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Olivers Versuchung

Olivers Versuchung

Titel: Olivers Versuchung
Autoren: Tina Folsom
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durch die Fenster in diesem Zimmer niemals entkommen würde, weil sie sich beim Hinausspringen aus dem dritten Stock den Hals brechen würde, stolperte sie zur Tür und riss sie auf.
    Der Flur war leer. Sie schloss die Tür hinter sich und lief in die Richtung zurück, aus der sie kurze Zeit zuvor gekommen war. Es gab nur einen Ausweg aus diesem Stockwerk. Sie würde es nie durch die unteren Etagen schaffen, wo die Rezeption sowie die Wohnräume der Vampire lagen, die hier arbeiteten.
    Es gab eine Feuerleiter. Sie hatte sie eines Nachts bemerkt, als einer der Vampire das geschwärzte Fenster am Ende des Korridors geöffnet hatte, dort wo der Gang abbog. Die Feuerleiter war ihre einzige Chance.
    Sie lief auf das Fenster zu und stolperte einige Male, bis sie es erreichte. Verzweifelt versuchte sie, den unteren Teil des alten Schiebefensters hochzuschieben, aber es bewegte sich nicht. Panik stieg in ihr hoch. Hatten sie es zugenagelt? Sie versuchte es nochmals, diesmal heftiger. Ihr Atem verließ sie und sie senkte den Kopf.
    Warum? Warum?, fluchte sie innerlich und schlug mit der Faust gegen den Rahmen.
    Dann fiel ihr Blick auf die Metallverriegelung an der Oberseite des Rahmens. Das Fenster war verschlossen. Es war eines jener alten Schlösser von vor Jahrzehnten, mit denen das Fenster verriegelt werden konnte: Es hatte einen kleinen Hebel, den man von einer Seite zur anderen schob. Kein Schlüssel war nötig.
    Mit einem Blick über die Schulter entriegelte sie schnell das Fenster, dann schob sie es hoch. Kühle Nachtluft drang in den schwülen Flur und ließ sie frösteln. Ihr Blick fiel auf die Metallplattform, die außerhalb des kleinen Fensters angebracht war. Die Feuerleiter hing von dort nach unten.
    Rasch zwängte sie sich durch das offene Fenster und setzte ihre Füße auf die Plattform, um zu testen, ob sie sie tragen würde. Das Metallgitter bog sich unter ihrem Gewicht, und ihr Blick fiel auf die Verankerung, mit der es gesichert war. Es war zu dunkel, um viel zu sehen, aber sie hätte darauf wetten können, dass das Metall verrostet war.
    Sie packte das Geländer und machte ihren ersten zaghaften Schritt, dann einen weiteren. Dann setzte sie einen Fuß auf die Metallleiter und stieg eine Etage hinunter, dann eine weitere. Auf Höhe der ersten Etage blieb sie stehen. Die Leiter ging nicht weiter. Panisch sah sie sich auf der Plattform um und entdeckte einen Stapel aus Metall. Dies schien eine Leiter zu sein, zusammengefaltet wie der Luftbalg eines Akkordeons. Sie trat mit dem Fuß dagegen, aber nichts bewegte sich. Sollte die Leiter nicht ganz bis zum Boden reichen?
    Vorsichtig trat sie darauf und brachte mehr Gewicht auf das, was offenbar die unterste Stufe sein sollte. Ihre Hände ergriffen eine Metallschiene, und unter ihren Fingern ertastete sie einen Haken. Sie zog daran.
    Auf einmal brach die Hölle los. Die Leiter wurde plötzlich frei, fuhr sich lautstark zu ihrer vollen Länge aus und nahm sie mit sich nach unten, während sie mit ihren Füßen noch immer auf der untersten Stufe stand. Der nahezu freie Fall sandte Adrenalin durch ihre Adern, doch Sekunden später kam sie auch schon wieder zum Stillstand. Ihr Körper wurde gegen die Leiter geschleudert. Ein Metallstab brach entzwei und schnitt sich in ihren Oberarm. Ein stechender Schmerz durchfuhr sie. Sie schlug ihre Hand auf die Wunde und versuchte die Schmerzen zu verdrängen.
    Aber sie durfte keine Zeit verlieren. Die Vampire hatten sicher den Lärm gehört und würden nachsehen, was passiert war.
    Blindlings lief sie aus der Gasse und in die nächste Straße. Sie wusste nicht, wo sie war. Als sie und die anderen Frauen an diesen Ort gebracht worden waren, war es Nacht gewesen, und sie waren aus einem dunklen, fensterlosen Lastwagen in das Gebäude getrieben worden, ohne eine Chance zu haben, sich in der Gegend umzublicken. Sie wusste nicht einmal, in welcher Stadt sie sich befand.
    Ursula rannte vorbei an einem Schild einer Import/Export-Firma, stürzte in die nächste Straße und lief so schnell sie konnte. Die Straßen waren menschenleer, so als ob diese Gegend nicht von Menschen aufgesucht wurde. Irgendwo in der Ferne hörte sie Autos, aber sie sah niemanden.
    Als sie lief, versuchte sie, ihre Umgebung wahrzunehmen und sich im Geist Notizen von Straßenschildern und Gebäuden zu machen, an denen sie vorbeilief.
    Ihre Lunge brannte vor Erschöpfung, und ihr Arm schmerzte nach der Begegnung mit dem Metallstab. Sie spürte, wie immer noch Blut
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