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Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)

Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)

Titel: Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
Autoren: Jana Voosen
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meiner Verzweiflung stoße ich auf den Grund der Chipsschüssel vor. »Er ist einfach zu müde. Was soll ich denn tun, wenn er schon schläft, wenn ich ins Bett komme? Ihm kaltes Wasser über den Kopf schütten und ihn zwingen, mit mir zu schlafen?«
    »Vielleicht solltest du ihn auf andere Art und Weise wecken.« Lydia dreht das Weinglas in ihren Händen und lächelt vor sich hin. »Ich kenne keinen Mann, der da nicht drauf abfährt.« Ich brauche eine Sekunde, bis ich kapiere, wovon sie redet.
    »Also, ich weiß nicht.«
    »Aber ich! Glaub mir, das ist die Lösung.« In diesem Moment klingelt es an der Tür und ich springe auf, um dem Pizzaboten zu öffnen. Gerettet durch den Gong, würde ich sagen. Während ich in meinem Portemonnaie krame, denke ich über Lydias Vorschlag nach. Und stelle mir vor, wie ich reagieren würde, wenn ich mit Fabians Kopf zwischen meinen Beinen aufwachen würde. Wahrscheinlich würde ich reflexartig um mich schlagen, die Knie zusammenpressen und mich panisch zur Seite drehen. Was dabei alles passieren könnte! Im Geiste sehe ich Fabian vor mir, mit gebrochenem Genick und ebensolchen Augen, während ich meine eigenen öffne und verschlafen um mich blicke. Zum Glück keucht in diesem Augenblick Willi, der Pizzabote, die Treppe hoch und reißt mich aus meinen höchst unerfreulichen Gedanken. Er klammert sich am Geländer fest und gibt pfeifende Laute von sich.
    »Alles in Ordnung?«, frage ich wie jeden Freitag besorgt, und er winkt nach Luft ringend ab, auch wie immer.
    »Kein Ding, alles klar. Es ist nur mein Asthma. Geht gleich wieder.«
    »Okay.« Ich warte geduldig. Mit jedem seiner mühevollen Atemzüge erhöhe ich sein Trinkgeld im Geiste um zwanzig Cent. Kopfschüttelnd betrachte ich die schmächtige Gestalt und frage mich, wie ein Asthmatiker auf die Idee kommt, Pizzabote zu werden. Dann fällt mir ein, dass Studentenjobs heutzutage knapp sind, dass Willi vielleicht einfach keine andere Wahl hat, und schlage einen weiteren Euro auf die Endsumme auf.
    »So.« Er lächelt mich an und holt schwungvoll drei Pizzakartons aus seiner Warmhalte-Tasche hervor. »Einmal Peperoni-Salami, einmal Hawaii, einmal Funghi. Und ein Becher Cookies and Cream. Macht zweiundzwanzig Euro neunzig bitte.« Ich drücke ihm dreißig Euro in die Hand und bin froh, dass Fabian in diesem Moment nicht hinter mir steht, der mir mit Sicherheit einen Vortrag über die Regeln des Trinkgeldgebens halten würde. Fünf Prozent für Muffelköpfe, zehn, wenn alles in Ordnung war und fünfzehn für herausragenden Service. Aber egal. Ich finde einunddreißig Prozent für Asthmatiker, die ihr Leben riskieren, damit Lydia, Kim und ich freitags nicht verhungern müssen, durchaus angemessen.
    »Stimmt so.«
    »Oh. Dankeschön.« Er starrt so verwundert auf die beiden Scheine in seiner Hand, als würde ich ihm nicht jede Woche ein völlig überzogenes Trinkgeld geben. »Dann guten Appetit.«
    »Danke. Und gute Besserung!«
    »Oh, es geht schon.« Er lächelt tapfer und zieht seinen Inhalator aus der Tasche, bevor er sich an den Abstieg macht.
    Im Wohnzimmer versuche ich kurz, Kim aus ihrem komatösen Schlaf zu erwecken, gebe meine Bemühungen aber bald auf und lege ihr den Pizzakarton auf den Bauch. Lydia hingegen stürzt sich auf ihre Peperoni-Pizza wie ein ausgehungerter Löwe auf die Antilope.
    »Wenn du ein Tier wärst, was würdest du sein?«, erkundige ich mich, während ich fasziniert dabei zusehe, wie sie sich das erste Achtel in den Mund steckt und es beinahe ohne zu Kauen im Ganzen hinunterschlingt. Sie überlegt nur eine Sekunde und antwortet im Brustton der Überzeugung »Schmetterling«, bevor sie sich das nächste Stück vornimmt. Von ihren Essgewohnheiten mal abgesehen liegt sie damit gar nicht so falsch. Ihre zierliche Figur, der dank jahrelangen Balletttrainings schwebende Gang und nicht zuletzt die Art und Weise, wie sie von einem Mann zum nächsten flattert, legen den Vergleich nahe.
    »Also, wo waren wir?«, erkundigt sich der Schmetterling, während ihm eine fettige Ölspur das Kinn runterläuft. »Ach ja, euer Sexleben. Wie gesagt …«
    »Ich weiß, was du gesagt hast.« Vorsichtig hebe ich ein Stück Pizza Hawaii aus meinem Karton. »Können wir das Thema auf nach dem Essen verschieben?«
    »Aha! Da haben wir ja schon das Problem. Du findest Sex also unappetitlich.«
    »Überhaupt nicht. Aber während ich mir ein Stück Pizza in den Mund schiebe, muss ich nicht unbedingt über andere Sachen nachdenken,
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