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Owen Meany

Owen Meany

Titel: Owen Meany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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BRAUCHEN SIE SICH KEINE SORGEN
ZU MACHEN «, versuchte Owen sie zu beruhigen. » WO IST DER GROSSE JUNGE? WIE HEISST ER ?« Das Mädchen
deutete vorsichtig auf eine geschlossene Tür, die von einem schmalen Flur
abging.
    »Sagen Sie ihm nicht, daß ich’s Ihnen gesagt hab«, flüsterte sie.
    »WIE HEISST ER ?« fragte Owen sie noch
einmal.
    Sie sah sich um, um sicherzugehen, daß niemand sie beobachtete; an
dem angeschwollenen Bauch ihres zerknitterten Kleides hing ein Klacks Senf.
»Dick!« sagte sie und ging weg.
    Owen klopfte an die Tür.
    »Seien Sie vorsichtig, Meany«, warnte ihn Major Rawls. »Ich hab
Bekannte bei der Polizei, am Flughafen –, die lassen den Jungen nicht einmal
für einen Moment aus den Augen.«
    Owen klopfte etwas fester an die Tür.
    [828]  »Verpiß dich!« rief Dick durch
die geschlossene Tür.
    »DU SPRICHST MIT EINEM OFFIZIER !« sagte Owen Meany.
    »Verpissen Sie sich, Sir !« entgegnete
Dick.
    »SCHON BESSER«, meinte Owen. »WAS MACHST DU DA DRIN – WICHSEN?«
    Major Rawls schob Owen und mich etwas zur Seite; keiner von uns
stand mehr direkt vor der Tür, als Dick sie öffnete. Er hatte die Hose von
einem anderen Tarnanzug an, stand barfüßig und mit nacktem Oberkörper da, das
Gesicht mit etwas wie Schuhcreme geschwärzt – als plane er, sobald sich die
Festgäste zur Ruhe begeben hatten, in dieser gefährlichen Gegend irgendwelche
Untergrundaktionen durchzuführen. Mit derselben schwarzen Farbe hatte er um
seine Brustwarzen zwei Kreise gezogen, wie zwei Ziele für Wurfpfeile.
    »Kommt rein«, brummte er und machte einen Schritt zurück in sein
Zimmer, wo er – ohne jeden Zweifel – tagein, tagaus davon träumte, Vietkongs
abzuschlachten.
    Das Zimmer stank nach Marihuana; Dick rauchte den Joint, den er mit
einer Pinzette festhielt, zuende – ohne uns den letzten Zug anzubieten. Der
tote Hubschrauberpilot, der Warrant Officer, hieß
Frank Jarvits – doch Dick nannte ihn lieber bei seinem »Killernamen«, dem
Namen, den ihm seine Kumpels in Vietnam gegeben hatten. Dort hatte er »Hubcap« – »Radkappe« geheißen. Dick zeigte uns stolz alle
Souvenirs, die Hubcap aus Vietnam herausgeschmuggelt
hatte, darunter mehrere Bajonette und Macheten, eine Kollektion Feldflaschen
mit Kunststoffüberzug und ein Helm mit einem völlig verschmierten Schweißband – auf das, anscheinend mit Blut, »Hubcaps Helm« geschrieben war. Außerdem gab es da
ein AK -47 Schnellfeuergewehr, das Dick
zerlegte, in Griffgruppe, Lauf, Verschlußgruppe und so weiter. Dann setzte er
die sowjetische Waffe rasch wieder zusammen. Seine zugekifften Augen flackerten
vor Erregung, als er unsere Anerkennung suchte; er hatte uns zeigen wollen, wie Hubcap das Gewehr [829]  zerlegen
mußte, um es nach Hause zu schmuggeln. Da waren auch noch zwei Handgranaten – diese flaschenförmigen Dinger mit dem gezahnten bauchigen Teil und der
Abzugsschnur am Ende des Flaschenhalses.
    »Die haben nicht so ’ne durchschlagende Wirkung wie unsere, aber
wenn man ’ne M 67 nach Hause schmuggelt, kann man in
Leavenworth im Bunker landen, hat mir Hubcap gesagt«,
erklärte uns Dick. Er stierte traurig auf die zwei Granaten aus chinesischer
Produktion; dann hob er eine davon auf. »Ist zwar nur Schlitzaugenscheiß, aber
für euch reicht’s allemal«, meinte er. Dann zeigte er uns, wie der Warrant Officer das Ende der Granate, an dem die
Abzugsschnur sitzt, mit Klebstreifen umwickelt hatte: dann hatte Hubcap die beiden Granaten in Karton verpackt und verklebt
und die eine in seinen Rasiersachen, die andere in einem seiner Kampfstiefel
versteckt. »Dann kommen sie als ganz normales Handgepäck nach Hause«, meinte
Dick.
    Anscheinend hatte eine ganze Reihe von Jungs daran mitgewirkt, das
sowjetische Schnellfeuergewehr nach Hause zu bringen; die einzelnen Teile waren
von verschiedenen Leuten geschmuggelt worden. »So geht das«, meinte Dick weise – und nickte noch immer im Takt zu einer Melodie, die ihm wohl das Gras, das er
geraucht hatte, vorspielte. »Nach sechsundsechzig ist es schwierig geworden,
wegen dem Drogenhandel –, da haben sie angefangen, jedes Gepäckstück zu
durchsuchen«, erklärte er uns.
    Die Wände des Zimmers waren mit herabhängenden Patronengurten und
einem Sortiment Tarnanzügen und wahllos zusammengestellten Uniformteilen
dekoriert. Das Lebensziel dieses linkischen Jungen bestand allein darin, das
gesetzlich vorgeschriebene Alter für gesetzlich sanktioniertes Morden zu
erreichen.
    »Und wieso bist du

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