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P. S. Ich töte dich

Titel: P. S. Ich töte dich
Autoren: Sebastian Fitzek
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der Atem aus meinen Lungen kombiniert mit dem Rauch der Zigarette: Eine größere Rauchwolke hab ich meinen Mund noch nie ausstoßen sehen.
    Aber was war das für eine Tüte? Ich betastete sie; sie fühlte sich wie ein gewöhnlicher Gefrierbeutel an. Ich nahm sie aus der Tasche. Sie war verknotet, und in ihr lag etwas Leichtes, Festes, so ähnlich wie zusammengeknülltes Papier. Ich entknotete die Tüte. Befühlte das Feste, das ich zwischen den Fingern gespürt hatte. Es war Alufolie. Ich nahm sie ebenfalls heraus. Sie war zusammengefaltet wie ein kleiner Würfel. Irgendetwas war faul. Trotzdem faltete ich sie auf, ohne weiter darüber nachzudenken.
    In der Alufolie lag weißes Pulver.
    Es ist wahr – ich hab ein weißes Pulver in der Tasche meiner eigenen Jacke gefunden. Völlig verrückt.
    Ich rauchte zu Ende und ging wieder rein. Die Jungs saßen noch da. Alle ein paar Schlucke betrunkener. Chorizo phantasierte weiter darüber, welches Tattoo er sich machen lassen würde. Kevin starrte immer noch in die Luft. Victor fragte mich, ob ich jetzt besser drauf wäre.
    Mein Stuhl fühlte sich unbequem an. Und nicht nur das, er erschien mir irgendwie wackelig. Ich konnte nicht aufhören, an den Shit zu denken, den ich in meiner eigenen Jackentasche gefunden hatte. Was zum Teufel sollte ich nur tun? Entweder wollte mich einer meiner Kumpels verarschen – hatte mir einen Esslöffel voll Backpulver in die Folie gefüllt und wartete auf meine Reaktion. Oder es war der Knirps an der Garderobe oder möglicherweise irgendein anderer Gast, der die Jacke verwechselt hat. Meine Jacke gewissermaßen an sich genommen und das Zeug in die Tasche gelegt hat. Oder auch – und dieser Gedanke war besonders ätzend – die Jugos, die gerade da gewesen waren und den Garderobentypen kontrolliert hatten, meinten aus irgendeinem Grund, meine Jacke wäre ein geeigneter Aufbewahrungsort. Und wenn das der Fall war – dann war ganz sicher weder Backpulver noch Zucker in dem kleinen Aluwürfel. Dann war es Kokain oder Amphetamin oder irgendeine andere Droge, deren Namen ich nicht weiß.
    Ich hab fast die Panik bekommen. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr war ich davon überzeugt, dass das Zeug in der Folie echt war. Aber eins war sicher: Es war nicht mein Zeug. Ich nehm so was nicht.
    Ich überlegte, was ich tun sollte. Vielleicht die Polizei rufen. Mich eventuell auf den Weg machen und zur Polizei
gehen
. Oder den Shit in den nächsten Gulli werfen. Meinen Kumpels davon erzählen und sie um Rat fragen? Es einfach liegen lassen, mit nach Hause nehmen und dort noch mal drüber nachdenken? Wie gesagt – ich trink gern ein- oder zweimal die Woche etwas, aber Drogen sind nicht mein Ding.
    »Ihr kennt doch meinen Kumpel Runken, oder?« Kevin hatte sich wieder gefangen, das konnte man an seiner Stimme hören. Er begann, eine seiner Geschichten zum Besten zu geben. Für eine Weile hab ich das Pulver fast vergessen.
    »Runken hat ja das Gymnasium geschmissen, wie ihr wisst. Er hat das letzte Schuljahr nie zu Ende gemacht.« Wir nickten. Natürlich erinnerten wir uns an Runken. Der Kerl, der niemals lernte, die Hälfte der Zeit schwänzte, in den Pausen Hasch rauchte und etwas merkwürdig roch – von dem aber alle sagten, er hätte einen IQ von 130 und könnte Latein.
    »Wisst ihr, was er die ganze Zeit gemacht hat, anstatt zu lernen?«
    Chorizo lachte los, »Wahrscheinlich geschlafen, oder?«.
    Kevin sagte, »Ja, tagsüber hat er geschlafen. Aber wisst ihr, was er nachts gemacht hat?«.
    » GTA * gespielt?«, tippte Chorizo.
     
    * GTA: Grand Theft Auto, eine der erfolgreichsten Computerspielserien
     
    »Nein, er hat im Netz gepokert. Hat ganze Nächte lang Hold’em gegen irgendwelche Amerikaner gespielt. Hat sich langsam hochgespielt, erst mit den Neulingen und Greenhorns, dann gegen Computer, und danach hat er immer öfter um Geld gespielt. Und ihr kennt ja Runken – der Typ war eigentlich ’n verdammter Einstein. Irgendwann war er so gut, dass er auf den angesehensten Websites die schwierigsten Partien in den besten Online-Pokerräumen gespielt hat. No Limit, mit ’nem Einsatz von über 50 000 Euro. Er hat sich drei Bildschirme angeschafft, saß mit sieben oder acht gleichzeitig laufenden Spielen da, und weil er clever war, hat er mehr gewonnen als verloren. Und mit so vielen Spielen hat er natürlich immer mehr Cash eingesackt.«
    Wir saßen schweigend da, denn wir hatten Geschichten wie diese schon oft gehört. Sie
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