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Oliviane – Der Saphir der Göttin

Oliviane – Der Saphir der Göttin

Titel: Oliviane – Der Saphir der Göttin
Autoren: Marie Cordonnier
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Ausbruch nackter, sinnloser Gewalt, dessen Zeuge er eben geworden war, als der Herzog von St. Cado den stummen Sohn Maés massakriert hatte, nur weil der Junge ihm nicht sofort eine Antwort gegeben hatte, verlieh ihrer Forderung in seinen Augen geradezu etwas Paradoxes. Er lachte zynisch auf.
    »Zum Henker, ich wünsche Euch, dass ein Bad Euer einziges Problem in diesem Hause bleibt, kleine Dame.«
    »In einem Schweinestall wie dieser Burg wohnen zu müssen, erfordert wohl nicht zwingend, dass man selbst ein solches Borstentier sein muss«, entgegnete Oliviane spitz. »Was wollt Ihr von mir?«
    Ihr vielsagender Blick, der auffallend auf seinen schmutzigen Stiefeln und den Kleidern ruhte, in denen er nun seit vielen Tagen ritt und schlief, verriet überdeutlich, dass sie auch ihn zu den erwähnten Schlammwühlern zählte.
    »Eigentlich wollte ich Euch eine Warnung zukommen lassen, aber wie es aussieht, habt Ihr derlei nicht nötig«, stieß er in jäh aufflammendem Zorn hervor.
    »Eine Warnung?«, wiederholte Oliviane, von seinem langen, bitteren Schweigen verunsichert.
    »Vergesst es«, winkte er ab. »Ich sehe, Ihr versteht es vortrefflich, für Euch selbst zu sorgen. Nehmt trotzdem einen letzten Rat von mir: Wagt es nicht, Eurem künftigen Gemahl zu trotzen. Er hält sich weder an ritterliche Pflichten noch an christliche Gebote!«
    »Ich habe nicht die Absicht, mich zu widersetzen«, erwiderte sie völlig unpersönlich. »Ich habe mein Wort gegeben, und ich werde es halten. Aber ich erwarte natürlich nicht von Euch, dass Ihr dergleichen begreift.«
    Er runzelte die Stirn über den rabenschwarzen Augen, die nicht verrieten, wo die Pupillen endeten und wo die Iris begann. »Dass ich was begreifen kann?«
    »Dinge wie Ehre, Stolz und Pflichtbewusstsein müssen einem Söldner notgedrungen fremd sein, wenn er seine Person und seine Kampfkraft an den nächstbesten Anführer verkauft und sklavisch dessen Befehle ausführt.«
    Oliviane hielt seinem wütenden Blick leidenschaftslos stand. Was es sie kostete, blieb ihr Geheimnis. Sie wusste nur eines: Auch vor ihm durfte sie keine Schwäche zeigen.
    »Hütet Euch, kleine Dame!«
    Vier Worte nur. Er zischte sie nach ein paar schnellen Schritten, die ihn so dicht vor sie brachten, dass sie den Hauch seines Atems an ihrer Schläfe spürte. Lediglich ein unvollständig unterdrückter Fluch verriet, wie sehr er sich beherrschen musste, damit er sie wortlos stehen lassen konnte. An der Tür drehte er sich noch einmal zu ihr um.
    »Wie es aussieht, werdet Ihr auf Euer Bad ein wenig länger warten müssen. Er hat Maé in den Torturm werfen lassen, Es ist nicht gut, den Unwillen des Herzogs zu erregen.«
    »Aber ...«
    Sie bekam keine Antwort mehr. Die Tür klappte, und der Riegel knirschte. Oliviane presste die Hand auf ihr wild klopfendes Herz. In ihrem Kopf drehte sich alles, und selbst wenn sie die Augen schloss, sah sie das kantige, wütende Gesicht des Schwarzen Landry vor sich.
    Wodurch, um Himmels willen, hatte die unverschämte Magd ihren Herrn verärgert?

4. Kapitel
    Oliviane starrte die Reitpeitsche wie gelähmt an. Sie bestand aus einem kurzen, steif geflochtenen Handgriff und einer dicken Lederschnur, die zur Spitze hin schmäler wurde. Eine sich windende, gefährliche Schlange, die mit leisem Klatschen an die hohen Stiefel aus spanischem Leder schlug, als wollte Paskal Cocherel seinen Worten damit noch mehr Nachdruck verleihen.
    Die Peitsche wäre nicht nötig gewesen. Oliviane empfand auch so schon genügend Entsetzen vor der breiten Gestalt, deren prächtige Kleider verbargen, dass ihre Massigkeit nicht mehr ausschließlich von Muskeln, sondern zunehmend von fleischiger Fülle bestimmt wurde.
    Es kostete sie alle Kraft, den spontanen Abscheu zu verbergen, der sie bei seinem Anblick überfiel, und sich auf das überraschende Verhör zu konzentrieren, dem er sie unterzog.
    »Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht ...«, sagte sie, um äußerste Gelassenheit bemüht. Sie trug entgegen seines Befehls ihr eigenes, schäbiges Gewand, dessen Falten ihre angestrengt verkrampften Hände verbargen.
    »Halte mich nicht zum Narren, Mädchen!« Klatsch, wieder ein Hieb mit der Peitsche. »Ich weiß, dass das Kreuz von Ys im Kloster von Sainte Anne versteckt wurde. Ich weiß zudem, dass diese alte Närrin von Äbtissin die Sterne von Armor herausgebrochen hat. Möge sie dafür in der Hölle schmoren. Eine jede Novizin hat einen Stein bekommen, auch du! Wo hast du ihn?«
    Oliviane
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