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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr
Autoren: Alexander Odin
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Einkaufscenter saß und wartete. Gedankenverloren holte sie ihr Smartphone hervor und tippte mit ihrem Finger auf den Touchscreen. Sie klickte eine Datei in einem Untermenü mit dem Namen Papa an, in dem sich diverse Bilder, Dokumente, E-Mails und aus dem Internet kopierte Zeitungsartikel befanden. Dann öffnete sie einen der Artikel:
    AUCH ZWEI DEUTSCHE UNTER DEN OPFERN
    Nach einem Anschlag auf ein Passagierflugzeug in Kolumbien, bei dem ein Selbstmordattentäter sich in die Luft gesprengt hat, sind am Donnerstagabend alle 71 Passagiere und sieben Besatzungsmitglieder ums Leben gekommen. Laut NTN 24 gab es keine Überlebenden. Die Boeing 737–700 der Fluggesellschaft Aviar befand sich demnach auf dem Landeanflug auf die nordkolumbianische Ferieninsel San Andrés, als der Attentäter kurz vor der Landung den Sprengsatz zündete und die Maschine in der Luft explodierte. Die Behörden gehen nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen von einem Einzeltäter aus. Es gibt momentan weder einen Hinweis darauf, dass der Täter Kontakte zu einem der bekannten Terrornetzwerke unterhalten hat, noch Anhaltspunkte zum möglichen Tatmotiv. Inzwischen wurde die Passagierliste veröffentlicht. Unter den Opfern befinden sich auch zwei deutsche Staatsbürger. Das Auswärtige Amt bestätigte, dass es sich dabei um den für die Deutsch-Kolumbianische Industrie- und Handelskammer tätigen Projektleiter Olaf Sabelmann und seine Mitarbeiterin Manuela Rodriquez handelt.
    Diesen und andere Artikel über das Attentat, bei dem ihr Vater ums Leben gekommen war, hatte sie in den zurückliegenden zwölf Monaten immer wieder gelesen, so als könnte sie noch etwas zwischen den Zeilen entdecken, was sie bisher übersehen hatte. Insgeheim suchte sie nach einem Anzeichen dafür, dass ihr Vater möglicherweise doch nicht ums Leben gekommen war.
    Für den Psychologen, den die Fluggesellschaft kurz nach dem Unglück zu ihnen nach Hause geschickt hatte, war ein solches Verhalten nicht ungewöhnlich gewesen. Es sei völlig normal, hatte er erklärt, wenn man in der ersten Schock- und Krisenphase den plötzlichen Tod des eigenen Vaters nicht akzeptieren könne.
    Aber auch heute noch, über ein Jahr danach, war Naomi sich sicher, dass ihr Vater lebte. Denn mehrere Tage nach dem Unglück hatte sich etwas Merkwürdiges ereignet, das so lebendig in ihrer Erinnerung war, als sei es erst gestern passiert:
    Ihre Mutter Simone stand im Flur und telefonierte gerade mit der Lebensversicherung ihres Vaters, als plötzlich Naomis Handy klingelte und »Papa« auf dem Display aufleuchtete. Ihre Hände zitterten, als sie den Anruf entgegennahm. Am anderen Ende der Leitung waren ein Rauschen, laute Stimmen, Autohupen und andere Hintergrundgeräusche zu hören, ganz so, als würde sich der Anrufer auf einer belebten Straße befinden.
    »Papa«, rief Naomi wieder und wieder, doch niemand antwortete. Sie vernahm ein Schnaufen und kurz darauf lautes Geschrei. Es brach abrupt ab, wie bei einem alten Tonbandgerät, das abgestellt wurde. Dann war es totenstill in der Leitung.
    War das ihr Vater gewesen? Naomi verharrte eine Weile mit dem Handy in der Hand, unfähig, sich zu rühren. Sie war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Schließlich rannte sie aus ihrem Zimmer – und blieb verdutzt stehen, als sie ihre Mutter erblickte. Simone hatte sich an die Wand gelehnt und stierte abwesend ins Leere. Ihr Arm hing schlaff an der Seite herab, und in ihrer Hand hielt sie noch immer den Telefonhörer, aus dem es laut tutete.
    »Mama!« Naomi schrie fast. »Papa hat …« Sie hielt inne, als ihre Mutter zu sprechen begann.
    »Olaf hat in der Lebensversicherung eine Manuela Rodriquez als Begünstigte eingesetzt«, flüsterte Simone mit teilnahmsloser Stimme.
    »Das ist doch die Frau, mit der Papa in der Maschine saß!«
    »Seine Geliebte«, antwortete Simone knapp und legte den Telefonhörer auf die Gabel. »Ihre Familie wird das ganze Geld bekommen … Dieses Schwein.«
    Die Verbitterung in der Stimme ihrer Mutter brannte ihr in den Ohren. Wütend schrie Naomi: »Nenn Papa nicht so!«
    Soweit sie zurückdenken konnte, hatten ihre Eltern nie eine glückliche Ehe geführt. Es hatte häufig Streit gegeben, unter dem sie immer gelitten hatte. Kurz vor der Trennung war der Konflikt eskaliert, als ihr Vater Simone offenbarte, dass er eine Stelle bei der Deutsch-Kolumbianischen Industrie- und Handelskammer in Bogotá angenommen hatte und nach Südamerika umziehen würde. Von einer
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