kreisten die Möwen.

Aufbruch
    Wieder brach ein klarer Tag an, wieder färbte die Sonne das Wasser rot, wieder fand ich ei nen Fisch, der mei nen Hunger stillte, und wieder musste ich vor den weißen Drangsalierern fliehen. Und doch hatte ich an diesem Morgen ein eigenartiges Gefühl in den Schnurrhaaren. Nicht von dräuendem Unheil. Sondern ganz seltsam. Es würde etwas passieren. Ich sann, während die Morgensonne mich wohlig aufheizte, darüber nach. Das Wetter würde sich so bald nicht ändern, so etwas fühlte sich anders an. Vielleicht bekam ich Gesellschaft?
    Eine nicht unberechtigte Hoffnung. Vor der Bucht waren nämlich endlich auch wieder Boote aufgetaucht. Nach dem Sturm hatte sich kaum ein Mensch auf das
Wasser getraut. Aber nun waren die Fischer wieder ausgelaufen, und die Segel blähten sich im Wind.
    Vielleicht kam ja jemand hier in die Bucht und nahm mich mit?
    Doch der Morgen verlief ereignislos, die Sonne stieg stetig auf ihrer Bahn, und ent mutigt suchte ich ei nen Schattenflecken auf.
     
    Da geschah es. Ich blickte nach oben und sah flatternde Röcke. In den Röcken steckte eine Frau, die sich mit einer Hand die Augen beschattete und über das Meer hinaussah.
    Genauso wie meine Janed es auch immer getan hatte.
    Konnte das sein?
    Ich sprang auf und maunzte.
    Sie sah weiter zum Horizont hin.
    Die Möwen kreischten hämisch ihr »Höhöhö«.
    Drecksviecher!
    Ich versuchte es lauter, kreischte ebenfalls.
    Die Frau auf der Klippe zuckte zusammen.
    Ich legte alle Kraft in meine Stimme und jaulte, dass es mir fast die Kehle sprengte.
    Sie sah nach unten. Ich warf mich rücklings in den Sand, sodass die Son ne mein weißes Bauch fell aufleuchten ließ (der Rest von mir hob sich ja nicht so gut vom Sand ab).
    Ganz leise drang an mein Ohr der verwunderte Ruf: »Pantoufle? Pantoufle???«
    Dann verschwand sie aus meiner Sicht.
    Enttäuscht kam ich wieder auf die Pfoten. Hatte mich
mein Gehör genarrt? Waren meine Schnurrhaare unzuverlässig geworden?
    Nein, alle meine Sinne funktionierten noch so, wie sie sollten. Dort, wo der Fels oben Einschnitte wie Stufen hatte, kletterte die Frau, die ganz si cher Janed war, herunter. Die Stelle hatte ich auch schon mal ins Auge gefasst, aber die scharfkantigen Muscheln, die im Geröll angeschwemmt worden waren, hatten mich gehindert, den Aufstieg dort zu versuchen. Bis zum Fels hätte ich es ja vorsichtig noch geschafft, aber dort auszugleiten und aus der Höhe auf die Muscheln zu fal len, davor hatte ich zu viel Schiss.
    Janed hatte feste Lederstiefel an, die Muschelschalen knirschten unter ihren Füßen, und dann hatte sie sich auch schon zu mir heruntergebeugt und mich aufgehoben.
    »Pantoufle, heilige Mutter Anne, Pantoufle, wie bist du nur hierhin geraten? Mein Kleiner, mein Süßer, mein liebster Kater, mein Pantöffelchen.«
    Sie schnurrte und gurrte in mei ne Oh ren und flüsterte alle netten Namen, die sie für mich kann te. Ich tat es ihr gleich.
    »Ronronronron!«
    Was war ich
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