Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)
Autoren: Frank Schulz
Vom Netzwerk:
natürlich wie üblich: »Wie hatte es so weit kommen können?«
    Um mit der Floskel eines alten Sportsfreundes zu antworten: »Njorp …« Was in diesem Fall soviel bedeutet wie: ungefähr folgendermaßen …

[Menü]  
    [Rückblende I]
Hundertsechzehn Tage vorher …
    Wieso Onno Detektiv wurde
Ein Erotikstar geht fremd – Die Tücken der Observation – Wiedersehen mit Hein Dattel – Wird Onno lieber doch nicht Detektiv?

[1]
    Montag, der 19.   April. Sporthalle des Günther-Jauch-Gymnasiums in Hamburg-Eppendorf.
    Es wird so gegen acht Uhr abends gewesen sein, als diese weite, elastische Diele von jenem gewissen Schlachtruf widerhallte. Baßtönig, rasend, und doch geradezu infantil gesättigt von Genugtuung, klang er in etwa wie »KABAANAAAaaa…!«
    Blanker, rutschfester Boden; entlang den Wänden Gummimatten und Klettergerüste und Basketballkörbe; taghelles Deckenlicht, himmelhohe Milchglasfenster an der Bankseite. Und doch wirkte die Halle gar nicht karg auf uns Alte Herren. Fühlten uns wohl in diesem etwas schwülen Gemäuer, wo wir unsere chromosomatisch immer noch schwelende Tollheit für ein paar Stunden kontrolliert anzufachen vermochten – momentweise bis zur Verzückung.
    Der vierschrötige Bursche, der da losgebölkt hatte wie ein Vandale, wechselte den Schläger in die Linke, um die geballte Rechte für eine triumphale Pleuelgeste freizuhaben. Den restlichen Energieüberschuß baute er ab, indem er schnaubend hin und her stapfte: Ulli Vredemann. Unser Küken.
    Sein Pseudonym EP (Elefantenpeitsche) verdankte er solchen Bällen. Durch die schlagartige Beschleunigung auf etwa 140   km   /   h huschte das Celluloidbällchen wie eine Sternschnuppe durchs Blickfeld. Am plastischsten war es akustisch wahrzunehmen: erst am Hieb mit der Rückseite des Schlägers, dann am Knall, mit dem es in die offene Ecke des Tischtennistisches ein- und in noch spitzerem Winkel wieder herausschoß – ta’zeng!!
    Benommen der Hüpfrhythmus, in dem der Ball nun durch die Halle irrte – und wie üblich hinter den Verstrebungen der langen Bänke verschwand. Hinterdreinschleichen des Gegners.
    » Ka… kaba… Wie war das? Ka… bana ?« sinnierte ich halblaut – ich, Dr. Christopher Dannewitz, und zwar in meiner Eigenschaft als Rechtsanwalt: Denn §   14 der Vereinssatzung schrieb vor, sich regelmäßig über das Triumph- und Klagewelsch der Sportsfreunde lustig zu machen. Dankbarste Quelle: eben Ulli EP Vredemann.
    » Kabana, ja«, bestätigte Raimund. Wir kauerten nebeneinander auf der Bank, seicht schwitzend, so gut wie selig. »Kommt aus dem Umgangsvredonischen. Bedeutet so viel wie: ›Nimm das, Sohn eines Ostfriesen!‹«
    »Ah.«
    Wiewohl massig an Gestalt, vermochte Ulli eine schon unwahrscheinlich flinke Figur zu machen. Ungerührt von unserem Gefrotzel wechselte er auf die andere Seite der Platte. »So«, schnaufte er. »Zwo null.« Die schütteren Haare waren klatschnaß, und das Hemd strotzte vor Versumpfung.
    »Dalli, Noppe!« schnauzte Raimund. Gemeint war Ullis Gegner, der nach erfolgter Ballbergung wieder angelatscht kam. »Wir haben Durst !« Einst hieß das so viel wie Alarmstufe Rot ! Doch das war vorbei – noch nicht allzu lang, scheinbar; aber vorbei –, und wir wußten es alle.
    Der als ›Noppe‹ angesprochene Mann balancierte den Ball auf der Rückhandseite seines Schlägers denn auch, als probte er fürs Eierlaufen. Folglich schaute er nicht auf, sondern hob nur, da Linkshänder, die Rechte ans Ohr. Beziehungsweise dorthin, wo es verborgen war. Dort, wo das Anthrazitfarbene des strähnigen, nackenlangen Schopfes stufenlos ins Schiefergraue changierte. »Was?«
    »Duhurst! Dalli!«
    Seine Füße steckten in einem Paar Noppensocken. Schottenkaro. Dazu trug er Shorts, deren manisch-depressives Muster den taffsten Clown in den Suizid triebe. Das T-Shirt mochte – im vergangenen Jahrtausend – blau gewesen sein, oder grau. In Höhe der Schulterblätter gähnte ein Mordsloch. Materialermüdung. »Ja, ja«, versetzte er. »Immer mit der Ruhe.« Sanft rollte das R – ein R wie geschaffen für ein Wort wie ›Ruhe‹. Vervielfältigte man dieses R zu einer Endlosschleife, klänge es wie das Schnurren eines Katers.
    Er ließ die Rechte wieder sinken. Sein Arm war schimmelweiß. Wo andere den Trizeps, hatte er eine Art Flechte. Genauer betrachtet, eine Tätowierung. Fünfzehn war er, als sie ihm aufgrund einer verlorenen Wette in einem Kellerlokal an der Reeperbahn zugefügt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher