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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow
Autoren: Glenn Meade
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ihn ein. »Über drei Jahrzehnte. Zuerst zur Miete, und als der Eigentümer verstarb, habe ich das Cottage gekauft. Eine nette Dame hält das Haus in Ordnung und kocht für mich.« Er lächelte verschmitzt. »Wir haben eine Abmachung. Sie beseitigt die Unordnung, und sobald sie gegangen ist, bringe ich alles wieder durcheinander. Tee?«
    »Gern.« Ich warf einen Blick auf die Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden. Nach der Kleidung der Männer und Frauen auf den Bildern zu urteilen, nahm ich an, dass sie etwa zurzeit des Ersten Weltkrieges oder kurz danach entstanden waren.
    Auf einem der Fotos war ein Paar abgebildet. Ich trat näher heran, um es mir genauer anzusehen: ein gut aussehender Mann mit slawischen Gesichtszügen und Leinenmütze auf dem Kopf neben einer hübschen jungen Frau mit langem dunklem Haar. Sie sahen glücklich aus. Die Frau hatte sich bei dem Mann untergehakt, und sie standen in lässiger Haltung lächelnd und entspannt vor einem weiß getünchten Haus.
    Unten auf dem Foto stand mit blauer Tinte geschrieben: Juri und Lydia, aufgenommen von Joe Boyle in Collon am 2. Juli 1918 . Mein Blick wanderte zu dem weiß getünchten Haus hinter dem Paar. Das Foto konnte überall aufgenommen worden sein. Doch dann sah ich die halbe Tür und daneben die Kletterrosen, und ich erkannte das Haus, in dem ich stand: Briar Cottage.
    Jakow schüttete drei Löffel getrocknete Teeblätter in eine Keramikkanne und goss das kochende Wasser darüber, woraufhin ein kräftiges Aroma den Raum erfüllte. »Übrigens, das Cottage war einst Teil eines großen Landsitzes, das einem russischen Geschäftsmann und seiner Frau, einer bekannten Theaterschauspielerin aus Sankt Petersburg, gehörte. Sie hieß Hanna Wolkowa und war vor dem Ersten Weltkrieg sehr berühmt. Haben Sie mal von ihr gehört?«
    »Ich fürchte, nein.«
    »Darf ich Sie fragen, woher Ihr Interesse an Russland stammt, Dr. Pawlow? Es scheint ziemlich stark und persönlich motiviert zu sein.«
    »Meine Großmutter stammte aus Jekaterinburg, und in meiner Kindheit habe ich viele Geschichten über ihre Heimat gehört. Jedes Mal, wenn sie sich Doktor Schiwago anschaute, weinte sie hinterher eine Woche lang. Beantwortet das Ihre Frage?«
    Jakow lächelte verhalten. »Ich habe gehört, dass dieser Film einen starken Eindruck hinterlassen kann. Es scheint fast, als hätten die Russen eine harte Schale – dabei sind es ausgesprochen gefühlvolle Menschen.«
    »Sie hat immer gesagt, Lenins Revolution sei ein Kampf für die Seele Russlands gewesen. Eine Schlacht zwischen Gut und Böse, zwischen Gott und dem Teufel, und eine Zeit lang habe es so ausgesehen, als ob der Teufel gewinnen würde.«
    Jakow strich sich nachdenklich über die Wange. »Vielleicht hatte sie recht. Es war jedenfalls ein entsetzlich brutaler Kampf.«
    Die zahlreichen Andenken an Russland in dem Raum weckten in mir die Erinnerung an die Heimat meiner Großmutter. Auf einem Bücherregal entdeckte ich eine lackierte Matroschka. Ein polierter, vernickelter Samowar stand in einer Ecke, und vergoldete religiöse Ikonen hingen an den Wänden.
    Sogar die Bücher in den Regalen erzählten Geschichten: Das Ende des imperialen Russlands von Waldron, Der Hof des letzten Zaren von King, Lenins Leben von Fischer. Zwischen all diesen Werken entdeckte ich unzählige Bücher über die Romanows und genauso viele über Anna Anderson, die mysteriöse Frau, von der einige behaupteten, sie sei Anastasia, die jüngste Tochter des Zaren, gewesen.
    »Was hat Sie nach Irland geführt, Mr Jakow?«
    »Es gibt viele Gründe, und sie sind alle persönlicher Natur. Vor vielen, vielen Jahren kam ich als Gastdozent ans Trinity College und kehrte nie wieder nach Russland zurück. Aber das ist eine andere Geschichte.« Er zeigte auf die Regale. »Ich bin glücklich mit meinen Büchern und meinen Unterlagen. Es ist ein ruhiges, aber erfülltes Leben.«
    »Darf ich?«, fragte ich mit Blick auf die Bibliothek.
    »Gerne.«
    Eines der Bücher trug den Titel: Die verlorene Welt von Nikolaus und Alexandra . Ich nahm es heraus und blätterte darin. Es enthielt Bilder des Russlands, das meine Großeltern gekannt hatten, und Schwarz-Weiß-Fotografien der Zarenfamilie, ihrer vier hübschen Töchter und ihres gut aussehenden jungen Sohnes. Anschließend griff ich nach einem der zahlreichen Bücher über Anna Anderson. »Sie scheinen sich für Anna Anderson zu interessieren, Mr Jakow.«
    »Sie kennen ihre Geschichte sicherlich?«
    »Natürlich. Sie war
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