Operation Glueckskeks
mit einem Horoskopbuch in der Hinterhand, das mir versichert, so ein Spitzentyp wie ich sei für immer im Wellness-Bereich des Lebens einquartiert, ist das Jahreshoroskop zu ertragen. Was, wenn der Wetterbericht der Sterne zwölf Monate volle Kanne Regen voraussagt? Schauen Sie sich mal die Prognosen für die Jungfrau von 2002 bis 2006 an. Lieber einen Monat am Fließband einer ukrainischen Hühnerfabrik arbeiten als Jungfrau sein, sag ich immer. Die hat ja bekanntlich den rechten Winkel erfunden, leitet die Buchhaltungen dieser Welt und trennt den Müll in neun verschiedene Behälter, die alte Streberin.
Illu. 7
Womit wir bei der dunklen Seite der Horoskope angelangt wären. So wie der Fußballfan seinen eigenen Verein liebt und andere sympathisch findet, liebt der Horoskop-Fan sein eigenes Sternzeichen und drückt ein paar anderen die Daumen. Wassermänner und Löwen zu mir! Alles feine Menschen, von meinen sechs ernstzunehmenden Freunden sind allein drei Wassermänner. Freiheitsliebend, fahren gern in den Urlaub und sind bereit, dem schwallernden Zwilling das Ohr zu leihen. Bevor ich mit den dauernd auf ihre Privatsphäre pochenden Fischen in den Urlaub fahren würde, ja, da wäre ich schon lieber eine erbsenzählende Jungfrau.
Ich wette zehn zu eins, dass der Däne Helmuth Nyborg Jungfrau ist. Nyborg hat 2006 an der Universität Aarhus untersucht,
ob bestimmte Sternzeichen besonders gut zueinanderpassen. Kam natürlich nix bei raus. Hallo! Aufwachen! Der Typ ist JUNG-FRAU! Bevor der zugibt, dass er heimlich Horoskope liest, würde er sich in Guantánamo zur Pediküre anmelden.
Mein Horoskop sagt für heute übrigens einen gewissen Hang zum Ungerechterweise-andere-Leute-mit-Schlamm-Bewerfen voraus. Könnte was dran sein. Wobei ich mir eines ausgesucht habe, in dem langatmig von Planetenkonstellationen erzählt wird. Uranus-Einfluss im dritten Haus, Mars schiebt sich irgendwohin, und der Polarstern hängt zu weit links. Man sieht im Geiste Madame Teissier, die Hausastrologin des ehemaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand, die Beine übereinanderschlagen. Für mich völlig ungeeignet. Ich will keine Wissenschaft. Ich will Genuss und Zuversicht. Ich will wissen, was der Tag bringt, und es soll etwas Gutes sein, das ist doch nicht zu viel verlangt, ruft der ungeduldige Zwilling in mir.
Nirgendwo sonst bekomme ich so anschaulich erklärt, was für ein feiner Kerl ich bin.
Ich nehme jetzt allen Mut zusammen und blättere mich durch das erste Jahreshoroskop 2010. Wird schon hinhauen. Und wenn alles den Bach runtergeht - dann rufe ich eine Jungfrau an. Die nerven zwar ungemein, aber auf die kann man sich wenigstens verlassen.
Aus eins wird zwei: Paare auf der Trennungswelle
G estern Nacht klingelte mein Handy - exakt um 4 Uhr 51. Ich konnte die Uhrzeit auf meinem Wecker genau ablesen. Ich habe einen Digitalwecker aus den 80ern, bei dem die eckigen Strich-Ziffern diabolisch leuchten. Und 4 Uhr 51 strahlt in einem unheilverkündenden Rot, wie es vermutlich unter der Türschwelle zum Schlafzimmer Luzifers hervorglüht.
Wer um 4 Uhr 51 anruft, hat nicht Sätze zu sagen wie: »Hallöchen, wir machen eine Kundenbefragung für die Telekom! Liegt Ihr iPhone auch schön geschmeidig in der Hand?« Nein, wer um 4 Uhr 51 anruft, sagt: »Pijahn, wir haben deine Freundin. Keine Bullen! Sonst schicken wir dir eines ihrer abgetrennten Ohren per Post.« Ich nahm den Hörer ab. Am Telefon war mein Freund Felix aus Berlin. Theresa - die Frau, mit der er viereinhalb Jahre zusammen gewesen war - hatte ihn nach zwei Wochen permanenten Streits vor einer halben Stunde verlassen.
Ich glaube an die Existenz des Trennungs-Tsunamis: der Riesenwelle, die sich ruhelos durch die Republik wälzt und Paare auseinanderreißt. Eine Woge, die frisch Getrennte zurücklässt, die schniefend Übernachtungstaschen packen, die Wohnungstür für lange Zeit das letzte Mal hinter sich zuknallen
und wundgeheult auf dem Sofa von Freunden stranden. Gäbe es einen Wikipedia-Eintrag zum Thema Trennungswelle, würde er sich wahrscheinlich so lesen: Trennungs-Welle. Erwischt den Freundeskreis wie ein Grippevirus und bringt immer genau jene Paare auseinander, bei denen es vordergründig am sahnemäßigsten läuft. Und lässt alle Paare im Umfeld grübeln - was ist mit uns? Bleiben wir zusammen?
Felix und Theresa sind das dritte Paar in drei Monaten, das sich vor meinen Augen in seine Bestandteile auflöste. Ein Paar wie aus dem
Weitere Kostenlose Bücher