Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus
Autoren: L Riley
Vom Netzwerk:
Foyer betrat, reichte ihr ein hübsches Thaimädchen eine Jasmingirlande. »Willkommen im Oriental Hotel, Miss Forrester. Ich bringe Sie zu Ihrem Zimmer.«
    Julia bedankte sich und bewunderte das elegante Foyer mit seinem prächtigen Orchideenarrangement und den riesigen chinesischen Laternen an der hohen Decke.
    In ihrem Zimmer öffnete Julia die Tür zum Balkon, um den majestätischen Fluss zu bewundern, der sich endlos in beide Richtungen zu erstrecken schien. Darauf schaukelten Boote in allen Formen und Größen, und es drang nie nachlassender Lärm herauf.
    Julia ließ sich einen Kaffee aufs Zimmer bringen und machte es sich auf dem Balkon bequem, wo sie die Atmosphäre genoss. Sie mochte die Wärme und ertrug auch das schwülste Wetter.
    Als sie sich ein wenig nach links beugte, stellte sie fest, dass das Oriental eine kleine Oase der Ruhe inmitten seiner prunkvolleren Hotelnachbarn darstellte. Der älteste Teil des Komplexes, den wohl ihr Großvater gekannt hatte, hieß, das entnahm sie den Angaben über das Haus, die sie gerade durchblätterte, nun Authors Lounge. Er befand sich direkt am Fluss, etwa hundert Meter von ihr entfernt, jenseits der gepflegten tropischen Gärten und des Swimmingpools. Seine hübsche Fassade im Kolonialstil wirkte winzig im Vergleich zu den hohen Gebäuden rundherum, doch Julia konnte sie sich zu Harrys Zeit vorstellen, als Holzschuppen auf Pfählen.
    Gähnend holte Julia die Adresse aus ihrer Handtasche, die Elsie ihr gegeben hatte. Bevor sie die letzte Etappe ihrer Reise in die Vergangenheit anging, musste sie schlafen, um einen klaren Kopf zu bekommen.

     
    Julia schlief deutlich länger, als sie vorgehabt hatte, und wachte benommen um Viertel vor fünf auf. Sie setzte sich mit einem Glas kaltem Weißwein auf den Balkon und verfolgte, wie die Nacht in Bangkok hereinbrach. Unter ihr schmückten blinkende weiße Lichter die Bäume auf der Terrasse, die bereits von Menschen, die zu Abend essen wollten, wimmelte. Bei ihrem Anblick spürte Julia, dass sie Hunger hatte. Sie fuhr mit dem Aufzug hinunter ins Foyer, freute sich darüber, dass der Liftboy sie schon mit ihrem Namen ansprach, und ging an die Rezeption.
    »Madam, kann ich Ihnen helfen?«, fragte ein hübsches Thaimädchen sie lächelnd.
    »Ja.« Julia reichte ihr den Zettel mit der Adresse. »Würden Sie mir einen Wagen besorgen, der mich dorthin bringt?«
    »Natürlich. Das ist nicht weit weg. Soll ich den Wagen gleich bestellen?«
    »Nein, bitte für morgen um elf.«
    »Gerne, Madam. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
    »Nein danke.« Julia durchquerte das Foyer, um kurz dem Streichquartett zu lauschen, das in einer Ecke Schubert spielte.
    Dann ließ sie sich zu einem von Kerzen erhellten Tisch mit direktem Blick auf den Fluss am anderen Ende der Terrasse geleiten, wo sie ein weiteres Glas Wein und grünes Curry bestellte. Sie beobachtete die elegant gekleideten Gäste, lauschte dem leisen Tuckern der Boote auf dem Fluss und wurde plötzlich ganz ruhig.
    Selbst wenn es ihr nicht gelang, ihre Großmutter aufzuspüren, oder wenn sie herausfand, dass sie tot war, wie Elsie vermutete, hatte diese Reise ihren Sinn. Umsorgt von freundlichem Personal, fühlte Julia sich in der friedlichen Atmosphäre dieses ganz besonderen Ortes, an dem ihre Geschichte begonnen hatte, wie in einem Kokon.

     
    Zu ihrer Überraschung schlief Julia die Nacht durch, ohne eine der Schlaftabletten geschluckt zu haben, die sie immer gegen den Jetlag mit sich führte. Am Morgen nahm sie ein Frühstück aus Mango und Papaya zu sich und trank starken Kaffee dazu. Um fünf vor elf wurde sie aus dem Foyer zu der wartenden Limousine gebracht.
    Der Fahrer drehte sich mit einem Lächeln zu ihr um. »Das ist eine Privatadresse, ja?« Er deutete auf den Zettel.
    »Ich glaube schon.«
    »Okay, Madam.«
    Julia hätte Lidia gern telefonisch vorgewarnt, kannte aber ihren Nachnamen nicht. Elsie hatte die Fotos immer an »Lidia« geschickt.
    »Hältst du das wirklich für eine gute Idee?«, war Elsies erste Reaktion gewesen, als Julia sie von Paris aus angerufen und ihr gesagt hatte, dass sie nach Thailand fliegen wolle, um ihre echte Großmutter zu suchen. »Weiter in der Vergangenheit zu wühlen, wenn du dich mit der Zukunft beschäftigen solltest?«
    Vielleicht, dachte Julia, hatte Elsie recht, vielleicht musste sie aber auch zu ihren Wurzeln zurückkehren, bevor sie sich weiterentwickeln konnte.
    Der Wagen schlängelte sich durch die Straßen von Bangkok.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher