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Op Oloop

Op Oloop

Titel: Op Oloop
Autoren: Juan Filloy
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lassen; wie kann man die abrupten oder subtilen Schwankungen jenes Wesens erklären, wenn es in ihm sonst das Gleichgewicht und die Ruhe eines äquinoktialen Wohlbefindens gegeben hatte?
    Der Gruß Op Oloops wurde vom Fahrer eines Omnibusses als Entscheidung ausgelegt, diesen zu besteigen. Er hielt an. Und zu seiner eigenen Verwunderung legte Op Oloop einen Sprung hin, der eines Zeitungsjungen würdig war. Sein Körper schwankte beim plötzlichen Anfahren, dann klomm er die Stufen zu den freien Plätzen hinauf. Dort befanden sich mehrere Basketballspieler. Er erkannte das nicht, sah sie auf andere Weise. Und bereits gegenüber von Rodins »Denker« streckte er den Arm aus wie ein cicerone und rief: »Caballeros, das ist ›Der Denker‹ von Rodin. Ein Fragment des ›Höllentors‹. Er steht schlecht dort, wo er steht. Er sieht wie ein Verkehrslotse aus. Ich protestiere. Ich protestiere mit aller Gewalt!«
    Die jungen Männer ließen die Haltegriffe los und sagten dem Schaffner Bescheid. Als dieser kam, um Op Oloop zum Aussteigen zu mahnen, wiederholte er voller Gram: »Wie wenig macht ›Der Denker‹ vom Fenster eines Omnibusses aus gesehen her!«
    Gegenüber dem Kongreß, mitten auf der Straße, wurde seine Aufmerksamkeit vom zweispurigen Gegenverkehr in Anspruch genommen und seine kraftvolle Gestalt löste sich unter dem Ansturm der Hupen und Hörner und der Gefahr von Vollbremsungen und heranrasenden Autobussen in wilden Sprüngen auf. Welch trauriges Schauspiel! Er, für gewöhnlich so gefällig und gesetzt, erweckte den Eindruck eines zerlegten mechanischen Spielzeugs. Auf einen Schlag warf die Bedrängnis der unseligen Zwangsläufigkeit einen Schatten auf sein Gesicht. Und wie vor den Kopf geschlagen, als suchte er die Lösung in einer übernatürlichen Anstrengung, bestieg er hastig ein Taxi.
    »Fahren Sie weiter. Rund um den Platz.«
    Er setzte sich nicht, er zerfloß auf dem Sitz und schloß besiegt die Augen.
    Das menschliche Material ist brüchig und vergänglich. Das war ihm bekannt. Mencken hatte es ihm gesagt: »Alle Fehler und Inkompetenzen des Schöpfers erreichen ihren Höhepunkt im Menschen, dem unzulänglichsten Mechanismus, der Lachs und Bakterium als gesunde und effiziente Maschinen erscheinen läßt.« Doch er glaubte, der heroische Architekt seines Schicksals zu sein. Und gereift in der Ordnung, komfortabel eingerichtet in den Annehmlichkeiten des Systems, beharrte er auf dem andauernden Masochismus der Selbstbezwingung. Wofür? Dafür? Um die Schande zu erleiden, zusammenzubrechen? Um die Schmach zu beweinen, zwischen seinen eigenen Ruinen daherzuhumpeln?
    Ein erbittertes Unbehagen begann sich in seinem Inneren zu rühren. Mit den stärksten Konzepten des Lebens hatte er seine intellektuelle Kraft auf der Grundlage des Scheiterns errichtet. Dort lag es, sein klares Scheitern, und zeigte die erlesenen Vorurteile und die Kraftlosigkeit seiner Vorhaben auf; zeigte auf, daß er Arabesken aus eitlen Bestrebungen konstruiert hatte statt feste Fundamente; zeigte auf, daß alles eine Orgie des Selbstwertgefühls gewesen war, anstelle einer wirklichen Etappe der Selbstbeherrschung. Und gerade weil er das Theatralische haßte, wurde er von der Qual fortgerissen, die Seele einer pochade zu haben, eine von denen, die andere zum Lachen bringt, wenn die Intrigen und der Lauf der Welt sie auf der Bühne dessen, was sie sein wollten, zeigen, wie sie wirklich sind.
    Derart in Unbehagen und Leid versunken, begann unversehens das Rumoren der Motorzündungen in seine Gedanken einzugreifen. Die Ideen zerstreuten sich hinter diesem Dunst aus Klang. Das Geräusch wurde nach und nach deutlicher, bis es die Schärfe eines aufdringlich feindseligen Klapperns erlangte. Seine Hände wollten es vertreiben, indem er sich die Ohren zuhielt. Doch das Klappern war dort drinnen. Das Gefühl hielt an und wurde auf neckische Art sogar noch schlimmer – wie eine Abfolge von Winden aus Hohn und Spott.
    Der Statistiker spürte daraufhin einen unbestechlichen Ekel vor seiner Kultur. Nichts hatte es ihm genutzt, sein Empfinden in der Kargheit des Phlegmas und sein Temperament in der Harmonie der Kinästhesie erzogen zu haben. Wer sich wie er damit gebrüstet hat, ein Superneutrum zu sein, das heißt ein durch Angleichung und psychologischen Absolutismus höchst neutrales Neutrum, der erkennt in solch kritischen Momenten die Lächerlichkeit aller Wissenschaft angesichts der Ungewißheit der Materie.
    Der Chauffeur hatte im
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