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Onkel Schwein (German Edition)

Onkel Schwein (German Edition)

Titel: Onkel Schwein (German Edition)
Autoren: Frans Brood
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ein Erstgespräch frei geworden.
    Erstgespräch. Schon das zweite an diesem Tag. Zum ersten Mal seit Jahren war er zum Friedhof gefahren. Zunächst war ihm der Weg zum Familiengrab nicht mehr eingefallen, doch dann hatte er vor dem schlichten grauen Stein gestanden, die Namen seiner Eltern und den seines Bruders vom Schnee und den Zeichen der langen Zeit befreit und in die Stille gefragt, ob auch er eines Tages hier liegen würde. Eine Ente auf einem kleinen Weiher in der Nähe hatte geantwortet. Irgendwie tröstlich.
    Das Wartezimmer war ein heller, freundlicher Raum mit warmen Fotos von heißen Südseestränden an den Wänden. Nur ein wenig kitschiger, und Sand oder Muscheln wären auf den Teppich gerieselt. Auf einem runden Tisch lagen populärwissenschaftliche Magazine aus Naturwissenschaft und Psychologie. Mehrere Patienten vor ihm hatten sich an einem Kreuzworträtsel versucht, waren aber alle an altägyptischen Königstiteln und Singstimmen der italienischen Oper gescheitert. Aus einer länglichen Teeküche hörte er das glucksende Geräusch einer Kaffeemaschine. Ein angenehmer Duft stieg ihm in die Nase. Zwei Türen befanden sich an der Stirnseite des Raumes. Eine stand einen Spalt weit auf. Teever sah, dass es Doppeltüren waren. Schalldicht.
    Plötzlich überkam Teever das Gefühl, noch nicht so weit zu sein. Er konnte nicht sagen, woher es kam; vielleicht lag es an einem Beitrag in einer der Zeitschriften. Es fühlte sich falsch an. Oder besser: Nicht falsch. Zu früh. Er hatte lange nachgedacht. Über sich, über Lisa. Über Eva. Und über Axelsson.
    Ihm war klar, dass etwas passieren musste, aber war er heute nur hier, weil Lisa es wollte oder war es sein Wunsch? Und was war da noch? Was nagte an ihm?
    Die Tür zum Treppenhaus wurde geöffnet. Ein hagerer Mann trat ein und sah Teever überrascht an. Der Mann klopfte sich denSchnee von der Kleidung und rieb sich die Hände warm. Er trug einen Parka. Eine Art Uniform. Post, dachte Teever.
    Der Mann starrte immer noch und wirkte gehetzt.
    „Ist was?“, fragte Teever.
    Der Hagere schüttelte den Kopf und sagte freundlich:
    „Entschuldigung. Es ist nur so, dass hier sonst nie jemand sitzt.“
    Mit dem Zeigefinger wies er an seine Stirn und machte kreisende Bewegungen.
    Andere Irre, verstand Teever.
    „Der Doktor versucht wohl immer, die Therapiesitzungen so zu legen, dass sich die Patienten nicht begegnen.“
    Teever nickte. Das leuchtete ein.
    „Sind Sie gerade fertig?“, fragte der Mann.
    Teever sah ihn irritiert an.
    „Nein, ich bin gleich dran.“
    „Sie?“ Der Mann sah auf seine Uhr.
    „Oh nein“, entfuhr es ihm, „ich bin eine Stunde zu früh. Verdammt.“
    Teever sah ihn freundlich an. „Bleibt noch Zeit für ein paar Einkäufe.“
    Die Storgatan mit zahlreichen Geschäften lag gleich um die Ecke.
    „Ich setze mich ins Café“, sagte der Mann, schnupperte ein wenig wie eine Maus und zog seinen Parka wieder an, „ich habe plötzlich Lust auf einen schönen Latte Macchiato.“
    Auch in Växjö sprossen Coffee Shops wie Pilze aus dem Boden.
    Pavel Zavadil, las Teever die Stickerei auf der Brust, als der Mann den Reißverschluss seiner Jacke bis ans Kinn zog.
    Teever kam der Name seltsam vertraut vor, doch ihm fiel nicht ein, woher er ihn kannte. Nur dass es etwas mit ihm selbst und seiner Vergangenheit zu tun hatte. Mit etwas, was es noch zu erledigen galt.
    „Na denn“, sagte der Mann und wendete sich zum Gehen.
    „Warten Sie.“
    Zavadil blickte Teever überrascht an.
    „Ich habe es mir anders überlegt.“
    Teever erntete einen noch erstaunteren Blick.
    „Aber ihr Termin?“
    „Den können Sie haben.“
    „Das wird Dr. Mårtensson aber nicht gefallen.“
    „Muss es auch nicht.“
    Zavadil zuckt mit den Schultern.
    „Der Herr Doktor muss sich immer erst vorbereiten.“
    „Wenn es nicht geht, können Sie immer noch einen Kaffee trinken. Ich komme ein anderes Mal wieder“, sagte Teever und sah in Gedanken Helgi und Ellen am Küchentisch sitzen. Und natürlich Lisa. Und so paradox es ihm schien, dass er mit dem Schwänzen seines Erstgesprächs beim Therapeuten etwas tat, was sie missbilligen würde, wusste er auch, dass es ein erster Schritt in die richtige Richtung war. Er würde wiederkommen. Wenn er es für richtig hielt. Er traf Entscheidungen. Teever war auf dem Weg.
    Seinem.
    Als er auf der Straße stand, nahm er das Mobiltelefon und wählte.
    „Hallo“, sagte er, fast ein wenig überrascht, so als ob er nicht damit
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