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Oliviane – Der Saphir der Göttin

Oliviane – Der Saphir der Göttin

Titel: Oliviane – Der Saphir der Göttin
Autoren: Marie Cordonnier
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die halblangen grauen Haare wie eine Mähne um den Kopf stehend, bot er ein Bild verwitterter, massiger Kraft und Stärke.
    Der Schwarze Landry sah aus dem Augenwinkel, dass sie sich stolz aufrichtete und ihre letzten Kräfte mobilisierte. Mit leiser Befriedigung beobachtete er, dass sie zwar trocken schluckte, aber in scheinbar gelassener Würde das Folgende abwartete.
    »Bringt sie ins Haus!«, bellte der Herzog über den Hof und ließ seinen Blick über die Neugierigen schweifen. »Was gafft ihr so? An die Arbeit mit euch – oder ich sorge persönlich dafür, dass Ihr euch unter dem Torturm eine Weile ausruhen könnt!«
    Oliviane sah, dass sich die Menschen unter dem Gebrüll des Herzogs duckten und so schnell wie möglich davonschlichen. Sie zweifelte keinen Moment mehr daran, dass sich unter dem Torturm die Folterkammer befand. Sie fror, aber es war eine Kälte, die tief aus ihrem Inneren kam und nichts mit den unfreundlichen Temperaturen des Dezembertages zu tun hatte.
    »Kommt«, murmelte Landry so leise, dass nur sie es hören konnte. »Ihr macht es nicht besser, wenn Ihr jetzt Schwäche zeigt.«
    Die Tatsache, dass er zweifellos Recht hatte, weckte wieder ihre Lebensgeister. Oliviane zwang sich, ihr Bein über das Sattelhorn zu heben, und glitt anmutig aus dem Sattel. Sie gab Landrys Hand so schnell frei, dass er kaum den Druck spürte. Dann raffte sie ihre Röcke und schritt hocherhobenen Hauptes die wenigen Stufen hinauf.
    Als sie vor Paskal Cocherel stand, befanden sich ihre Augen auf gleicher Höhe. Sie stellte erstaunt fest, dass er nur wenig mehr als mittelgroß war. Seine massige Statur ließ ihn größer wirken, doch nach dem ersten Blick in seine Augen, die so gelblich wie das Fackellicht schimmerten, beging sie nicht den Fehler, ihm zu trotzen.
    Sie brachte ihren Respekt in einem anmutigen Knicks zum Ausdruck, dessen höfische Eleganz den Schwarzen Landry entzückte, dem Herzog hingegen nur ein unwilliges Knurren entlockte.
    »Dann seid Ihr also hier«, brummte er so unwillig, als hätte sie ihm eine Liste alter Schulden präsentiert. »Nun herein mit Euch, es ist kalt. Maé wird sich um Eure Unterbringung kümmern. Maé! Zum Teufel, wo steckt das elende Weib schon wieder?!«
    Ohne sich der Artigkeiten zu erinnern, die er einer Dame und erst recht seiner zukünftigen Frau schuldete, stapfte er durch das Portal in die große Halle zurück und ließ Oliviane alleine über die Schwelle ihres künftigen Heimes treten. Immerhin entging ihm auf diese Weise ihr entsetzter Blick auf die schmutzigen Schragentische, den Unrat auf dem strohbedeckten Boden und die Spinnweben an den Wänden.
    »Maé!«, brüllte der Herzog.
    Oliviane zuckte unmerklich zusammen, aber die dralle blonde Frau, die nun betont gemächlich herbeischlenderte und sie aus neugierigen Augen musterte, wirkte völlig unbeeindruckt. Offensichtlich war dies die normale Lautstärke, in der sich der Herzog von St. Cado äußerte, wenn ihm etwas missfiel. Aber noch mehr als die stoische Ruhe der Magd verblüfften Oliviane Maés gewaltige, wogende Brüste. Sie quollen über den herausfordernd freizügigen Ausschnitt ihres schmuddeligen Hemdes, als besäßen sie ein Eigenleben. Auch der Rock sah aus, als hätte sie sich seit Wochen bei jeder Gelegenheit die schmutzigen Finger daran abgewischt.
    »Was gibt’s?«, fragte sie freundlich und bedachte den Herzog mit einem Lächeln, das Oliviane schlagartig ahnen ließ, dass Maé in ihrer ganzen speckigen Üppigkeit durchaus sein Wohlgefallen fand.
    »Schaff sie in ihre Kammer und sorg dafür, dass es ihr an nichts fehlt«, schnauzte Paskal Cocherel. »Bring ihr etwas zu essen und auch Kleider. Ich wünsche nicht, dass meine künftige Gemahlin wie eine Vogelscheuche herumläuft und mir Schande macht!«
    Oliviane verbarg ihr Entsetzen hinter einer reglosen Miene. Sie richtete ihre braunen Augen auf den Mann, der ihr Gemahl werden sollte.
    »Ich danke Euch für den freundlichen Empfang«, erwiderte sie so kalt und förmlich, dass nicht einmal der Schwarze Landry sicher war, ob sie es ironisch meinte. »Werdet Ihr mir sagen, auf welchen Tag Ihr unsere Vermählung angesetzt habt?«
    »Die Vermählung findet statt, sobald sich eine vertrauenswürdige Person davon überzeugt hat, dass Ihr Eure monatliche Reinigung bekommt, gesund seid und noch nie bei einem Mann gelegen habt. Ich hoffe, Euer schurkischer Großvater hat mich in dieser Sache nicht belogen!«, knurrte der Herzog. »Ich habe es nicht gerne,
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