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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition)
Autoren: Claudia Brendler
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Ohne gescheit zu putzen, wie die Schlieren am Empfangstresen im Flur zeigten. Kruzifix, immerhin bekam Kathi neun fuchzig die Stunde für das bisschen Putzen. Geld, das Kathi stets sofort investierte. Heute Morgen hatte sie schon wieder so genuschelt.
    »Schorry, i hab a neuesch Schungenpiersching. Ja, schuschätzlisch schum alten. An der Scheite von der Schunge. Warum? Na, weilsch mia gefallt. Naa, naa, desch bleibt ned so, bald red i wieda wia a Wascherfall.«
    Darüber konnte man schon mal vergessen, den Empfangstresen zu wienern. Alles musste man selbst machen! Aber nicht heute, nicht in ihrem empfindlichen Wildlederdirndl. Therese inspizierte die Räume im Erdgeschoss, das Komfortzimmer Neuenthaler Idyll, mit Seeblick und direktem Strandzugang durch den Garten, dann die beiden kleineren Zimmer, immerhin mit integriertem Bad, Fernseher, Internet und echt bayerischem Frühstück. Für nur fünfundvierzig Euro die Nacht. Ein bescheidener Preis, wenn man bedachte, was der Umbau gekostet hatte. Aber ihr blieb keine Wahl. Jetzt, in der Vorsaison, musste man um jeden einzelnen Urlauber kämpfen. Und nach wie vor taten die Gastronomen und Pensionsbetreiber des überkandidelten Nachbarorts Mohnau alles, um Neuenthal die Touristen abspenstig zu machen.
    Therese warf einen raschen Blick in den Frühstücksraum – alles in Ordnung –, dann stieg sie die Treppe hinauf in den ersten Stock. Ihr Lieblingszimmer, die Neuenthaler Kaisersuite, hatte nicht nur eine zusätzliche Sitzgarnitur, einen ausladenden Schreibtisch, Minibar und Flachbildfernseher, sie bot auch einen wahrhaft kaiserlichen Balkon. Von dem aus man, mit einiger Mühe, gleichzeitig ein Stück See mit Garten und den Parkplatz überblicken konnte. Samt Hinterausgang ihres Trachtenladens. Das ganze Reich. Dessen Nachmittagsruhe gerade durch ein äußerst unfriedliches Geräusch gestört wurde. Klack! Klack! Klack! Mei! Musste diese Person, diese Christiane Breitner, derart engagiert stöckeln? Klack, klack, klack, überquerte sie den Parkplatz, blieb vor ihrem cremefarbenen Mini stehen und bückte sich. Nach einem offenen Schnürsenkel ihrer schnürsenkellosen Pumps vielleicht. Christiane Breitner unterhielt einen bombigen Kontakt zum Boden. Jedenfalls, sobald sich ein Mannsbild in der Nähe aufhielt. Dem sie einen Blick auf ihr Kapital, das in einen Bleistiftrock gezwängte Heck, nicht versagen wollte. Viel Heck, aber wenig Bug hatte Christiane zu bieten, diese aufgebrezelte Schnoin! Schnalle, verbesserte sich Therese – seit sie als Bürgermeisterin kandidierte, bemühte sie sich, ihr Bayerisch zu zügeln, auch beim Denken. Ausgerechnet Christiane Breitner hatte ihr dazu geraten. Und sie hatte recht. Hochsprache stand einer Bürgermeisterin besser an. Vor allem, weil Fredl noch nicht einmal zu etwas Ähnlichem wie Hochsprache in der Lage war.
    Jetzt war auch der Grund für Christiane Breitners Bückaktion zu sehen: Hartl Engler, Chef der örtlichen Tauchschule, Therese Englers Bruder und – leider! – auch Christiane Breitners Lover. Geschmeidigen Schrittes kam er heran und pflanzte die Hand auf das Heck der Breitner-Schnoin. Die sich mit einem gespielt verärgerten »Also Leonhard!« aufrichtete und sich umdrehte.
    »Oh, hallo Therese! Hübsche Blumen hast du am Balkon! Hängegeranien?«
    Sakra! So verstrickt war Therese in ihre Heck-und-Bug-Gedanken, dass sie einen Moment verwirrt an ihre bestickte Dirndlbrust griff. Erst das anerkennende: »Interessanter Rosaton, hast du einen Ableger für mich?« der Breitner-Schnoin brachte sie wieder zu sich. Sie nickte und fuhr mit der Hand ordnend durch die über den Blumenkasten quellende Üppigkeit. Ja, als das Haus noch der Breitner gehörte, da hatte es nur Plastikblumen auf diesem Balkon gegeben. Und heruntergekommen war es auch noch gewesen, das Haus, sie hätte damals beim Verkauf ruhig ein bissl im Preis nachlassen können! Aber Christiane Breitner, ehemals Geschäftsführerin in Köln, wusste, was sie wollte. Sie war gekommen: um ihr Erbe anzutreten, das unbewohnbare Haus ihrer verstorbenen Tante. Sie hatte gesehen: Hartl, ein gutaussehendes, sportliches, sanftes Mannsbild in den besten Jahren. Und sie hatte gesiegt: Das Haus hatte sie zum Bestpreis an Therese Engler verkauft, Hartl gekapert und sofort angefangen, seine Tauchschule komplett umzukrempeln. Von einem, wie Christiane es formulierte, »eher verträumten Laden« zu einem »modernen Urlauberbeglückungszentrum«. Mit allerlei Firlefanz wie
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