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Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Titel: Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
Autoren: Veronika Bicker
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euch gleich, und bringen euch dann an Bord«, erwiderte Herr Wolf ruhig. »Ich will mir nur den Arbeitsschritt gerne ersparen.«
    »Ich weiß ja nicht, warum wir Ihnen auch noch das Leben leichter machen sollten.« Rica war erstaunt darüber, wie ruhig ihre Stimme klang. »Immerhin bringen Sie uns gleich um.«
    Herr Wolf grinste. »Ich könnte euch vorher ins Bein schießen lassen. Oder in den Bauch. Das tut sauweh. Wollt ihr das?«
    Rica schüttelte den Kopf. Das Ganze kam ihr unwirklich vor, so gewollt. Wie in einem Film. Selbst die Drohung war so altbekannt, dass sie sie kaum glauben konnte. Woher hatte dieser Herr Wolf seine Ideen? Vielleicht war er einfach nicht so ein geschickter Agent, wie er tat. Vielleicht folgte er hier auch nur einem Skript, das ihm vage bekannt vorkam und deswegen irgendwie richtig erschien.
    Aber was machte das für einen Unterschied? Sie würden sterben. Also keinen.
    »Ich bleibe hier«, sagte sie und verschränkte die Arme. »Tun Sie doch, was sie wollen.« Es war eine schwache Geste. Ein sinnloses, letztes Aufbäumen, aber aus irgendeinem Grund war es Rica wichtig. Sein Sieg sollte nicht makellos sein.
    »Keine Sorge, das tu ich«, erwiderte Herr Wolf mit ruhiger Stimme. Er winkte einem der Wachmänner. »Du kannst sie erschießen.«
    Der Mann hob die Waffe. Rica erstarrte. Sie konnte die Bewegung verfolgen, wie in Zeitlupe. Langsam, ganz langsam richtete sich der Lauf auf sie. Etwas stieß sie zur Seite, sie sah einen dunklen Schatten vor sich, dann kam der Knall. Rica schloss die Augen.
    Gleich darauf spürte sie, wie das raue Holz des Bootsstegs ihr die Hände aufrissen. Sie schrie vor Schmerz auf, aber gleichzeitig wurde ihr klar, dass sie noch lebte.
    Sie lebte noch.
    Aber sie hatte einen Schuss gehört.
    Rica öffnete die Augen. Der Wachmann stand immer noch direkt vor ihr, aber seine Waffe war auf den Boden gerichtet, und er starrte mit großen Augen über Rica hinweg. Doch was er dort sehen mochte, interessierte sie überhaupt nicht. Neben ihr lag ein Körper, reglos. Das rote Haar floss über die Planken, beinah so wie das Blut, das eine dunkle Lache auf dem hellen Holz bildete und langsam ins Wasser tropfte.
    »Nein.« Ricas Stimme war so leise, dass sie selbst es kaum hören konnte. Sie rutschte zu Eliza hinüber und nahm ihren Kopf vorsichtig auf ihren Schoß.
    Die Stimme hinter sich nahm sie nur am Rande ihres Bewusstseins wahr. »Es reicht jetzt. Steckt die Waffen weg! Richard, ich will dich in meinem Büro sprechen!«
    Trotz ihrer Sorge um Eliza wunderte sich Rica, warum der Hausmeister hier Befehle erteilen konnte. Aber das war, bevor einer der Wachleute in betretenem Ton »Sofort, Herr Kaltenbrunn!« sagte.

Kapitel einundzwanzig
    Ende gut?
    »Sie kommt wieder in Ordnung?« Rica konnte sich nicht erinnern, wann sie jemals gleichzeitig so müde und so aufgeregt gewesen war. »Ganz sicher?«
    Herr Kaltenbrunn lächelte, aber es sah genauso müde aus, wie Rica sich fühlte. »Wir haben eine gute Krankenstation hier. Eliza wird sich erholen. Aber es wird seine Zeit brauchen.«
    Robin drückte Ricas Hand. »Mach dir keine Sorgen.«
    Rica lachte, aber ihre Stimme klang so heiser, dass man es auch für ein Husten hätte halten können. »Ich mache mir Sorgen, seit ich an diese verdammte Schule gekommen bin«, murmelte sie. »Es wäre schön, mal damit aufhören zu können.«
    Sie saßen in Herrn Kaltenbrunns Büro. Vor den Fenstern tauchte die erste, blasse Dämmerung auf. Die längste Nacht in Ricas Leben war vorbei. Herr Kaltenbrunn schenkte Rica und Robin eine Tasse Kaffee ein und schob sie ihnen über den flachen Couchtisch zu.
    »Du kannst damit aufhören«, meinte er ruhig. »Ich sorge dafür.«
    Rica schnaubte. »Das soll ich Ihnen glauben? Sie haben dieses ganze Projekt hier ins Leben gerufen. Sie sind der Gründer des Daniel-Nathans-Instituts. Sie haben angefangen, an den genetischen Codes herumzuspielen, und sie haben nicht mal bei Ihrer eigenen Tochter Scheu gehabt.«
    Oliver Kaltenbrunn lächelte ein sehr trauriges Lächeln. »Um genau zu sein, war es mein Vater, Marten Kaltenbrunn, der das Institut gegründet hat«, sagte er, »aber mit dem meisten anderen hast du recht.«
    »Und warum sollte ich Ihnen dann glauben?«
    »Ich werde das Institut schließen.« Oliver Kaltenbrunn griff in seine Jackentasche und zog das Tagebuch hervor, das er Rica abgenommen hatte. »Ich habe die halbe Nacht damit verbracht, das hier zu lesen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie
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