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Osterfeuer (German Edition)

Osterfeuer (German Edition)

Titel: Osterfeuer (German Edition)
Autoren: Ella Danz
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ihr auch noch mitgebracht – was
für eine ausgefallene Idee! Kommt doch ’rüber zu mir und lasst euch begrüßen!«
    Außerhalb der gepflasterten Flächen
hatte sich der Hofboden von dem häufigen Regen in den letzten Wochen in rutschigen,
weichen Matsch verwandelt. Wohl oder übel hieß es ihn durchqueren, wenn man zur
Mühle wollte. Mit grimmiger Freude beobachtete Trude, wie Iris und Betty in ihren
feinen Schühchen unsicher durch den Modder stakten und dabei Rufe der Wiedersehensfreude
und des Wohlgefallens ob der wunderschönen Umgebung ausstießen. Margot hingegen
setzte sich ins Auto, fuhr damit auf die gepflasterte Fläche vor der Mühle und begrüßte
Trude als erste.
    »Also, meine Idee war es nicht,
hier uneingeladen einzufallen. Doch zugegeben fand ich es ganz reizvoll, sich nach
all den Jahren mal wieder zu sehen … denkst du nicht auch, meine Liebe?«
    Margot sagte dies ohne die Spur
von Verlegenheit oder Unsicherheit. So war sie. Schwamm in ihrer Selbstsicherheit
wie das Fettauge in der Suppe, von sich überzeugt bis an die Schmerzgrenze. Anstelle
einer Antwort deutete Trude nur ein Lächeln an und fügte sich der folgenden Umarmung
samt Luftküsschen.
    Auf den ersten Blick fand sie Margot
in ihrer äußeren Erscheinung unverändert: Die kräftige, sehr weibliche Figur, das
glatte, bis auf den dunkelroten Lippenstift wenig geschminkte Gesicht mit der äußerst
seriösen, dunkelrandigen Brille und nach wie vor die immer ungekämmt wirkende, blond
gefärbte Lockenpracht. Sie musste jetzt siebenundvierzig sein, zwei Jahre älter
als Trude. Ein bisschen voller war sie vielleicht geworden, doch das schien ihre
alte Vorliebe für figurbetonte Kleidung nicht im geringsten zu beeinträchtigen.
Das edle, hellgraue Strickkleid mit dem riesenhaften, weich fallenden Rollkragen
zeichnete jede ihrer Rundungen überdeutlich ab. Dazu der nicht eben dezente rote
Modeschmuck und die ebenfalls roten Velourslederpumps, das war die alte, unnachahmliche
Mischung aus damenhafter Strenge und schlampiger Eleganz.
    Über den Zustand ihrer Schuhe lamentierend
waren Iris und Betty inzwischen vor der Mühle angelangt. Doch als sie Trude gegenüberstanden,
strahlten ihre Gesichter sofort um die Wette.
    »Kaum zu glauben, dass es schon
wieder ein Jahr her ist, seit wir uns das letzte Mal in Berlin gesehen haben! Es
ist schön, hier zu sein, Trude!«
    Iris schien fast zu ein paar Tränchen
gerührt, tupfte sich jedenfalls unnachahmlich wohlerzogen mit den Spitzen ihrer
langen, schlanken Zeigefinger zwischen Augen und Nase. Mit der ihr eigenen formellen
Höflichkeit, hinter der Trude herzliche Zuneigung ahnte, die Iris aber nie offen
zeigte, wollte sie Trude die Hand zur Begrüßung reichen.
    »Komm, lass dich drücken!«
    Trude umarmte sie fest und hatte
wie immer bei Iris das Gefühl, ein junges Vögelchen zu berühren, so schmal und leicht
und verwundbar fühlte sich ihre dünne Freundin an, die nur etwas kleiner als sie
selbst, aber bestimmt mehr als zwanzig Kilo leichter war. Mit Sicherheit entsprach
Iris nicht irgendeinem Zeitschriftenschönheitsideal, doch Trude fand ihr Aussehen
schon immer beeindruckend: Die dunklen, mittlerweile graumelierten Haare trug sie
extrem kurz, was ihr schmales Gesicht mit den braunen Augen sehr gut zur Geltung
brachte, aber auch eine gewisse Strenge vermittelte. Wie immer trug sie Schwarz.
Hose und Jackett waren schmal geschnitten, von schlichter Eleganz und sahen teuer
aus. Trude wusste es allerdings besser. Ihre Freundin durfte sich zwar mit einem
Doktortitel schmücken, hangelte sich aber seit Jahren von einem unbedeutenden Lehrauftrag
zum andern. In dem von Karrieristen, Intriganten und Blendern beherrschten Unibetrieb
konnte sie in ihrer vornehm zurückhaltenden Redlichkeit mit ihrem altmodischen Pflichtgefühl
keine Sprosse auf der Leiter nach oben erklimmen. Ein gewisser Stolz und die Angst
vor geistiger Leere hinderten Iris jedoch daran, sich einen Brotjob, in welcher
Branche auch immer, zu suchen. Ähnliches war wohl auch der Grund, dass Iris schon
lange keine feste Beziehung mehr hatte. Mit Leib und Seele hatte sie sich der Literaturwissenschaft
verschrieben. Trude wusste, dass sie nur dank eiserner Disziplin mit ihrem geringen
Einkommen überleben konnte und es war wahrhaft bewundernswert, wie sie trotzdem
nur perfekt gekleidet auftrat, meist darauf bestand, Restaurantrechnungen selbst
zu bezahlen, und stets eine nette Kleinigkeit als Gastgeschenk dabei hatte.
    Wie immer sträubte
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