Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
bezahlen«, sagte sie. »Tatsächlich? Wieviel?« »Oh wenn's ums tägliche Brot geht - ein halbes.« »Ich bin ein ganzes wert.« Julie erwiderte: »Wenn's darum geht, bist du ein ganzes
    Brot, zwei Croissants und ein Muff in wert.«
    Sie hatte eine angenehme, kehlige und insgesamt sexy Stimme. Er liebte es, ihr zuzuhören. Ganz besonders durch Kopfhörer. Denn da hatte er immer das Gefühl, ein Engel flüstere ihm etwas ins Ohr. Sie wäre eine phantastische Big-Band-Sängerin gewesen, wenn es sie in den Dreißigern und Vierzigern schon gegeben hätte -und wenn sie in der Lage gewesen wäre, einen Ton zu halten. Sie war eine großartige Swing-Tänzerin, aber singen konnte sie nicht für fünf Pfennig. Wenn sie in Stimmung war und bei den alten Aufnahmen von Margaret Whiting, den Andrews Sisters, Rosemary Clooney oder Marion Hutton mitsang, mußte Bobby aus Respekt vor der Musik jedesmal das Zimmer verlassen.
    »Was macht Rasmussen?« fragte sie.
    Bobby schaute auf den zweiten Bildschirm zu seiner Linken, der mit den internen Sicherheitskameras bei Decodyne verbunden war. Rasmussen glaubte, er hätte die Kameras ausgetrickst und fühlte sich unbeobachtet. Doch sie hatten ihn während der letzten Wochen Nacht für Nacht beobachtet und jede seiner verbrecherischen Handlungen auf Videoband aufgezeichnet.
    »Der alte Tom ist immer noch am Terminal in George Ackroyds Büro.«
    Ackroyd war der Projektleiter für Whizard. Bobby schaute auf den anderen Bildschirm, der ihm zeigte, was Rasmussen auf Ackroyds Computerschirm sehen konnte. »Er hat eben die letzte Whizard-Datei auf Diskette kopiert.«
    Rasmussen schaltete das Terminal in Ackroyds Büro aus.
    Der daran angeschlossene Monitor vor Bobby wurde im selben Augenblick schwarz. »Er ist fertig. Jetzt hat er alle«, erklärte Bobby. »Der erbärmliche Wurm. Er muß sich sehr clever vorkom men«, erwiderte Julie.
    Bobby wandte sich wieder dem linken Bildschirm zu, beugte sich vor und beobachtete das Schwarzweißbild von Rasmussen an Ackroyds Terminal. »Ich glaube, er grinst.«
    »Wir werden schon dafür sorgen, daß ihm das Grinsen vergeht.«
    »Mal sehen, was er jetzt macht. Wie war's mit 'ner Wette? Wird er drinbleiben, bis seine Schicht vorbei ist und morgens normal gehen - oder gleich abhauen?«
    »Gleich«, sagte Julie wie aus der Pistole geschossen. »Oder zumindest bald. Er wird's nicht riskieren, mit den Disketten geschnappt zu werden. Er wird gehen, solange niemand sonst da ist.«
    »Keine Wette. Ich denke, du hast recht.«
    Das Bild auf dem Monitor flimmerte, rollte, aber Rasmussen rührte sich nicht weg aus Ackroyds Stuhl. Im Gegenteil  - er ließ sich zurückfallen, als sei er völlig erschöpft. Er gähnte und rieb sich die Augen mit den Handballen. »Er scheint sich auszuruhen und neue Energie zu tanken«, sagte Bobby.
    »Wir sollten uns noch ein Lied reinziehen, bis sich was tut.«
    »Gute Idee.« Er gab dem CD-Player das Startsignal -»Musik Anfang« -und wurde mit Glenn Millers »In the Mood« belohnt.
    Auf dem Monitor konnte er sehen, wie Tom Rasmussen aus dem Stuhl in Ackroyds schwach erleuchtetem Büro aufstand. Wieder gähnte er, streckte sich, durchquerte dann den Raum und schlenderte zu den großen Fenstern, die auf den Michaelson Drive hinausgingen. Das war die Straße, in der Bobby parkte.
    Wenn Bobby aus dem Gepäckraum des Kleinbusses in die Fahrerkabine vorgerutscht wäre, hätte er Rasmussens Silhouette möglicherweise dort oben an dem Fenster im zweiten Stock gesehen und im Licht von Ackroyds Schreibtischlampe erkennen können, wie er in die Nacht hinausstarrte. Er blieb jedoch, wo er war, und gab sich mit dem Bild auf dem Monitor zufrieden.
    Millers Band spielte das berühmte »In the Mood«-Motiv wieder und wieder. Es verklang allmählich, war fast völlig verklungen, aber dann kehrte es mit voller Wucht zurück, der gesamte Zyklus wiederholte sich noch einmal.
    Rasmussen, in Ackroyds Büro, wandte sich endlich vomFenster ab und schaute hinauf zu der Überwachungskamera, die ziemlich weit oben an der Wand befestigt war. Er schien direkt in Bobbys Augen zu starren, als wisse er, daß er beobachtet wurde. Er ging ein paar Schritte näher auf die Kamera zu und lächelte.
    »Musik Ende«, sagte Bobby. Die Miller-Band schwieg augenblicklich. Zu Julie sagte er: »Da geht irgend etwas Seltsames ...«
    »Ärger?«
    Rasmussen blieb direkt unter der Überwachungskamera stehen und grinste immer noch zu ihr hinauf. Dann nahm er aus der Tasche seines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher