Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson
Autoren: Jule Verne
Vom Netzwerk:
die
Vankouver
aus, und während der ersten Tage ging alles reibungslos vonstatten. Der Wind stand jedoch nicht günstig, und unter dem Einfluß von südlichen Brisen und Strömungen trieb das Schiff trotz des Geschicks von Kapitän Harrisson allmählich viel weiter nach Norden ab als vorgesehen. Das bedeutete jedoch keine ernsthafte Bedrohung, sondern lediglich eine Verlängerung der Überfahrt. Die eigentliche Gefahr hätte sich vielmehr an dem Unmut einiger Matrosen ablesen lassen, die die Kanaken zu einem Aufstand anstacheln wollten. Zu solchem Treiben aufgehetzt wurden diese Schurken vom Ersten Offizier Bob Gordon, einem abgefeimten Kerl, der die Gutgläubigkeit des Kapitäns ausgenützt hatte, mit dem er zum ersten Mal fuhr. Schon mehrfach war es zwischen den beiden zu Auseinandersetzungen gekommen, und der Kapitän hatte ein Machtwort sprechen müssen. Diese bedauerlichen Zwischenfälle sollten schlimme Folgen haben.
    Bald machten sich unter der Besatzung der
Vankouver
deutliche Anzeichen von Ungehorsam bemerkbar. Die Kanaken waren immer schwieriger im Zaum zu halten. Verlassen konnte sich Kapitän Harrisson nur auf die beiden Iren, die drei Amerikaner und den Franzosen, einen tüchtigen Seemann, der weitgehend »amerikanisiert« war, da er seit langem in den Vereinigten Staaten lebte. Der wackere Mann stammte aus der Picardie. Er hieß eigentlich Jean Fanthome, hörte aber nur mehr auf den Spitznamen Flip. Dieser Flip hatte die ganze Welt bereist und alles erlebt, was einem Menschen nur widerfahren kann, ohne daß seine gute Laune und sein von einer bodenständigen Lebensphilosophie durchdrungener Geist jemals daran Schaden genommen hätten. Er war es, der Kapitän Harrisson über die ungute Stimmung an Bord in Kenntnis setzte und ihn zum Durchgreifen aufforderte. Doch was war unter diesen Umständen zu tun? Sollte man nicht lieber behutsam vorgehen und abwarten, bis günstige Winde das Schiff in Sichtweite der Bucht von San Francisco treiben würden?
    Harry Clifton war über die Machenschaften des Ersten Offiziers im Bilde und sorgte sich von Tag zu Tag mehr. Als er mit ansah, wie sich zwischen den Kanaken und einigen Matrosen allmählich ein Einverständnis herausbildete, bereute er sehr, überhaupt an Bord der
Vankouver
gegangen zu sein und seine Familie den Fährnissen dieser Überfahrt ausgesetzt zu haben; doch nun war es zu spät.
    Schließlich begann die schlechte Stimmung in Gewalttätigkeiten zu münden, und Kapitän Harrisson ließ einen Malteser, der ihn beleidigt hatte, in Ketten legen. Das geschah am 23. März. Die Gefährten des Maltesers widersetzten sich der Vollstreckung des Urteils nicht, sondern murrten lediglich, und so wurde ihr Kamerad von Flip und einem amerikanischen Matrosen ergriffen und angekettet. Die Strafe an und für sich war nicht weiter schlimm, doch bei der Ankunft in San Francisco konnte der Tatbestand der Gehorsamsverweigerung für den Malteser schwerwiegende Folgen zeitigen. Er leistete jedoch keinen Widerstand, weil er vermutlich sicher war, daß die
Vankouver
ihren Bestimmungsort gar nicht erreichen würde.
    Der Kapitän und der Ingenieur berieten sich oft über die mißliche Lage. Der schwer beunruhigte Harrisson erwog, Bob Gordon verhaften zu lassen, da dieser ganz offensichtlich die Absicht hatte, sich des Schiffes zu bemächtigen. Bei einer Festnahme wäre es aber zu einem Aufstand gekommen, da die überwiegende Mehrheit der Kanaken auf seiten des Ersten Offiziers stand. »Natürlich«, antwortete Harry Clifton, »wäre eine Verhaftung keine wirkliche Lösung. Bob Gordon würde von seinen Anhängern befreit werden, und unsere Situation wäre noch schlimmer als zuvor.«
    »Sie haben recht, Harry«, erwiderte der Kapitän. »Und deshalb kenne ich auch nur ein Mittel, um diesen Schurken unschädlich zu machen. Man muß ihm eine Kugel durch den Kopf jagen! Und wenn er so weitermacht, Harry, dann werde ich das auch tun! Ach, wenn wir nur nicht den Wind und die Strömungen gegen uns hätten!«
    Tatsächlich brachte die steife Brise die
Vankouver
noch immer weiter von ihrer Route ab. Das Schiff kam nur mühsam vorwärts. Mrs. Clifton und ihre beiden kleineren Kinder verbrachten den ganzen Tag in der Kajüte. Harry Clifton war es nicht angebracht erschienen, seine Frau über die Vorgänge an Bord zu unterrichten, da er sie nicht unnötig ängstigen wollte. Das Meer jedoch wurde so ungebärdig und der Wind so stark, daß die
Vankouver
die Stagfock und die beiden Marssegel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher