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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben
Autoren: Emma Flint
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benimmt.«
    Das stimmte natürlich kein bisschen, aber mir blieb keine andere Wahl. Ich schloss die Haustür auf. Wir schleppten den Sessel hinein, lösten die Plastikfolie und stellten ihn exakt auf die Stelle, an der der Teppich eingesunken war.
    »Hey«, sagte mein Vater. »Sieh mal einer an. Was für hässliche Dinger!« Er zeigte auf die Katzenskulpturen und tat so, als ob er danach treten wollte. Mir rutschte fast das Herz in die Hose.
    »Wehe!«, kreischte ich.
    »Reingelegt«, lachte er.
    »Das ist überhaupt nicht witzig«, tadelte ich, drückte ihm die Plastikfolie in die Hand und schob ihn aus dem Haus. Erst als er den Bus sicher aus der Einfahrt gefahren hatte, ohne noch im letzten Moment irgendeinen Blumenkübel umzunieten, atmete ich auf.
    Ich war gerade im Begriff, die Tür zu schließen, da sah ich ein Taxi kommen. Mein Chef war im Anmarsch! Hektisch rannte ich in die Küche, holte eine Vase hervor, steckte die Blumen hinein, atmete tief durch, dann ging ich zur Tür und öffnete.
    »Nanu«, stutzte mein Chef, den Schlüssel in der Hand. »Was machen Sie denn hier?«
    Er hatte ein bisschen Farbe bekommen. Jutta Höveler dagegen hatte sich ihren vornehmen Teint bewahrt, vermutlich auch dank des Inhalts ihres großen Schminkkoffers, den sie in der Hand hielt.
    »Ich, äh – habe mir erlaubt, Ihnen zur Begrüßung ein paar frische Blumen zu bringen«, sagte ich verlegen und hielt ihnen die Tür auf. Ich fühlte mich schon wieder wie das Dienstmädchen, das die Gutsherren bei der Heimkehr von einer Kutschfahrt begrüßte.
    »Aha«, machte er und ging an mir vorbei.
    Seine Frau drückte mir im Vorbeigehen ihr Beautycase in die Hand. »Bringen Sie den rauf, ja?«
    Ich war so perplex über ihre Unverschämtheit, dass ich aus Reflex zugriff. Doch dann wurde mir klar, was passiert war, und ich sagte freundlich: »Das werde ich auf gar keinen Fall tun.« Ich hielt ihr den kleinen Koffer hin.
    Sie betrachtete erst ihn, dann mich mit deutlichem Missfallen.
    »Los, Jutta, nun mach es eben selbst«, herrschte ihr Mann sie aus dem Flur an.
    Sie nahm ihre Tasche und stolzierte eingeschnappt von dannen. In dem Moment rief Zacharias Höveler entsetzt aus dem Wohnzimmer: »Was ist denn das, in Gottes Namen?«
    Mist. Ich musste irgendetwas übersehen haben. Irgendeine Kleinigkeit hatte mich verraten.

32
    »Jutta, sieh doch nur, was passiert ist«, rief Höveler.
    »Das gibt es doch gar nicht«, sagte seine Frau gleichermaßen bestürzt.
    Ich stand immer noch wie angewurzelt im Flur.
    »Moni? Nun kommen Sie endlich her!«
    Langsam schritt ich ins Wohnzimmer. Meine Sneakers quietschten auf dem Marmorboden. Höveler stand vor dem Fenster und starrte hinaus.
    »Was gibt es denn?«, fragte ich so harmlos wie möglich. Höveler riss die Terrassentür auf und trat hinaus. Oh Gott. Der bepinkelte Bonsai. Er war bestimmt elendig krepiert. Schuldbewusst schlich ich ihm hinterher.
    »Da! Sehen Sie das!« Höveler und zeigte auf die vierzig Jahre alte Bonsai-Lärche. Ich traute meinen Augen kaum.
    »Sie schlägt neu aus! Das hat sie seit Jahren nicht gemacht!« Er zeigte auf die hellgrünen Triebe. »Jutta! Ist das nicht toll?«
    Auch Jutta Höveler zeigte den Anflug eines Lächelns. »Dann können wir nächstes Jahr ja wieder in den Urlaub fahren.«
    »Ach, Urlaub. Was für eine Zeitverschwendung«, murmelte er und betrachtete beglückt den Bonsai. Seine Frau seufzte und ging wieder hinein.
    »Was haben Sie nur gemacht?«, fragte Höveler und strich vorsichtig über die hellgrünen Nadeln.
    »Nichts Besonderes«, sagte ich. »Liegt sicher am guten Wetter.«
    »Mmmhhh.« Höveler beugte sich hinunter zu der Pflanze und schnupperte. »Wonach riecht es denn …?«
    Jetzt würde er es merken. Oh nein! »Herr Höveler, ich muss Ihnen etwas beichten«, platzte ich dazwischen.
    »Aha«, sagte er abgelenkt.
    »Puff-Louie …«, fing ich an.
    Höveler richtete sich auf und sah mich scharf an. »Was hat dieser Verrückte gemacht?«
    »Er … Er war tatsächlich hier.«
    »Also hatte Frau Kießling doch recht!« Höveler stützte die Hände kampfbereit in die Hüfte. »Ich zeige diesen Kerl wegen Hausfriedensbruch an!«
    »Tun Sie das bitte nicht«, bat ich.
    »Warum das denn nicht?«
    »Ich … Ich habe ihn hereingelassen.«
    »Was? Warum sollten Sie denn so was Idiotisches tun?«
    Ich seufzte. »Er ist mein Vater.«
    Seine frisch entspannte Stirn legte sich in Falten. »Wie bitte?«
    »Ja. Er ist mein Vater. Und ich habe meine Eltern in
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