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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson
Autoren: Jule Verne
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Vernes Robinsonroman ansteuert. Wahrlich eine phantastische Insel, deren gigantische Felswand aus Granit sich wie eine uneinnehmbare Festung vor den vom Untergang Bedrohten auftürmt! Kein »Loch«, kein »Spalt« zeigt sich dem suchenden Blick. Und doch träumt Onkel Robinson bereits von einer »guten« Grotte im Inneren des abweisenden Felsmassivs! In der Tat erhört die Insel die Hilfsappelle der »Ausgesetzten«: Sie öffnet sich und offenbart nach und nach ihre unerschöpflichen Reichtümer und Ressourcen. Nicht nur die Muscheln, die dem kleinen Verne versagt wurden, sondern kulinarische Freuden jeglicher Art verbergen sich in ihrem paradiesischen Innern: Hummer, Krebse, Frösche, Fische, Wild, Bambussprossen, Kokosnüsse und Ahornsirup gehören zu den Tafelfreuden, die fast jede Inselerkundung krönen! Natürlich fliegen den Inselhelden die gebratenen Wildtauben nicht in den Mund. Aber es scheint doch, als ob es eine heimliche Kooperation zwischen den findigen und mutigen Helden und einer gütigen Mutter Natur gebe.
    Das gilt auch für die Frage der Behausung. Die »ersehnte« Höhle wird endlich entdeckt: eine steinerne Grotte mit einem weichen, glitzernden Sandboden und einem dreieckigen Eingang, der den Blick auf einen azurblauen Binnensee mit lieblichen Gestaden freigibt … Diese Grotte bleibt der archimedische Punkt der Insel, zu dem die kleine Gemeinschaft nach jeder Expedition eilends zurückkehrt. Später, als die Höhle getauft wird, erhält sie den Namen der Mutter: Elisa.
     

Die Phantom-Insel
    Die Insel selbst wird nach dem Retter der Mutter und Kinder »Flip-Island« genannt. Doch wer ist Flip? Ein Waisenkind von Geburt an, ja schon vor der Geburt, wie der Namensträger selbst sagt. Ein Kind ohne Eltern – ein verlassenes, ein ausgesetztes Kind. Wieviel kindliche Märchenhelden teilen dieses Schicksal! Aber dies ist, cum grano salis, auch die Situation der wirklichen Inselkinder, die von den meuternden Matrosen auf hoher See ausgesetzt und von ihrem Vater getrennt wurden. Zwar bleibt ihnen die Mutter, aber nicht diese, sondern Flip, der Matrose, ist ihr wahrer Retter, Beschützer und Gefährte. Papa oder Onkel Robinson ist alles in einem: mütterlich in seiner Sorge um die ihm Anbefohlenen, väterlich als Allroundpraktiker und Überlebensgenie, kindlich in seiner nie versiegenden guten Laune, seinem Optimismus, seiner Redseligkeit und seiner Freude an Späßen. Flip, das Mann-Kind, findet auf der Insel seine eigentliche Heimat, einen Ort, der ihn »wunschlos glücklich« macht. Er ist auch der Poet der Insel und ihrer Schönheit. »Wenn man ihn reden hörte«, sagt der Erzähler, »konnte man richtig Lust bekommen, freiwillig in eine solche Gegend auszuwandern.«
    Und diese Lust teilt sich auch den Lesern mit. Denn Verne ist es in diesem Roman gelungen, zwei Strebungen der Kinderseele miteinander zu verbinden, die in jedem Erwachsenen unterirdisch weiterleben: das Bedürfnis nach tiefer Regression, nach Schutz, Wärme und Geborgenheit im Mutterleib einer »guten« Insel und das Verlangen nach Bewährung, Erfahrungszuwachs und Reifung, für das die Robinsonade, der Prototypus insulärer Daseinsbewältigung und zivilisatorischer Selbstbehauptung, das ideale Experimentierfeld ist.
    Wenden wir uns noch einmal der Person von Onkel Robinson zu. Er trägt den Spitznamen »Flip«, was im Englischen soviel wie »Salto« oder auch »Spritztour« heißt – kein unpassender Name für den weitgereisten Seemann, der auf seiner Insel wahre Freudentänze aufführt! Doch Flips eigentlicher Name ist Jean Fanthome, und was ist ein Phantom anderes als ein Geist oder eine Illusion? »Die Insel und die Personen, von denen ich erzähle, gibt es nicht«, heißt es am Ende von Ingeborg Bachmanns Hörspiel
Die Zikaden.
Auch Onkel Robinsons Insel existiert nicht, ebensowenig wie ihr Genius Flip, genannt Jean Fanthome. Und vielleicht wird Flip-Island, wenn der Roman zum Schluß kommt, in den Fluten des Pazifischen Ozeans versinken wie die
Geheimnisvolle Insel.
Die Spuren sind ausgelegt, eine Vulkan steht schon bereit! Vielleicht werden sich der Spielleiter Robinson und seine Familie beim Ausbruch des Vulkans auf die kleine Insel im See vor der Grotte retten. Aber das ist eine andere Geschichte, die jeder Leser nach seiner Fasson fortspinnen kann …
    Renate Karst-Matausch
Kapitel 1
Der Norden des Pazifischen Ozeans – Ein einsam dahintreibendes Boot – Eine Mutter und ihre vier Kinder – Der Mann am Ruder – Der Wille
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