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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr
Autoren: Alexander Odin
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Eingreifen seinen ungestörten Lauf nehmen sollte. Also beschränkte sie sich darauf, die Geschehnisse zu beobachten.
    Bei Cancic tat sich weiterhin nichts; er schien sich mit seinem Freund Alkohol in der Wohnung zu verschanzen. Wie Naomi wusste, hatte er stets einen großen Vorrat an flüssiger Nahrung bei sich: Selbst nach einem Atomschlag würde er noch eine ganze Weile in seinem »Bunker« ausharren können, ohne sich draußen dem Fallout aussetzen zu müssen.
    In der Wohnung der alten Wedkind nahm sie ein seltsames Geräusch wahr, nachdem sie ihr Ohr an die dünne Rigipswand gelegt hatte. In ihrem Büchlein hielt sie fest:
    Notiz: Es ist nichts zu hören, außer einem seltsamen Glucksen alle paar Minuten. So laut, als würde der Magen eines Tieres (??) einen fetten Fleischklumpen (??) verdauen.

8
    BERLIN-MITTE, PLATTENBAUSIEDLUNG,
24. NOVEMBER
    Dann tat sich etwas: Die Tür der Nachbarwohnung öffnete sich.
    Naomi hockte zu diesem Zeitpunkt – es war genau dreizehn Uhr dreizehn – auf dem Sofa und zappte durch das TV-Programm; die Lautstärke war jedoch so gering, dass sie Geräusche im Hausflur mitbekam. Sogleich sprang sie auf, rannte zur Tür und schaute durch den Spion. Sie sah, wie die alte Wedkind langsam aus der Wohnung kam. Was Naomi sofort auffiel, war, dass die Alte die Tür nicht abschloss, sondern einfach nur zuzog, obwohl sie sonst immer sehr darauf achtete, dass alle Sicherheitsschlösser ordnungsgemäß abgeriegelt waren. Ungewöhnlich war auch, dass der Körper der alten Frau sich leicht nach links neigte, während sie mit ihrem Einkaufsroller zum Fahrstuhl schlurfte.
    Hatte sie einen leichten Schlaganfall erlitten? Oder … Naomi wurde von der Neugier gepackt. Obwohl sie noch krankgeschrieben war und es ihre Mutter nicht gern sah, wenn sie hinausging, hielten Naomi keine zehn Pferde mehr zurück. Sie schnappte sich ihre Jacke von der Garderobe im Flur, schlüpfte in die Schuhe und rannte aus der Wohnung. Dass sie sich noch nicht einmal die Zeit nahm, ihre Haus-Jogginghose gegen eine Jeans zu wechseln, war ihr piepegal. In Berlin störte sich Gott sei Dank sowieso kein Mensch daran, wie man herumlief.
    Kurz nachdem die alte Wedkind aus dem Fahrstuhl getreten war und das Gebäude verlassen hatte, kam Naomi völlig außer Atem das Treppenhaus heruntergehetzt. In genügendem Abstand folgte sie ihr hinunter in die U-Bahn. Zu dieser Zeit war noch recht wenig los, und sie konnte die Alte gut im Auge behalten, die wenig später in eine Bahn stieg, sich auf einem Sitz niederließ und vor sich hinstarrte. Die Wedkind hob nicht einmal den Kopf, als ein Obdachloser, der an der nächsten Station einstieg, ihr das Berliner Straßenmagazin Motz unter die Nase hielt und sie zum Kauf eines Exemplars überreden wollte. Normalerweise hätte Frau Wedkind wenigstens eine kleine Spende gegeben oder sogar die Zeitschrift gekauft. Dieses Mal blieb sie eigentümlich unberührt und kalt.
    Einige Stationen weiter erreichten sie den S+U-Bahnhof Alexanderplatz, wo sie umstiegen. Ein Pulk laut feiernder Jugendlicher strömte zusammen mit ihnen in die Bahn. Naomi hörte einige Brocken Spanisch, woraus sie schloss, dass es sich um Touristen handelte. Sie hielten Bierflaschen in ihren Händen und kamen wohl von irgendeiner Party; sie sahen überhaupt so aus, als ob sie in der letzten Zeit die eine oder andere Nacht durchgemacht hätten. Höchstwahrscheinlich waren dabei auch Drogen im Spiel gewesen, ohne die man einen Partymarathon für gewöhnlich nicht durchhalten konnte. Naomi ging durch den Kopf, dass Berlin in der ganzen Welt dafür bekannt war, dass man rund um die Uhr feiern und sich dabei so frei und ungezwungen fühlen konnte wie in keiner anderen Metropole der Welt: eine große Party ohne Ende, es sei denn, es ging einem das Geld aus. Doch das dauerte in Berlin recht lange, weil alles – die Unterkünfte ebenso wie das Essen und der Alkohol – vergleichsweise billig war.
    Zirka zwanzig Minuten später am Bahnhof Zoologischer Garten verließ die alte Wedkind die S-Bahn und ging auf einer Parallelstraße des Kurfürstendamms, der Flaniermeile der City West, zum Berliner Zoo. Wie an jedem Wochenende herrschte dort reger Besucherandrang, wenn auch nicht mehr so stark wie in den Sommermonaten. Gleichwohl wartete an diesem sonnigen Herbsttag eine ziemlich lange Schlange vor dem Tickethäuschen. Es dauerte fast zehn Minuten, bis die Wedkind an der Reihe war, um ihre Eintrittskarte zu kaufen. Naomi, die nur anderthalb
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