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P. S. Ich töte dich

Titel: P. S. Ich töte dich
Autoren: Sebastian Fitzek
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imponierten uns jedes Mal und machten uns zugleich ein wenig neidisch. Manchen flog einfach alles so zu, aber trotzdem war es ziemlich cool. Und Kevins Story bewirkte, dass ich nicht mehr an das Pulver dachte. Es war angenehm, einfach nur dazusitzen und seinen Worten zu lauschen.
    Kevin fuhr fort. »Aber ihr wisst ja, Runken war kurz davor, verrückt zu werden. Er aß kaum etwas, verlor den Kontakt zu seiner Mutter. Sein gesamtes Leben bestand nur noch aus Computern und Online-Games. Ich und sein älterer Bruder haben versucht, ihn da rauszuholen. Haben ihn mit in die Kneipe genommen, haben versucht, ihm die eine oder andere Braut schmackhaft zu machen. Aber er hat sich geweigert; der einzige Ort, an den es ihn zog, war das Spielkasino. Also sind wir zu ’nem schwarzen Klub in Hallunda gezogen, wo er immer rumhing.«
    Kevin lehnte sich zurück. Betrachtete einen nach dem anderen von uns. Typisch Kevin. Er war ein Erzähler erster Klasse, wusste, wo er Pausen einlegen musste, um uns vor Neugier fast wahnsinnig werden zu lassen.
    Chorizo sagte, »Komm endlich zur Sache, immer spannst du uns auf die Folter«.
    Kevin wirkte beleidigt. »Wieso auf die Folter?«
    »Immer wenn es am spannendsten ist, lehnst du dich zurück und hörst auf zu erzählen. Du foppst uns nur, oder? Hör auf damit.«
    »Na gut, wenn ihr doch nur rummeckert, brauch ich auch gar nicht weiterzuerzählen.«
    »Reiß dich zusammen«, riefen alle gleichzeitig und begannen, Kevin mit Erdnüssen zu bombardieren; der hielt schützend die Arme vors Gesicht. Schließlich sah er sich gezwungen weiterzureden.
    »Also, das war ’ne ziemlich verruchte Spelunke. Kapiert? Versifft, hässliche Möbel, keine Bräute. Aber immerhin, es ging um richtig viel Kohle. An einem Tisch spielten sie No Limit, und Runken setzte sich gleich dazu. Die ganze Nacht über zockte er. Einmal hätte er beinahe von einem 50-jährigen Iraner Prügel bezogen, der fand, dass er einfach zu gut war. Sein großer Bruder und ich mussten eingreifen. Wir saßen hinter ihm wie seine Leibwächter. Er aß zwischendurch nichts, trank nur Red Bull und Kaffee. Ich und sein Bruder wurden immer betrunkener, aber wir verfolgten das Spiel trotzdem. Schließlich wurde die absolut abgefuckteste Partie ausgeteilt. Runken hatte den Big Blind. Alle stiegen aus bis auf den Small Blind, der dranblieb. Runken checkte Dame und Sieben in Karo. Der Flop bestand aus As, Dame, Vier mit zwei Karos. Der andere Typ checkte seine Karten, und Runken erhöhte, legte sich ins Zeug. Dann meinte er, dass er ziemlich sicher war, dass seine Dame gut genug wäre, denn der andere hätte schon mit einem Ass aus dem Preflop aufwarten müssen. Aber der Typ ging all in, und Runken überlegte blitzschnell. Der Typ hatte zwei Asse. Kapiert ihr? Zwei Asse.«
    Wir alle liebten Poker, befanden uns aber nicht auf diesem Niveau. Keiner wusste so genau, was das wirklich bedeutete.
    Kevin schüttelte lediglich den Kopf. Wir hielten die Luft an – hatte Runken gewonnen? Und wie viel hatte er letztlich abgesahnt?
    Kevin sagte: »Und dann kam noch ein Karo. Runken hat in einer einzigen Partie über 400 000 Kröten eingestrichen.«
    Das war einfach zu viel für mich; ich konnte mir nicht mal vorstellen, überhaupt jemals so viel Geld zusammenzukriegen. Ganz ehrlich, immer wenn ich mal ’n paar Tausender zusammenhatte, musste ich sofort irgendwas Cooles davon kaufen.
    Aber wir sollten auch etwas aus Kevins Geschichte lernen, denn sie ging noch weiter. »Ihr wisst, Runken ist verrückt. Eine Stunde später hatte er nämlich keine einzige Krone mehr. Er hat alles wieder verspielt. So krank. So verdammt krank. Wir verließen den Klub um sieben Uhr morgens und hatten nicht mal mehr Kohle für ’ne heiße Wurst. Nicht mal für ’ne
Chorizo

    Wir lachten laut.
    So ging es den Rest des Abends weiter. Verrückte Geschichten, Ausschau halten nach Bräuten, die uns nicht haben wollten, und natürlich Witze auf Kosten Chorizos. Aus irgendeinem Grund hatte er ausnahmsweise mal nichts dagegen, auf den Arm genommen zu werden.
    Der Abend war ein voller Erfolg. Wir feierten, was das Zeug hielt. Und den Shit, der in meiner Jackentasche lag, hatte ich
     vollkommen vergessen.
    Es ist wahr. Ich vergaß das Pulver, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass es echtes Kokain war.
    Zwei Stunden vergingen. Kevin hatte noch mehr Geschichten auf Lager. Chorizo war super drauf. Am Ende war Kevin so besoffen, dass wir ihn in ein Taxi setzen und nach Hause bringen
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