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Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Titel: Oliver Hell - Das zweite Kreuz
Autoren: Michael Wagner
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begann zu lächeln.
    „ Frau Rosin, schön Sie wieder zu sehen“, sagte er. Hell lief es kalt den Rücken hinunter.
    Die Stimme.
    Wiedererleben. Die Schläge. Die Tritte. Der Schmerz. Die Angst. Alles war wieder präsent. Er hatte Monate gebraucht, um es zu verarbeiten. Jetzt stand der Mann vor ihm, der für alles die Verantwortung trug. Sein Magen machte Anstalten sich zu verkrampfen.
    Kein Zweifel.
    Es war Mashad Agayer.
    Lea Rosin hielt ihre Waffe weit von sich gestreckt. Als wolle sie eine Distanz zwischen ihr und diesem Mann halten. Skepsis. Ihre Augenbrauen trafen sich beinahe in der Mitte. Sie erkannte ebenfalls seine Stimme. Klauk schaute zwischen den beiden Kollegen hin und her.
    „ Und? Ist er es?“, fragte er. Er war sich nicht sicher. Damals im Hotel hatte er ja nur gebrochen Deutsch gesprochen. Jetzt sprach der Mann ohne einen Akzent.
    „ Ja, das ist Mashad Agayer“, antwortete Hell, „Willkommen auf unserem Präsidium. Das hätte ich mir viel früher gewünscht.“
    „ Vielen Dank, Herr Kommissar. Es ist mir eine Freude, sie hier zu besuchen.“
    „ Klauk legen Sie unserem Gast bitte Handschellen an, und schauen Sie bitte gründlich nach, ober er Waffen bei sich trägt. Wir kennen ja seine Obsessionen.“
    Klauk steckte seine Waffe weg. Hell und Rosin hielten Agayer in Schach. Ebenso der Beamte hinter dem Tresen. Er holte die Handschellen aus dem Hosenbund und fesselte Agayer damit. Dann tastete er ihn von oben bis unten ab.
    „ Er ist sauber“, sagte er.
    „ Es ist kein Vertrauen mehr in der Welt“, sagte Agayer, „Das beleidigt mich schon ein wenig.“
    „ Darauf können wir im Moment leider keine Rücksicht nehmen, Herr Agayer.“
    Rosin starrte den Mann die ganze Zeit über an. „Wie haben Sie das überlebt, Mann?“
    Agayer drehte sich wieder zu ihr herüber. „Das wollte ich Ihnen bei einem Kaffee erzählen, aber Sie wollten nicht. Jetzt behalte ich es lieber für mich.“ Mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen kehrte er ihr wieder den Rücken zu.
    Hell hatte genug gesehen. „Klauk, Rosin. Bringen sie unseren Gast in den Verhörraum. Ich informiere das LKA. Die werden Augen machen.“ Er wandte sich ab und suchte die Nummer des LKA auf seinem Handy.
    *
    Eine halbe Stunde verging, bis er jemanden erreichte. Der Kollege auf der anderen Seite atmete schwer und schwieg. Ungläubig fragte er dann, ob es sich um keine Verwechslung handeln konnte. Hell bestätigte ihm, dass er keinen Zweifel hegte. Mashad Agayer lebte, und er hatte sich freiwillig in die Obhut der Polizei zu begeben.
    Klauk und Rosin saßen ihm im Verhörzimmer gegenüber. Agayer spürte das Misstrauen im Blick von Lea Rosin. Sie sagte nichts. Aber er konnte ihre Gedanken lesen.
    Er kam ihr zuvor, indem er sagte: „Frau Rosin, als ich mit der brennenden Flasche vor Ihnen stand, waren nicht Sie das Ziel. Wenn Ihnen das hilft gegen das Grübeln.“
    Lea Rosin fuhr innerlich zusammen, doch hatte sie sich soweit im Griff, dass sie es nicht zeigte. Es gab nun keinen Zweifel mehr. Vor ihnen saß ein längst Totgeglaubter. Klauk schüttelte den Kopf. Es war Leas Befragung. Nicht seine. Im Moment war er nur das Beiwerk. Diese beiden hatten eine Rechnung offen. Seine Aufgabe war höchstens seine Kollegin zu beschützen. Wenn das überhaupt nötig war. Der Mann, der ihnen gegenübersaß, wirkte entspannt. Nichts erinnerte an den gnadenlosen Vollstrecker, den sie gejagt hatten.
    „ Ok, Herr Agayer, ich glaube Ihnen. Aber was um Himmels willen machen Sie hier? Keiner hätte Sie mehr erkannt. Ihre Tarnung ist perfekt“, sagte sie.
    „ Vielleicht wollte ich Sie einfach wiedersehen?“, fragte Agayer.
    „ Reden Sie keinen Quatsch“, fuhr sie hoch und stand auf.
    „ Das tue ich selten, wenn ich das anmerken darf.“
    „ Wie zur Hölle sind sie von dem Boot weggekommen? Und wie haben Sie diese Explosion überlebt?“ Sie blieb neben ihm stehen, stemmte die Arme in die Taille.
    „ Beinahe gar nicht. Ich trieb wohl bewusstlos auf dem Fluss. Ein Flussschiffer hat mich aus dem Wasser gezogen. Ich verdanke meine Rettung wohl der Tatsache, dass ihre niederländischen Nachbarn zwar ihre Sprache sprechen, aber ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem Land haben.“
    Rosin wanderte durch den Raum. „Sie wollen damit sagen, dass Sie auf einem Schiff waren?“
    „ Ja, so war es.“
    „ Und wo waren Sie in den letzten Monaten?“
    „ In Holland. Dort war ich nicht zur Fahndung ausgeschrieben. Und ich muss sagen, ihre Nachbarn haben
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