Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Outback

Outback

Titel: Outback
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
t zl i ch war Bob zu einem anderen Menschen geword en. Vorbei seine Schläfrigkeit - mit wachen Augen verfolgte er die Wolkenberge, kurvte mal nach links, mal nach rechts, stieg mal höher, fiel mal ab, tauchte geradezu virtuos durch den Himmel wie ein Fisch in den Korallen des Barrier Reefs.
    Nach drei Stu nden de utete Bob aus dem Fenster und behauptete , da unten läge Coocooloora. Sha ne reckte sich und konnte nicht mehr er kennen , als brau nes Land.

Andy

    Auf einmal wollte er aussteigen. Seine Mundsch l e i mhaut war trocken wie Pergament und beim Sc h lucken klebte die Zunge am Gaumen fest. Zum ersten Mal gab Andy es zu: er hatte Angst vor der wirklichen Welt. Seine Welt, das war die Lease in Queensland gewesen, die sein Vater für dreißig Jahre g epachtet hatte, ein fünfzigtausend Quadratmeter großes Stück roter Wüste. Drei Stunden Autofahrt von Quilpie, dem nächsten Ort, entfernt und tausendzweihundert von der Küste.
    Die erste Stunde fuhr man über einen geteerte Straße, die in eine staubige, holprige Piste überging. Gras wuchs nur noch in stachligen, struppigen Büscheln auf der gelblichen, lehmigen Erde. Achtzig Kilometer weiter endete die Piste an einem Gatter. Und von da an musste man den Reifenspuren vom letzten Mal folgen. Zwei Stunden Fahrt durch immer gleiche, geröllbedeckte, rotschwarze Ebenen, die immer gleiche, flache Hügel voneinander trennten. Hatte man eine Ebene durchquert begann die nächste. In Andys Fantasie verwandelten sich die toten Baumstämme auf der verkrusteten, rissigen Erde zu Saur ierskeletten, die Äste der Stämme sahen aus wie verdorrte Nervenstränge und die runden Felsbrocken wurden zu Eiern, die die Saurier gelegt hatten und aus denen jeden Mo ment ihre Jungen schlü pfen würden. Die hüfthohen, spitzen Termitenbaut en, die in den roten Ebenen emp o r wuchsen, waren Wohnburgen von Marslebewesen, und die Piste, über die sie fuhren, war die Blutspur, die ein verletzter Urelefant auf seinem Weg zu seinem Friedhof hinter sich hergezogen hatte.
    Wenn Regen oder Wind die Reifenspuren vom letzten Mal weggewischt hatten, würde sich auch der beste Pfadfinder nicht mehr sicher sein. Und wenn es regnete, verwandelte sich die Erde in einen roten Morast . Jedes Vorwärtskommen wurde unmöglich. Man blieb ganz einfa ch im klebrigen Schlamm stecken. U nd wenn man ausstieg, um weiterzulaufen, verlor man seine Schuhe.
    Gestern Morgen war diese Welt plötzlich wie ein Luftballon an einer Nadel zerplatzt. Diese Nadel war Bernie.
    Sonnenstrahlen hatten sich durch das Fliegengitter des aufgeklap pten Wohnwagenfensters gezwängt . Bald würde es im Wohnwagen so warm sein, dass man kaum noch atmen konnte. Andy tastete am Boden nach den J eans, die er am Abend dort fallen gelassen hatte, kramte aus der Hosentasche eine fast leere Schachtel Zigaretten und das Feuerzeug. Hier draußen gab es keinen Geruch – keinen Gestank – keinen Duft – und wenn sie nicht arbeiteten, auch kein Geräusch. Deshalb brauchte er unbedingt eine Zigarette. Er ließ das Feuerzeug klicken, sog den Benzingeruch ein, hörte das Knistern des verbrennenden Papiers und sah den Tabak rötlich aufglühen. Dann schlug er die löchrige Bettdecke zurück, verschränkte die Arme unter dem Kopf und spürte die Morgenluft auf seiner nackten Haut. Er blies den Rauch in die Luft, dachte an seine Mutter, wie sie stets gegen den Willen seines Vater geraucht hatte.
    Am Morgen seines elften Geburtstags hatte sie ihm einen Schokoladen kuchen gebacken. Als er dann mit seinen Freunden spielte, schlang sie auf einmal die Arme um ihn, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und sagte leise: „Ich vergesse dich nicht.“ Er wusste nicht, was sie damit meinte. Sein Vater murmelte am nächsten Tag, dass Mary mit einem Mann auf und davon sei. Nach zwei Jahren lag eine Postkarte aus Perth von ihr im Briefkasten: Sie hätte jetzt einen Hund und ein Bed & Breakfast-Hotel. Das lag jetzt vier Jahre zurück. Seitdem hatten sie nichts mehr von ihr gehört. Flucht nannte sein Vater das, Flucht vor Problemen, die sich immer im Leben stellten. Und Andy lernte, dass man nicht fliehen durfte, sondern ausharren musste, egal, was passierte.
    Auf seiner Armbanduhr war es halb si eben, sein Vater war bestimmt s c h on wach, saß wahrscheinlich schon am Tisch , trank Kaffee und wartete, dass Andy endlich kam, um mit ihm raus zur Mine zu fahren.
    Nach ein paar Zügen stand Andy auf, zog die Jeans an, wühlte ein verwaschenes T-Shirt aus dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher