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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow
Autoren: Glenn Meade
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irgendwie sonderbar.
    Ich konnte den Namen auf dem polierten Granitstein des Grabes, neben dem der Mann innegehalten hatte, erkennen: J URI A NDREW .
    Der Mann stützte sich mit der rechten Hand auf einen Gehstock aus Schlehdornholz und musterte mich. Seine Haut hatte eine seltsame Farbe, als litte er unter Gelbsucht, und sie wirkte dünn wie Papier. Trotz eines leicht gebeugten Rückens hatte er eine aufrechte, stolze Haltung. Er sprach Englisch, doch ich glaubte, einen russischen Akzent herauszuhören. »Sie sind also endlich gekommen. Dr. Pawlow, nicht wahr?«
    Ich starrte ihn an. »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe Ihre Nachrichten erhalten. Ich trage niemals ein Handy bei mir. Verzeihen Sie, aber ich lag in den letzten Tagen im Krankenhaus.«
    »Ich hoffe, nichts Ernstes.«
    Er lächelte verhalten. »Die üblichen Probleme des Alters, fürchte ich. Verzeihen Sie, dass ich Sie nicht zurückgerufen habe, aber Sie sagten ja in Ihrer Nachricht, dass wir uns an der Kirche treffen. Meine Haushälterin hat mich hergebracht, und ich habe Sie von der Straße aus gesehen. Ich kenne Ihr Gesicht von den Fotos in den Fachzeitschriften. Sie sind eine hervorragende Wissenschaftlerin, Dr. Pawlow.«
    »Vielen Dank.«
    Als der Mann mir seine Hand reichte, sah ich, dass der Handrücken mit Leberflecken übersät war. »Michail Jakow. Offenbar haben wir beide dieselbe Passion.«
    »Wie bitte?«
    »Die Romanow-Ära. Ich interessiere mich schon seit langer Zeit für Ihre Arbeit.«
    »Und ich interessiere mich plötzlich sehr für Ihre.«
    »Ich nehme an, Ihre Nachricht bedeutet, dass Sie die Frau gefunden haben?«
    »Ja, Mr Jakow. Wir haben sie gefunden. Genau so, wie Sie es vorhergesagt haben. Es könnten noch weitere Leichen dort liegen, vielleicht auch die eines Kindes, doch zum jetzigen Zeitpunkt kann ich Ihnen nicht mehr sagen.«
    Jakow atmete tief ein, als würde diese Information ihm schwer zu schaffen machen. »Ich hatte so sehr gehofft, dass Sie sie finden. Sie haben ein Gebiet untersucht, in dem sie meines Wissens nach vergraben worden sein könnte.«
    Als ich dort stand und dem alten Mann zuhörte, wurde mir mit einem Mal die Absurdität der Situation bewusst. Ich hatte Michail Jakow nie zuvor getroffen, im Laufe eines Jahres aber regelmäßig Briefe von ihm erhalten. Eine Zeit lang hatte ich mich von ihm fast verfolgt gefühlt. Im Abstand einiger Monate hatte ich immer wieder Schreiben von ihm erhalten, in denen er sich nach den Fortschritten der Grabungen in Jekaterinburg erkundigte. Und jetzt stand ich hier und hoffte, dass er mein Rätsel lösen würde.
    »Mr Jakow, seitdem der Öffentlichkeit bekannt war, dass ich beabsichtigte, Grabungen in Jekaterinburg durchzuführen, haben Sie mir mindestens ein Dutzend Mal geschrieben. In fast jedem Brief wiesen Sie darauf hin, dass ich in dem Gebiet, in dem die Grabungen stattfanden, die sterblichen Überreste einer Frau finden könnte. Sie baten mich, Sie zu kontaktieren, falls ich tatsächlich auf ihre Leiche stoßen sollte. Es schien Ihnen ungeheuer wichtig zu sein, auf diese bestimmte Frau hinzuweisen.«
    Er nickte. »Ja, das stimmt.«
    Ich sah ihm in die Augen. »Sie haben in Ihren Briefen erwähnt, dass ich möglicherweise ein Medaillon finden könnte. Über die Identität der Frau haben Sie aber nie gesprochen. Und auf meine Fragen, warum Sie so großes Interesse an den Grabungen haben und davon überzeugt zu sein scheinen, dass ich die Leiche finde, bekam ich nie Antwort. Ehrlich gesagt habe ich Sie für einen Spinner gehalten. Das ist auch der Grund, warum ich mich seit Monaten nicht mehr bei Ihnen gemeldet habe. Bis gestern. Als wir die Leiche der Frau gestern gefunden haben, habe ich mich gefragt, ob Sie Hellseher sind. Würden Sie mir verraten, was das alles zu bedeuten hat?«
    Jakow stieß einen Seufzer aus, der beinahe schmerzverzerrt klang, und seine Augen wurden feucht. »Es ist eine sehr persönliche Geschichte, Dr. Pawlow. Mein Vater hat sie mir erzählt.«
    »Es betrifft auch meine Person. Sie haben mich in die Sache hineingezogen.«
    Jakow schwieg und legte eine Hand auf den polierten Grabstein. Seine Finger strichen behutsam über den Granit, dann bekreuzigte er sich, als wollte er dem Toten darunter Ehre erweisen.
    »Es ist ein seltsamer Ort für das Grab eines Russen zwischen all den keltischen Kreuzen«, sagte ich.
    »Kennen Sie dieses Land?«
    »Ich habe mehrfach keltische Grabungsstätten besucht.«
    Jakows Blick wanderte über den Friedhof, als
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