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Oracoli (German Edition)

Oracoli (German Edition)

Titel: Oracoli (German Edition)
Autoren: Thomas Becks
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wusste sofort, was ihm fehlte. »Ich mache mir Spaghetti, möchtest Du auch welche?«
       »Ja bitte, mit Zucker, Butter und Ketchup.«
       »Ist okay, Ingo, Du wirst immer fetter … aber okay.«
       »Immer fetter?«
       »Ja Ingo, durch Deine Kifferei wirst Du immer fetter, ist doch klar.« Ingo griff in seine Fettrolle am Bauch. »Du hast recht, große Schwester, ich werde' immer dicker.«
       »Mach wieder Sport, Ingo.«
       »Ja, ja, ist ja gut.« Ingo wollte sich selber ablenken und fing wieder mit seiner Mutter an: »Ich mache mir wirklich Sorgen um Mutti, wenn die einer überfällt, was macht sie dann, Frauke?«
      »Ach, mach Dir keine Sorgen, sie fährt jetzt schon … fast ein Jahr Taxi. Bis jetzt hatte sie keinen Ärger … und wenn … ach, Mama kann sich wehren. Bestimmt.«
     
       Als Cora die Ruhrnachrichten von vorne bis hinten mit Sportteil und Todesanzeigen durchgelesen hatte, nahm sie sich die Sudokus vor und schlief darüber ein. Sie träumte gerade von Geld und einem sorgenfreien Leben, als sie durch das Hupen des Hintermannes geweckt wurde. Sie musste ihren Wagen fünf Meter vorfahren und war nun Zehnte am Taxistand des Dortmunder Hauptbahnhofes. Cora schaute auf ihre Uhr, es war Viertel nach zwölf.
    Mist, der nächste Zug, der eventuell Fahrgäste bringen würde, kommt erst um 1 Uhr 20, wusste sie. Sie raffte sich auf und goss sich einen Kaffee ein. Nun fing das Grübeln an: Über ihren Job als Sekretärin bei Stark Foods. Über ihre Schulden … Nein, sie wollte nicht grübeln. Sie drückte die Funktaste und wartete zwei Sekunden, ehe sie sprach …
     
       Ingo aß die restlichen Nudeln aus dem Topf, den ihm seine Schwester großzügig überlassen hatte. Sein Gesicht war voller Ketchup. »Kann sie denn in ihrer Firma keine Überstunden machen?«
       »Nerv mich nicht, Ingo, Mama macht bei Stark nicht so viele Stunden. Ihr Chef gibt ihr einfach nicht mehr Stunden. Mein Gott, ich hab' keine Ahnung … geh' ins Bett.«
     
    Düdelütt … »Paul?«
       »Ja, Cora, ich höre Dich«, kam die Stimme des Funkers aus dem Lautsprecher. »Gib mir 'ne Fahrt, bitte«, quengelte sie. »Wenn das Telefon heute noch mal klingeln sollte, denk' ich an Dich«, antwortete Paul.
    Dann wurde es lebhaft im Äther. »Geht das hier nach Schönheit?«, meckerte
    ein Fahrer. »Paul, ich will auch 'ne Fahrt«, flehte ein anderer. »Paul, ich auch bitte.«… Nach und nach meldeten sich fast alle Fahrer, die in dieser langweiligen Sonntagnacht unter derselben Funkfrequenz herumstanden, wie Cora. Zehn Minuten vergingen, bis Paul sich wieder meldete.
       »Wagen 15!«
       »Ja?«, sagte Cora hoffnungsvoll. »Ja, dann gib mal Gas und fahr' zur Villa Amor.«
       »Danke, Paul.«
    Cora drehte daraufhin den Funk leiser, um das Gezeter der Kollegen nicht hören zu müssen. Sie zog sich ihre Sandalen an, startete den Wagen und konnte endlich diesen Bahnhof verlassen. Sie ließ die Scheiben unten und genoss den warmen Fahrtwind mit seinen unterschiedlichen Gerüchen.    
       Cora machte es Spaß, nachts über Dortmunds leere Straßen zu fahren. Es war ihr aber ein besonderes Vergnügen, die Villa Amor anfahren zu dürfen. Der Saunaklub war wegen der 15 bildhübschen Mädchen, die ständig mit anderen bildhübschen Mädchen aus Düsseldorf oder Frankfurt ausgewechselt wurden, im gesamten Ruhrgebiet bekannt. Der Klub war sehr nobel. Für die Taxifahrer war die Villa wegen der lukrativen Fahrten, die sie dort oft bekamen, sehr begehrt. Dort verkehrten Männer mit Geld, die die Fahrer nicht selten mit üppigen Trinkgeldern verwöhnten. Man hätte denken können, dass diese Freigiebigkeit aus einem schlechten Gewissen resultierte, vielleicht wollten sie sich auch die Verschwiegenheit der Taxifahrer erkaufen.
    Als sie auf den großen Parkplatz des Etablissements fuhr, wurde Coras Taxi in rotes Licht getaucht. Sie parkte das Fahrzeug direkt vor dem Haupteingang. 
    Cora stand vor der Gittertür, hinter der noch ein zirka zwei Meter langer Weg zur eigentlichen Tür des Klubs führte, und drückte die Klingel. Kurz darauf öffnete eine nackte Blondine die Tür, sie erkannte Cora als Taxifahrerin. »Hallo, ich schick' Dir den Gast 'raus«, sagte sie. »Alles klar, ist bei Euch auch alles tot?«, wollte Cora wissen, aber da stand schon der Mann neben der Hure und gab ihr einen Kuss zum Abschied. Cora wäre bald in Ohnmacht gefallen, als sie den Gast erkannte. ›Verdammte Scheiße‹, dachte sie, ›ich
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