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Oracoli (German Edition)

Oracoli (German Edition)

Titel: Oracoli (German Edition)
Autoren: Thomas Becks
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bemerkte und Cora nicht helfen konnte. Seine Rente, die regelmäßig auf seinem Post-Girokonto eingezahlt wurde, war sehr mager. Ludwigs Schwester, mit der er aus der Entfernung besser klar kam, und bei der er auch noch offiziell wohnte, überwies ihm monatlich noch 150 Euro auf sein Konto. Aber das alles reichte gerade mal zum Leben. Diese Frau nahm ihn auf und schenkte ihm Vertrauen, und er musste hilflos mit ansehen, wie sie litt.
       Und nun erzählte sie ihm von einem Tresor, der angeblich unknackbar war. Da musste er innerlich lachen. So einen Tresor hat es nie und nimmer gegeben. Ihm war klar, was Cora wollte. Sie sagte es nicht gerade heraus, klar, sie war ja auch keine Gaunerin. Sie verlangte auch nichts von Ludwig, auch klar, dafür war sie viel zu anständig und gut. Sie redete um den heißen Brei herum, kurz, sie wollte, dass er den Tresor öffnen sollte. …
    Oder hatte er sie überredet? Später konnte sich keiner der beiden daran erinnern, wer wen überredete. Klar war nur: Er brannte darauf, ihr endlich helfen zu dürfen, und nach der dritten Flasche Wein war es eine beschlossene Sache, dass sie bei Stark Foods einsteigen würden, um den Tresor leer zu räumen.
    Er öffnete die vierte Flasche Wein und goss die Gläser voll. »Ich brauche das Fabrikat, Cora«, lallte er »Das besorge ich Ihnen morgen, Ludwig, Prost«, sagte Cora beschwipst. »Prost, auf den Unknackbaren«, sagte Ludwig. Dann stießen sie ihre Gläser zusammen.
     
       Am Donnerstagabend klopfte es an Ludwigs Tür, er öffnete sie und Cora stand vor ihm. Sie guckte nicht gerade glücklich. »Kommen Sie doch rein«, bat er sie. »Ich koche mir gerade einen Tee, Cora, mögen Sie auch einen?«
       »Ja, gerne«, sagte sie, und setzte sich auf den Stuhl, den er ihr nach hinten zog. Er stellte die Eieruhr, nahm die Zeitung mit dem angefangenen Rätsel vom Tisch und setzte sich zu ihr. »Meinten Sie das gestern Ernst?«, begann sie. »Das mit dem Safe, meine ich.«
       »Natürlich meinte ich es Ernst. Sie müssen da nicht mitmachen, Cora, ich mache das Ding auch alleine. Ich sagte Ihnen schon gestern, dass ich Sie nicht so gerne dabei haben möchte. Sie haben noch nichts auf dem Kerbholz und das sollte auch so bleiben.«
       »Nein, das kommt gar nicht in die Tüte, Ludwig, ich bin natürlich dabei, ich kenne mich da schließlich aus«, sagte sie empört. »Das Ding heißt übrigens Stahlknecht 59.«
       »Der Unknackbare«, kam es blitzschnell aus ihm heraus. Er schaute Cora hilflos an. »Also können wir's vergessen«, sagte Cora enttäuscht. »Warten Sie, ich muss nachdenken.« Er kniff die Augen zusammen und massierte seine Schläfen. Woher kenne ich nur diesen Tresor, überlegte er. Verdammt, ist das lange her, das waren so viele Schränke … Er marterte sein Gehirn. Nach dem Krieg fing alles an, das mit den Einbrüchen, da musste er anfangen … Krieg? Russenpanzer? Da war doch was mit einem Russenpanzer. »Der T-34!«, sagte er plötzlich. »Der Tee was?«
    »Herzlichen Glückwunsch, Cora«, sagte er. »Wieso?« Er versuchte sich zu erinnern und dann fiel ihm wieder alles ein: »Wissen Sie, Cora, in meiner schönsten Zeit als Schränker, das war so Mitte der 50er bis Mitte der 60er Jahre, da tauchte er plötzlich auf, der Stahlknecht 59. Er wurde von der Firma Stahlknecht & Söhne gebaut, er galt tatsächlich als unknackbar. Einige Kumpel von mir bissen sich daran die Zähne aus, aber das Ding ließ sich einfach nicht öffnen. Dann versuchte es einer mit Gewalt und wir Schränker gaben dem Tresor einen Spitznamen: Wir nannten ihn den T-34, nach dem russischen Panzer, weil …« Die Eieruhr klingelte und er stand auf, um den Tee einzugießen. Nachdem er zwei große Tassen mit wohlriechendem Kräutertee auf den Tisch stellte, setzte er sich wieder hin. »Warum hieß er T-34?«, fragte Cora ungeduldig. »Weil man den nur mit 'ner Panzerfaust öffnen konnte.«
       »Aber wo kriegt man heutzutage noch eine Panzerfaust her, Ludwig?«, fragte sie resigniert.
       »Wir brauchen keine Panzerfaust«, sagte Ludwig und Coras Miene hellte sich wieder auf. »Der hat 'ne Schwachstelle.«
       »Eine Schwachstelle?«, echote sie.
       »Nun, später hat sich Schieber, ein Kumpel von mir, den Bauplan des Tresors organisiert und siehe da, am Boden befand sich die Klimaanlage für Zigarren.« Ludwig machte eine Pause, drehte sich eine Zigarette und steckte sie an. Er nahm einen kräftigen Zug, blies den Rauch aus und trank einen
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