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Onkel Horatios 1000 Sünden

Onkel Horatios 1000 Sünden

Titel: Onkel Horatios 1000 Sünden
Autoren: Richard Gordon
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brachte, sooft er erwähnt wurde. Aber er hatte den Eindruck gewonnen, daß dieser Mann eine Art Finanzgenie sein müßte, und Teddy mußte zugeben, daß er wie die Verkörperung des Reichtums aussah; so zeichneten die Witzblätter die zylinderbehüteten Kapitalisten, die sich zurücklehnten, an ihrer alten Universitätskrawatte zupften, einen Blick auf die flache goldene Taschenuhr warfen und flüchtig an der Nelke in ihrem Knopfloch rochen.
    «Wir haben reichlich Zeit für ein bequemes Mittagessen», bemerkte Lord Brickwood zufrieden. «Ich glaube, man kann einen Gentleman als einen Menschen definieren, der niemals in Eile ist, meinst du nicht auch? Nachher», setzte er fort, «wirst du mich vielleicht deiner süßen kleinen Braut vorstellen?»
    «Sie - sie ist im Augenblick verreist», parierte Teddy flink. «Nur für einige Tage.»
    Er zerbrach sich beunruhigt den Kopf darüber, was zum Kuckuck George Churchyard wohl eingefädelt haben mochte. Abgesehen von einer glücklichen Wiedervereinigung mußte er nun eine lebendige Braut für seinen Onkel hervorzaubern und das obendrein noch äußerst geschickt anstellen.
    «Ach, wie schade! Aber ich hätte es erraten sollen. Du wirkst ein wenig bedrückt für einen jungen Mann, der in Kürze zu heiraten beabsichtigt. Verlaß dich nur auf mich, mein Junge, ich werde dir schon die Langeweile vertreiben und dich aufheitern, bis sie zurückkommt.» Onkel Horatio tätschelte das Knie seines Neffen. «Aber bist du nicht in Oxford oder so? Das muß wahrhaft gottvoll sein! Strahlende Wochen, in denen man die Isis in flachen Booten hinunterrudert mit Mädchen, die einzig für die Liebe an einem Sommernachmittag geschaffen zu sein scheinen; wie die Eintagsfliegen», spann er seinen Gedanken weiter. «Soviel ich mich allerdings entsinne, fielen manche von ihnen mehr wie die Moskitos aus.»
    «Ich habe erkannt, daß ich dort meine Zeit nur vertrödle», erklärte Teddy forsch. «Sie lassen einen heutzutage ziemlich schwer schuften, weißt du?»
    «In diesem Fall kann ich es dir nicht übelnehmen, daß du ausgetreten bist. Diese Universitäten sind Institutionen, die beklagenswert mit Scheuklappen versehen sind. Das Leben ist immer noch der beste Lehrmeister, glaube ich. Obwohl das Lehrgeld manchmal recht hoch zu stehen kommt.» Er pochte mit seinem Stock an die gläserne Trennungswand. «Das genügt schon, Chauffeur. Gute alte Pall Mall!» rief Lord Brickwood und bezahlte das Taxi. «Sieht genauso aus wie früher. Du hast keine Ahnung, wie man von diesem unvergleichlichen Londoner Ruß träumt. Ich komme mir direkt vor wie Rip van Winkle, der versucht, den Nachbarn sein Manöver nochmals vorzuführen.» Sein Kichern klang wie Portwein, der in einen Becher gluckst. «Es ist so lange her, daß ich in London war, daß ich zugeben muß, nicht mehr genau zu wissen, welches mein Club ist.» Seine Augen wanderten über die Reihe anonymer Häuser, die alle so solide gebaut waren, als sollten sie die Lebensdauer der Pyramiden erreichen. «Das ist er, bilde ich mir ein», entschied er und wies mit seinem Stock auf die schwere Tür an der gegenüberliegenden Straßenseite. «Ich nehme an, du kennst seinen Namen?»
    «Ja, es ist der Trafalgar Club », nickte Teddy. Es schmeichelte ihm, damit seine Welterfahrenheit zeigen zu können.
    «Haargenau», nickte Lord Brickwood und schritt eilig die Eingangsstufen empor. «Guten Morgen, Portier», begrüßte er den Mann in dem kleinen Glasverschlag. «Hübsch ein paar Jahre her, daß ich meinen Fuß in diesen Club setzte! Ich wette, Sie erkennen mich gar nicht mehr!»
    «Selbstverständlich erkenne ich Sie, Sir», erwiderte der Portier sofort. «Ich erkenne unsere sämtlichen Mitglieder, Sir.»
    «Zwanzig Jahre, George - Sie heißen doch George, nicht wahr?»
    «Charles, Sir. George ging schon vor einiger Zeit in den Ruhestand.»
    «Natürlich, Charles. Ich habe euch immer verwechselt. Sie sind natürlich bedeutend jünger als George.»
    «Er ist mir um einige Sommer voraus, Sir», grinste der Portier.
    «Hat sich der Herzog von Essex in jüngster Zeit öfters hier blicken lassen?»
    «Seine Gnaden sind schon vor ziemlich langer Zeit verschieden, Sir.»
    «Wie, der gute alte Rudolph?» Teddys Onkel war fassungslos. «Mein Gott! Wie man im Fernen Osten doch an solchen Nachrichten vorbeigeht! Wir waren einmal sehr eng befreundet.» Er schneuzte sich in ein gelbes Seidentaschentuch. «Aber das bleibt eben keinem von uns erspart, nicht wahr? Wo kann ich
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