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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson
Autoren: Jule Verne
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reichte die arme Frau dem Mann eine Hand, und dieser nahm sie wortlos und drückte sie liebevoll.
    In jenem Augenblick stürzte der älteste Junge auf den Vordersteven und spähte gen Westen. Er hielt sich eine Hand vor die Augen, um sie vor den Sonnenstrahlen zu beschirmen und einen festeren Blick zu haben. Doch der Ozean funkelte in dieser Richtung, und die Horizontlinie verlor sich bei so heftigem Strahlen. Unter solchen Umständen gestaltete sich genaues Beobachten schwierig.
    Der Junge schaute dennoch ziemlich lange hinaus, während der Seemann nur den Kopf schüttelte, als wolle er sagen: »Wenn schon Hilfe kommt, dann müssen wir sie weiter droben suchen!«
    Da wachte das kleine Mädchen auf, löste sich aus den Armen der Mutter und zeigte sein bleiches Gesicht. Nachdem es dann alle Bootsinsassen angeblickt hatte, sagte es: »Und Vater?«
    Diese Frage blieb ohne Antwort. Die Augen der Kinder füllten sich mit Tränen, und die Mutter barg das Gesicht in die Hände und begann zu schluchzen.
    Angesichts solch tiefen Schmerzes verharrte der Seemann in Schweigen. Die Worte, mit denen er bisher diesen armen, ihrem Schicksal überlassenen Menschen Trost gespendet hatte, wollten nicht mehr kommen, und so umkrampfte seine kräftige Hand das Ruder.
Fußnoten
    1 Australien.
     
    2 Archipele im Nordwestpazifik.
     
    3 Eine Seemeile entspricht 1852 m.
Kapitel 2
Die Vankouver – Der Ingenieur Harry Clifton – Eine Ladung Kanaken – Über den Pazifischen Ozean – Ein Aufstand an Bord – Der Erste Offizier Bob Gordon – Clifton wird eingesperrt – Eine den Wellen preisgegebene Familie – Flips Aufopferung.
    Die
Vankouver
war ein kanadischer Dreimaster mit 500 Registertonnen 1 . Sie sollte eine Ladung Kanaken von der Küste Asiens nach San Francisco in Kalifornien bringen. Die Kanaken sind bekanntlich freiwillige Auswanderer, die sich wie die chinesischen Kulis in fremden Ländern verdingen. Hundertfünfzig solcher Emigranten waren an Bord der
Vankouver
gegangen.
    Reisende vermeiden es im allgemeinen, über den Pazifik in Gesellschaft von Kanaken zu fahren, die als ungehobelte, aufsässige Kerle gelten, mit denen jeglicher Umgang meist unerfreulich ist. Ursprünglich hatte der amerikanische Ingenieur Harry Clifton auch gar nicht vorgehabt, sich mit seiner ganzen Familie auf der
Vankouver
einzuschiffen. Mr. Clifton war einige Jahre lang bei Bodenverbesserungsarbeiten an der Amur-Mündung beschäftigt gewesen und wartete nun auf eine Gelegenheit, in seine Heimatstadt Boston zu gelangen. Er hatte sich ein Vermögen erarbeitet und mußte sich jetzt etwas gedulden, da die Verkehrsverbindungen zwischen Nordchina und Amerika noch recht dürftig waren. Als dann die
Vankouver
an der asiatischen Küste eintraf, stellte Harry Clifton fest, daß ihr Kapitän ein Landsmann und Freund von ihm war. Daher beschloß er, mit seiner Frau, seinen drei Söhnen und seiner kleinen Tochter an Bord des Schiffes zu gehen. Da er nunmehr wohlhabend war, sehnte er sich nur noch nach Ruhe, wenngleich er mit seinen vierzig Jahren noch recht jung war.
    Seiner Frau, Mrs. Elisa Clifton, war zwar etwas unwohl bei dem Gedanken, auf einem Schiff voller Kanaken unterwegs zu sein, doch wollte sie ihren Mann nicht verstimmen, der sich nach Amerika zurücksehnte. Die Überfahrt sollte auch gar nicht lange dauern, und der Kapitän der
Vankouver
hatte schon viele solcher Reisen bewältigt, was Mrs. Clifton eine Beruhigung war. So gingen ihr Mann und sie also mit ihren drei Söhnen Marc, Robert und Jack, ihrem Töchterchen Belle und ihrem Hund Fido an Bord des Schiffes.
    Kapitän Harrisson war ein erfahrener Seemann, der sich ausgezeichnet aufs Navigieren verstand und sich besonders gut in den übrigens recht ungefährlichen Gewässern des Pazifischen Ozeans auskannte. Da er mit dem Ingenieur befreundet war, tat er sein möglichstes, um die Familie Clifton nicht dem Kontakt mit den im Zwischendeck untergebrachten Kanaken auszusetzen.
    Die Besatzung setzte sich aus einem Dutzend Matrosen zusammen, die aus den verschiedensten Nationen stammten, ein Umstand, der sich nur schwer vermeiden ließ, da die Schiffsmannschaften in fernen Ländern angeheuert werden mußen und dadurch der Keim der Zwietracht, von der solche Überfahrten oft beeinträchtigt wurden, schon gesät war. Auf besagtem Schiff bestand die Besatzung aus zwei Iren, drei Amerikanern, einem Franzosen, einem Malteser, zwei Chinesen und drei für den Bordservice engagierten Negern.
    Am 14. März lief
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