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Packeis

Packeis

Titel: Packeis
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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Wunde während eines Kampfs mit einer Bande Faschisten zugezogen zu haben.
    Der Soldat trottete ein paar Schritte weit durch den Schnee, um abrupt stehen zu bleiben, als seine scharfen Ohren das leise
Tick-tick
des abkühlenden Automotors auffingen. Er blickte mit zusammengekniffenen Augen zu dem großen grauen Fleck in den vom Mondschein erzeugten Schatten. Ein misstrauisches Stirnrunzeln erschien auf seiner breiten Bauernphysiognomie. Er nahm mit einer fließenden Bewegung die Maschinenpistole von der Schulter und richtete sie auf das undeutlich auszumachende Objekt. Sein Finger spannte sich um den Abzug.
    Vier Scheinwerfer flammten auf. Der kraftvolle Acht-Zylinder-Reihenmotor erwachte röhrend zum Leben, und der Wagen machte einen Satz vorwärts, wobei sein Heck über die Schneedecke schlingerte. Der Russe versuchte, dem heranrasenden Fahrzeug auszuweichen. Die Ecke der wuchtigen Stoßstange erwischte sein Bein, und er wurde in den Straßengraben gefegt.
    Der Wagen kam schlitternd zum Stehen, und der Fahrer stieg aus. Der hochgewachsene Mann ging durch den Schnee zu dem Soldaten, wobei sein langer schwarzer Ledermantel mit einem leisen Klatschen gegen seine Oberschenkel schlug. Der Mann hatte ein längliches Gesicht und ein ausgeprägtes Kinn. Sein kurz geschnittenes blondes Haar war unbedeckt, obgleich eine Temperatur von weit unter null Grad Celsius herrschte.
    Er ging neben dem zu Boden geschleuderten Mann in die Hocke.
    »Hast du Schmerzen,
Towarisch?
«, erkundigte er sich auf Russisch. Seine Stimme war tief und wohlklingend, und in ihr schwang das distanzierte Mitgefühl eines Arztes mit.
    Der Soldat stöhnte. Er konnte sein Riesenpech nicht fassen.
    Erst diese deutsche Schlampe mit dem Messer, und jetzt
dies
.
    Er schickte einen heiseren Fluch über seine mit schaumigem Speichel bedeckten Lippen. »Verflucht sei deine Mutter!
Natürlich
habe ich Schmerzen!«
    Der hochgewachsene Mann zündete eine Zigarette an und schob sie zwischen die Lippen des Russen. »Ist jemand in dem Bauernhaus?«
    Der Soldat machte einen tiefen Zug und stieß den Rauch durch die Nasenlöcher aus. Er vermutete in diesem Fremden einen jener politischen Offiziere, die die Armee wie Schmeißfliegen umschwirrten.
    »Zwei Faschisten«, antwortete der Russe. »Ein Mann und eine Frau.«
    Der Fremde ging ins Bauernhaus und kam wenige Minuten später wieder heraus.
    »Was ist passiert?«, fragte er und ließ sich abermals neben dem Soldaten in die Hocke sinken.
    »Ich habe den Mann erschossen. Die Faschistenschlampe hat sich mit dem Messer auf mich gestürzt.«
    »Gut gemacht.« Er klopfte dem Russen auf die Schulter. »Bist du alleine hier?«
    Der Soldat knurrte wie ein Hund, der seinen Knochen verteidigt. »Ich teile niemals meine Beute oder meine Frauen.«
    »Bei welcher Einheit bist du?«
    »Bei General Galitskys Elfter Gardearmee«, erwiderte der Soldat mit Stolz in der Stimme.
    »Ihr habt Nemmersdorf an der Grenze angegriffen?«
    Der Soldat fletschte die Zähne. »Wir haben die Faschisten an die Tore ihrer Scheunen genagelt. Männer, Frauen und Kinder.
    Du hättest hören sollen, wie die Faschistenhunde um Gnade gewinselt haben.«
    Der hochgewachsene Mann nickte. »Gut gemacht. Ich kann dich zu deinen Kameraden bringen. Wo sind sie?«
    »Ganz in der Nähe. Sie bereiten sich darauf vor, weiter nach Westen vorzurücken.«
    Der Fremde blickte hinüber zu einer fernen Baumreihe. Das Dröhnen der großen T-24 Kampfpanzer drang zu ihm wie ferner Donner. »Wo sind die Deutschen?«
    »Die Schweine rennen um ihr Leben.« Der Soldat zog wieder an der Zigarette. »Lang lebe Mütterchen Russland.«
    »Ja«, sagte der hochgewachsene Mann. »Lang lebe Mütterchen Russland.« Er griff in seinen Mantel, holte die Luger hervor und drückte die Mündung gegen die Schläfe des Soldaten. »
Auf Wiedersehen
, Kamerad.«
    Die Pistole bellte einmal. Der Fremde schob sie zurück in ihr Holster und kehrte zum Wagen zurück. Während er sich ans Lenkrad setzte, kam vom Fahrgast auf dem Rücksitz ein heiserer Schrei.
    »Sie haben diesen Soldaten kaltblütig getötet!«
    Der dunkelhaarige Mann war Mitte dreißig und hatte die attraktiven Gesichtszüge eines Schauspielers. Ein dünner Schnurrbart zierte seinen sinnlichen Mund. Aber in der Art und Weise, wie seine ausdrucksvollen grauen Augen zornig funkelten, war nichts Maßvolles.
    »Ich habe lediglich irgendeinem Iwan geholfen, sich für den größeren Ruhm Mütterchen Russlands zu opfern«, sagte der Chauffeur
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