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Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Titel: Pablo Picasso - die Lebensgeschichte
Autoren: Dagmar Feghelm
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wie Maya später sagt, »er wusste, wie man junge Menschlein unterhält und ernährt«. Maya liebt nur Süßes? Pablo streut eine Handvoll Zucker in den Kartoffelbrei. Paloma isst am liebsten gar nichts? Ein Löffelchen für Maya und eins für Papa geht immer! Wenn Paloma ihre Puppe gegen Claudes Auto tauscht, und der auch noch beglückt ist, rennt Pablo zum Arzt – kein Problem, Monsieur Picasso, ganz normal in diesem Alter! Und wehe, er hört nachts die Kinder nebenan nicht atmen. Dann muss Françoise sie wecken, um ihm zu zeigen, dass sie noch leben.

    Ja, Françoise hat viele Pflichten. Für Pablo zählt nicht die Liebe, sondern der Liebesbeweis. Das allmorgendliche Schüren des Ofens in seinem Atelier in einer alten Parfümfabrik ist so einer. Das Kopieren seiner Bildentwürfe, mit denen er dann herumexperimentiert. Keramiken müssen aus der Werkstatt und die Kinder aus dem Hort geholt werden. Und dann der Beistand bei Pablos mittäglichem Aufstehritual – eine Sache voller Stolperfallen. Erst das Tablett mit dem Frühstück. Dann macht Sabartés mit der Post seine Aufwartung am Bett. Dann darf sich Françoise die Klagen über seine Befindlichkeit anhören, die aktuelle Liste seiner Krankheiten, seinen Weltschmerz im Allgemeinen und den Zweifel an seinem Genie im Speziellen. Aber nein, Pablo, alle lieben und verehren dich. Du siehst viel besser aus als gestern. Du wirst heute ein wunderbares Bild malen, das spüre ich! Bist du sicher? Ja, ganz sicher!
    Wenn’s gut läuft, ist Pablo von nachmittags bis zwei Uhr früh gut gelaunt im Atelier. Wenn’s besser läuft, kommt Françoise auch mal an ihre Staffelei. Am besten läuft es, wenn alle malen. Wenige Striche reichen, und wir erkennen den zugewucherten Garten von »La Galloise«. Man meint das Schnarren der
Zikaden zu hören. Ansonsten ist es still. Claude und Paloma zeichnen, jeder für sich, auf Blätter, die vor ihnen auf dem Erdboden liegen. Sie tun das auf ganz unterschiedliche Art. Claude hockt fast im Lotussitz, der Haltung größter Versunkenheit. Dazu passt das kühl-schattige Blau, die Farbe geistiger Konzentration. Wie ein chinesischer Zeichner arbeitet er mit einer Art Rohrpinsel. Am langen, längeren, überlangen Arm hält er ihn von sich weg, nur die Stiftspitze verbindet den ernsten Jungen mit dem Blatt.

    Bild 19
    Familienglück ist… : wenn alle malen!
    Paloma hingegen – ein süßer Tollpatsch! Gleich auf dem Papier kniend, malt sie hingegeben mit dickem Stummelstift. Sie ist, siehe das fröhliche Rot, Feuer und Flamme für die Welt und ihr Bild, auf das sie die Händchen stützt. Für Claude findet das Zeichnen erst mal im Kopf statt, wo die Vorstellung von den Dingen sitzt. Klein-Paloma aber betreibt ihr Geschäft, als würde sie, was sie malt, »begreifen« und direkt erleben. Aber was malen die zwei denn? Ihre Blätter sind leer! Doch ist da nicht eines wie zum Trocknen aufgehängt? Ein Blatt voller Blätter! Ein Stück gemalte Natur, nahtlos zwischen echte Bäume geschmuggelt. Nicht ganz nahtlos – rechts ist es wie ein Flicken mit Heftstichen am Himmel befestigt. Wieder haben wir ein Porträt, das keines ist. Gut, man sieht Claude und Paloma, aber auf der Straße würden wir sie mit diesem Bild im Kopf nicht wiedererkennen. Doch man bekommt eine Idee davon, was Malerei ist: ein sinnlich-zupackender und zugleich im Kopf passierender Vorgang. Picasso erteilt als unsichtbarer Dritter die kleine Lehrstunde – graue Theorie in starken Farben.
    Ein Spanier weint nicht
    Ende 1953 verlässt Françoise Pablo. Sie hat die falschen Treuebeteuerungen satt und ist es leid, ihre Kraft seinem Wohlbefinden zu opfern. Kinder hin oder her – sie muss mit sich ins Reine kommen und das Leben ihrer eigenen Generation leben. Pablo ist perplex. Hat nicht stets er den Zeitpunkt für das Kommen und Gehen der Frauen bestimmt? Dass es nun andersrum läuft, ist eine Niederlage. Es zeigt, dass er alt ist, ein Todgeweihter. Ein besiegter Torero. Ein weidwunder Stier. Statt Beifall ein Fall für Mitleid! Das bringt ihm sein Hofstaat reichlich entgegen, auch in Form schöner Frauen, die man ihm vorstellt, in der Hoffnung, seine Lebens- und Liebeslust neu zu entfachen. Danke, nicht nötig. Ich suche nicht, ich finde. Ich habe schon gefunden. Diese und jene. Alle wollen mich – außer Françoise. Und ich will Françoise. Aber eine andere Françoise. Eine, die sanft ist und mich bewundert und umsorgt. Ungefähr so wie die kleine Madame Roque im Keramikladen in
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