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Orks vs. Zwerge

Orks vs. Zwerge

Titel: Orks vs. Zwerge
Autoren: T.S. Orgel
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einem schmutzigen Bachlauf.
    Benommen wälzte er sich herum und blieb auf dem Rücken liegen. Direkt über seinem Kopf schwang sich ein großer Vogel aus dem Geäst in die Lüfte und verschwand mit leisem Flügelschlag in die Nacht.
    L autlos glitt der Vogel davon. Seine breiten Schwingen hoben ihn hoch hinaus über den Nebel, der dicht über dem sumpfigen Boden klebte und dürre Bäume, zertrampelte Gärten und zerbrochene Zäune verbarg. Die grauen Schwaden verhüllten zwei ineinander verbissene Heere, dämpften das Brüllen der Kämpfenden, die Geräu sche von Stahl auf Stahl, von Stahl auf Holz, Leder, Fleisch und Knochen, das Schreien und Wimmern der Verwundeten – all die hässlichen Geräusche des Schlachtfelds.
    Die Krieger der Orks nannten ihn Totenvogel. Sie bezeichneten auch Krähen und Raben als Totenvögel, weil diese von Tod und Aas angezogen wurden. Tod und Aas gab es in der Welt der Stämme so regelmäßig wie wiederkehrende Jahreszeiten. Diesen Vogel hier jedoch nannten sie so, weil er in der Nacht flog, lautlos, wie die Geister der Welt, weil er bleich war, wie das Gesicht eines Toten, und weil sein Schrei selbst die mächtigsten Krieger erschauern ließ. Er begleitete, so hieß es, die Geister der Gefallenen zu den Ahnen. Wenn das tatsächlich der Fall war, hatte er heute Nacht viel zu tun.
    Die Menschen bezeichneten ihn als Bewahrer der Weisheit und Weissagung. Ein Vogel, dessen Blick auch die tiefste Dunkelheit durchdringen konnte, wo das menschliche Auge blind in die Finsternis starrte, erschien ihnen als würdiges Symbol für das Streben nach Wissen und Erkenntnis.
    Die Zwerge nannten ihn Eule. Nützlich bei der Beseitigung von Nagetieren auf den Feldern und in den Kornspeichern der Stadt und deshalb ein willkommener Gast hinter ihren Mauern.
    In dieser Nacht war die Jagd nicht erfolgreich.
    Die ehemals reichen Gärten im Norden und Osten Deroks lagen in Trümmern und wimmelten von Orks, die auf die Mauern der Zwergenstadt zuströmten. Schwarze, rauchende Flächen schwelten dort, wo sich noch vor wenigen Tagen erntereife Felder bis zum Fuß der nahen Berge erstreckt hatten. Dort am Horizont glommen jetzt die Feuer eines gewaltigen Heerlagers, aus dem immer neue Wellen von Orkkriegern kamen. Die Eule hatte keine Vorstellung von Zahlen, doch die Scharen der Angreifer waren größer, als es sich jeder der Bewohner hätte vorstellen können. Tausende Krieger schwärmten über die verwüsteten Ebenen vor den Toren, und noch mehr standen hinter ihnen bereit, um in die Stadt einzufallen, sobald eine Bresche geschlagen worden war. Und das würde nicht mehr lange dauern.
    Ein loderndes Geschoss stieg von einem der Stadttürme auf und kreuzte die Flugbahn des Vogels. Mit einem unwirschen Schrei wich er aus und schraubte sich höher in die Nacht. Weit im Westen klebte der Nebel dichter über dem sumpfigen Land unterhalb der Stadtmauern, die das Viertel der Menschen umgaben. Doch auch dort krochen Orks durch die kalten Schwaden und vertrieben die Beute des Jägers in ihre Verstecke.
    Der Vogel stieg noch höher und glitt über die brennende Mauer hinweg über den Ostteil der Stadt. In den tiefen Schluchten zwischen den Häusern hasteten Trupps schwer gepanzerter Zwerge in Richtung der Verteidigungsanlagen. Hoch beladene Wagen und Karren rumpelten in die Gegenrichtung davon. Nach Süden, wo der nahe Fluss die Stadt durchschnitt. Einem kalten Leichentuch gleich verdeckten die feuchten Schwaden die meisten der prächtigen Häuser und Straßen. Nur in der Mitte der Stadt, wo auf einem felsigen Hügel die ältesten Gebäude standen, ragten einzelne Dächer aus der zornig orangerot glimmenden Nebelsee. Doch auch dorthin flog er heute Nacht nicht. Die großen Kornspeicher Deroks, die das felsige Ufer des Flusses säumten, waren geleert. Im flussabwärts liegenden Hafen herrschte fieberhafte Geschäftigkeit, und die Ratten hatten sich beunruhigt in ihre Löcher verzogen. Weitere Geschosse fauchten durch die Nacht nach Norden und Osten in die Wellen der Angreifer, und die Eule drehte ab, um in Richtung Süden über den Fluss zu fliegen. Sie war nicht, wie die fliehenden Zwerge und Menschen unter ihr, auf eine der drei Brücken angewiesen, die den eisigen Fluss überspannten. Doch ihr Ziel war dasselbe: die Ruhe und Sicherheit des Südufers und der Festung Deroks, die auf einem Felsen hoch über der Schlucht thronte. Die Feste ragte aus dem Nebel wie eine einsame, zerklüftete Insel. Sie war in dieser Nacht hell
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