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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman
Autoren: Arne Dahl
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Menge Deutsche«, fügte Reinhart Vogel hinzu. »Der Außenminister, der Botschafter und die anderen Redner werden von einem Podium aus sprechen, das an der Ecke Behrensstraße-Ebertstraße provisorisch aufgebaut worden ist. Die Zuhörer werden sich auf diesen Straßen und in den Grünanlagen jenseits der Ebertstraße sammeln, am Rand des Tiergartens. Das Denkmal wird abgesperrt sein, der Zutritt ist absolut verboten.«

    Vogel teilte Karten und Übersichtspläne an seine schwedischen Gäste aus und sagte:

»Wir werden Sie an drei Stellen mit möglichst gutem und vollständigem Überblick postieren. Sie erhalten Walkie-Talkies und Ferngläser.«

    »Und Waffen?«, fragte Paul Hjelm.

    »Eigentlich sollte das nicht nötig sein«, sagte Roger Stone, »aber es besteht natürlich ein gewisses Risiko des Nahkontakts. Sie werden also mit Dienstpistolen eines Ihnen gut bekannten Modells ausgestattet.«

    »Danke«, sagte Jorge Chavez.

    »Jetzt schlage ich vor, dass wir den Flug genießen«, sagte Reinhart Vogel. »Darf ich den Herrschaften einen Drink anbieten?«

     

    *

     

    Viggo Norlander dachte an Handschellen. Er dachte an klirrende Handschellen, während er sich den Bauch hielt - und damit dazu überging, an Krebs zu denken. Wie merkwürdig das war. Man spürte ja gar nichts, nicht das Geringste. Und doch befand sich etwas Unbegreifliches dort drinnen, ein Dunkel, das ganz und gar unsichtbar war und dabei unmerklich immer größer wurde, so lange, bis es tötete. Er verzichtete darauf, symbolisch daran zu denken, und begann stattdessen, an sehr konkrete Dinge wie Operation, Strahlentherapie und Zellgifte zu denken, an Übelkeit und Haarausfall, an das verschwitzte und säuerlich riechende Laken eines Krankenhausbettes, an Schmerzen. Vor allem dachte er an Schmerzen. Wie er wirkliche Schmerzen aushalten würde. Und da entstand ein Ton in seinem Inneren, zuerst meinte er, es seien Kirchenglocken, und dass er auf seiner eigenen Beerdigung sei, aber dann verstand er, dass es Handschellen waren, die klirrten.

    »Teufel auch«, sagte er, griff nach dem Telefonhörer und wählte eine Nummer.

    »Strand«, antwortete es im Hörer.

    »Olof Strand in Järfälla?«

    »Ja.«

    »Hier ist Viggo Norlander von der Reichskriminalpolizei.«

    »Aha. Hej.«

    »Sie haben ja schon früher mit uns gesprochen, oder?«

    »Nein, das glaube ich nicht ...«

    »Hatten Sie nicht gestern Besuch von einem Kriminalbeamten?«

    »Tut mir leid«, sagte Olof Strand. »Ich habe in meinem Leben noch nie mit einem Kriminalbeamten gesprochen, glaube ich. Bis jetzt.«

    »Danke«, sagte Norlander und legte auf.

    Er hielt sich ein wenig den Bauch, und dann begriff er.

    Er lachte auf und sagte:

    »Arto, mein Arto.«

    Und dann begrub er das Ganze. In der Nähe des Krebsgeschwürs, in seinem tiefsten Inneren. Für alle Zukunft.

     

    Jan-Olov Hultin betrat etwas, das wie eine Bürolandschaft aussah. Er war noch nie in diesem Teil des Präsidiums gewesen und wäre bei einer anderen Gelegenheit sicher ein wenig erstaunt gewesen. Aber im Augenblick war kein Platz für Erstaunen.

    Ein älterer Mann, von dem Hultin wusste, dass er Professor für Mathematik war, kam auf ihn zu und sah aus wie ein Professor für Mathematik. Seine Schritte waren geschmeidig wie die eines Mannes, der die Lösung eines kniffligen Problems gefunden hat. Der Mann - oder besser sein Team in der Bürolandschaft - hatte nämlich genau so eine Lösung gefunden.

    »Kommen Sie mit«, sagte der Professor und führte Hultin vor eine Wand.

    Als Hultin sah, dass dort ein enormes Flipchart hing, fühlte er sich gleich ein wenig zu Hause in dieser Bürolandschaft.

    Auf dem Flipchart stand:

    »uik lkjj ey94 9 %&C«

    Und:

    »sdoh €kjh 89 76=«

    Aber das war nicht alles. Es fanden sich auch die erstaunlichsten mathematischen Berechnungen und Formeln und Ziffern und Symbole.

    »Habt ihr keine Computer?«, fragte Hultin.

    »Denken kann man immer noch am besten unverdrahtet«, sagte der Professor mit einem selbstgefälligen Lächeln.

    »Wie wahr«, sagte Hultin.

    Der Professor räusperte sich und erklärte:

    »Einen Kryptotext in Klartext zu verwandeln, erfordert bekanntlich einen kryptologischen Algorithmus und den richtigen Schlüssel. Ich vermute, Sie kennen Fibonaccis Zahlenreihe und ihre Relation zu den Binominalkoeffizienten sowie Pascals Triangel?«

    »Wäre eine kurze Version möglich?«, fragte Hultin so verbindlich er konnte.

    Der Professor runzelte kurz die Stirn
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