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Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Titel: Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
Autoren: Veronika Bicker
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wahrnehmen konnte.
    Rica.
    Eliza konnte sie spüren. In der nächsten Sekunde war sie wieder auf den Füßen und rannte den Steg entlang zurück. Ihre Füße dröhnten über das Holz, der ganze Steg schien unter ihr zu beben. Und obwohl sie so schnell lief, schien es Ewigkeiten zu dauern, bis sie am Bootshaus angekommen war. Einen Augenblick lang zog Eliza in Betracht, um das Haus herumzulaufen und sich zwischen den Torflügeln hindurchzuquetschen, aber dann dauerte ihr das doch zu lange. Kurzerhand ließ sie sich auf den Steg sinken, und ohne ihre Kleider auszuziehen, sprang sie ins Wasser. Zum zweiten Mal an diesem Tag schlug die eisige Kälte über ihr zusammen. Ihre Kleider fühlten sich an wie nasse, klamme Hände, die versuchten, sie hinabzuziehen. Eliza kämpfte sich wieder an die Oberfläche und schwamm mit tiefen Zügen ins Dunkel hinein.
    Zuerst glaubte sie, sie müsse sich geirrt haben. Es war still im Bootshaus, nur das Wasser klatschte leise gegen den Rumpf des Bootes. Im Dämmerlicht war nichts zu erkennen außer dem riesigen, schattenhaften Boot neben ihr. Halb schwamm, halb tastete sich Eliza am Rumpf entlang weiter nach innen. Über ihr hob sich dunkel vor einem nur wenig helleren Untergrund ein weiterer Steg ab, und vor sich konnte Eliza jetzt auch das Tageslicht durch den Torspalt schimmern sehen.
    Das Wasser wurde flacher, bald schon konnte sie stehen. Erschöpft, aber zu allem entschlossen, watete Eliza auf den Eingang des Bootshauses zu.
    Beinah wäre sie über Rica gestürzt. Gerade noch rechtzeitig konnte Eliza den Fuß zurückziehen. Sie hatte den dunklen Umriss vor sich am Boden erst überhaupt nicht bemerkt, so still lag er.
    »Rica!« Sie ließ sich auf die Knie sinken. Fieberhaft flogen ihre Finger über den leblosen Arm, tasteten nach dem Handgelenk, suchten nach einem Puls. Ihr eigenes Herz schien stehen zu bleiben, denn unter Ricas kalter, klammer Haut war nichts zu spüren.
    Eliza holte tief Luft, schloss die Augen und konzentrierte sich noch einmal. Wieder tastete sie mit den Fingern, fühlte genau nach, wartete, zählte die Sekunden.
    Ein schwaches Pochen. Eliza hätte vor Erleichterung fast zu weinen begonnen. Jetzt musste sie nur noch dafür sorgen, dass das so blieb. Eliza kramte in ihrer Hosentasche nach dem Handy und hoffte, dass es trotz des Bades vielleicht noch nicht ganz seinen Geist aufgegeben hatte.
    * * *
    In ihrem Kopf war eine ganze Kompanie von Bauarbeitern mit ihren Presslufthämmern unterwegs. Rica konnte das Blut in ihren Schläfen hämmern spüren. Sie blinzelte. Ihre Lider schienen unendlich schwer zu sein. Es war dämmerig, ein fahler, grauer Schein kam von irgendwo und beleuchtete eine dunkle Gestalt, die neben ihr kauerte.
    Sie sind zurück! Rica fuhr zusammen und versuchte, sich herumzuwerfen, aber ihr Körper wollte ihr nicht recht gehorchen. Mit einem hörbaren Klatschen fiel sie zurück auf den Rücken.
    Wasser. Ich liege im flachen Wasser.
    »Rica! Du bist wach!« Die Gestalt beugte sich über sie. Lange, nasse Strähnen fielen Rica ins Gesicht.
    »Lass das, ich werde ja ganz nass«, murmelte sie.
    »Rica!« Eliza packte sie kräftig an den Schultern.
    »Ich bin wach«, erwiderte sie. »Du kannst mich jetzt loslassen.«
    Eliza tat nichts dergleichen. Rica fühlte, wie sie hochgezogen wurde, bis sie einigermaßen aufrecht saß. Sie kämpfte eine Welle von Übelkeit nieder, die in ihr aufsteigen wollte. Die Bauarbeiter mit den Presslufthämmern übten jetzt offensichtlich zusätzlich eine Steppnummer ein. Eine Sekunde lang tanzten gelbe und rote Kreise durch ihr Blickfeld, doch dann bemerkte sie zu ihrer eigenen Überraschung, dass die Schmerzen ein wenig abebbten. Sie wagte es, den Kopf zu drehen und Eliza anzusehen.
    Ihre Freundin war vollkommen durchnässt und offensichtlich den Tränen nahe. In einer Hand hielt sie ihr Handy, den anderen Arm hatte sie um Ricas Schultern gelegt, wohl um sie zu stützen.
    »Was ist denn passiert?«, wollte Rica wissen.
    »Das frage ich dich!«, gab Eliza zurück. Sie schniefte und ließ das Handy sinken.
    Rica schloss die Augen. Ihr Kopf schmerzte so sehr, dass es ihr schwer fiel, einen klaren Gedanken zu fassen. »Niedergeschlagen«, murmelte sie. »Irgendjemand …« Sie sprach nicht weiter, versuchte sich, an mehr zu erinnern, aber in ihrem Gedächtnis war nur das Geräusch von Schritten auf Holzbohlen und dann ein Blitzschlag.
    Vorsichtig hob sie die Hand zum Kopf. Ein jäher Schmerz durchfuhr sie, als sie mit den
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