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Pain - Bitter sollst du buessen

Pain - Bitter sollst du buessen

Titel: Pain - Bitter sollst du buessen
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einem hohlen Ton, wie von Stiefelschritten auf Holz.
    Sie öffnete die Augen einen winzigen Spaltbreit und sah die ausgebleichten Bohlen eines Anlegers.
    »Vielleicht ist es ganz gut, dass du noch schläfst«, sagte er wie zu sich selbst. »Denn später werden wir eine Party feiern.« Er ließ sie in ein kleines, am Anleger festgemachtes Boot fallen. Sie sank in sich zusammen, als hätte sie keine Knochen. Innerlich ängstigte sie sich zu Tode. »So eine Art Party, die ich mit Melanie gefeiert habe … Nur werden wir dich dieses Mal nicht im Radio hören. Nein, wir müssen uns mit einer Aufzeichnung zufrieden geben. Ich habe alles auf Band, alle deine Sendungen. Eine Kassette habe ich mitgebracht.«
    Sie fürchtete, sich übergeben zu müssen. Dieses Ungeheuer hatte tatsächlich vor, sie zu töten – während er ihrer Stimme lauschte, die im Radio Anrufe beantwortete. Das konnte einfach nicht wahr sein! Er begann, das kleine Boot loszubinden. Sam benötigte eine Waffe, zumindest irgendetwas, das als Waffe taugte. Als er ihr den Rücken zukehrte, schlug sie leicht die Augen auf und suchte das Boot nach irgendeinem Instrument ab … nach irgendetwas Brauchbarem. Aus engen Augenschlitzen entdeckte sie eine Fischreuse unter der Bank, doch die nützte ihr nichts … Dann sah sie das Ruder. Wenn sie sich flink bewegte, konnte sie es ergreifen, ihm damit auf den Rücken schlagen und sich in den Sumpf gleiten lassen.
    In diesem Sekundenbruchteil kamen ihr auch die Sumpfbewohner in den Sinn – Alligatoren, Schlangen, Fledermäuse … Aber was war schlimmer? Tiere oder dieser perverse Unhold? Ihr Verstand war noch immer ein bisschen umnebelt. Arbeitete träge.
    Er stieß das Boot vom Anleger ab.
    Jetzt!
    Sie sprang auf, stolperte, packte das Ruder und schlug mit aller Kraft zu.
    Das Ruder traf seinen Hinterkopf.
    Er brüllte auf vor Schmerz, taumelte nach vorn. Sie hieb noch einmal auf seinen Kopf, doch beim dritten Versuch drehte er sich um.
    »Du Miststück!« Er packte ihre behelfsmäßige Keule und riss sie ihr aus den Händen. »Du dumme, blöde Fotze!« Er wollte sich auf sie stürzen, und sie hechtete aus dem Boot. Sie versank im modrigen Wasser und versuchte zu schwimmen, doch sie hing fest. Er hatte den Saum ihres Bademantels zu fassen gekriegt und zog sie nun zurück. Sie bemühte sich, den Knoten des Gürtels zu lösen, doch er war zu stramm. Und nass.
    Laut fluchend zerrte er sie rücklings zum Boot. Sie trat um sich, bestrebt, die Luft anzuhalten, zupfte an dem verdammten Knoten, doch der Abstand zum Boot verringerte sich stetig. Seine Finger berührten ihren Knöchel.
    Nein! Nein! NEIN !
    Ihre Lungen brannten, ihr Kopf schien jeden Moment zu platzen, ihre Finger nestelten noch immer an dem verdammten Knoten.
    Er riss heftig an dem Stoff. Griff wieder nach ihrem Bein. Sie trat zu – und der Knoten öffnete sich. Von Panik getrieben schlüpfte sie aus dem Bademantel und tauchte. Schnell. Tief. Schwamm nackt durch das modrige Wasser, weit unter der Oberfläche. Ihre Lungen schmerzten, doch sie ignorierte das Brennen, entfernte sich mit kräftigen Stößen immer weiter vom Anleger, bis sie glaubte, explodieren zu müssen.
    Mit einem Platschen durchbrach sie den Wasserspiegel, kaum mehr als fünf Meter von ihm entfernt. Sie schöpfte tief Luft und tauchte wieder unter, doch da hatte der Strahl seiner Taschenlampe sie schon gefunden, und er lenkte das Boot in ihre Richtung.
    Wie konnte sie ihn überlisten? Wie konnte sie sich retten? Wieder tauchte sie durchs träge, schlammige Wasser, floh vor dem Licht. Schneller, Sam, schneller! Du musst weg von hier! Als ihre Finger die Wurzeln einer Zypresse streiften, drohten ihre Lungen zu bersten. Auf der Rückseite des Baums stieg sie vorsichtig an die Oberfläche und atmete in tiefen Zügen, bemüht, so leise wie möglich zu sein und sich zu orientieren.
Gott, steh mir bei,
dachte sie verzweifelt, wusste jedoch, dass sie sich selbst helfen musste. Hier draußen war niemand. Sie befand sich mitten in der Wildnis von Louisiana.
    Sie musste irgendwie entwischen – oder ihn umbringen.
    Nackt und zitternd, aber endlich mit klarem Kopf, konnte sie über ihr wild schlagendes Herz hinweg kaum etwas hören. Nur mit äußerster Anstrengung wehrte sie die Panik ab, die Adrenalin durch ihre Adern pumpte. Sie spürte etwas Schlüpfriges an ihrem Bein, bewegte sich jedoch nicht, wagte es nicht aufzuschreien. Der Geruch des Sumpfes stach ihr in die Nase, die schwüle Luft fühlte sich
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