Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige
Autoren: A Plichota
Vom Netzwerk:
gelangt sind, bin ich unsichtbar. Es wird Jahrhunderte dauern, bis ich mich zu einem Schatten materialisieren kann, wie die anderen Alterslosen es können. Wenn du hier weggehst, werde ich wieder unsichtbar.«
    »Und ich werde dich nie wiedersehen«, schloss Oksa tieftraurig.
    »Doch, wir werden uns bald wiedersehen, meine Kleine.«
    Oksa riss erschrocken die Augen auf.
    »Werde ich auch sterben? Ist es das?«, fragte sie fieberhaft.
    »Nein, meine Duschka. Nein! Hat der Plemplem dir nichts gesagt?«
    »Warte, warte«, antwortete Oksa und dachte angestrengt nach. »Bist du womöglich die neue Unendliche Entität? Die das Gleichgewicht der beiden Welten wiederherstellen wird?«
    Dragomira nickte.
    »Wenn du die Kammer des Umhangs betrittst, werde ich da sein. Aber selbst wenn ich die Entität bin – allein bin ich zu nichts nütze. Wir müssen unsere Kräfte als Huldvolle bündeln, um das Gleichgewicht wiederherzustellen.«
    »Aber das Problem ist, Baba, dass sich die Kammer nicht öffnet.«
    »Und weißt du auch, warum?«
    Oksa zog die Brauen hoch. »Weil es mir nicht gut geht«, flüsterte sie.
    »Ganz genau. Du machst dir Vorwürfe, dabei hat das, was geschieht, nichts mit deinem Willen oder deinen Entscheidungen zu tun. Weil du dir das, was passiert ist, übel nimmst, kommt die Kammer zu dem Schluss, dass du noch nicht bereit bist.«
    »Aber ich bin bereit, Baba!«, rief Oksa eifrig.
    »Nein, Oksa, das bist du nicht«, entgegnete Dragomira sanft. »Aber ich will dir helfen, es zu werden.«

Die Abgewiesenen
    A
uf der glatten Oberfläche der Quelle erschienen Bilder. Zuerst waren sie noch verschwommen, doch dann wurden sie scharf. Vielleicht würde Oksa jetzt endlich Antworten auf die Fragen erhalten, die an ihr nagten und sie daran hinderten, einfach sie selbst zu sein.
    »Das Filmauge«, murmelte sie.
    »Zum ersten Mal habe ich einen Träumflug nach Da-Draußen gemacht«, erklärte Dragomira. »Und jetzt zeige ich dir, was ich gesehen habe.«
    Das erste Bild traf Oksa wie ein Schock: Elf völlig verstörte Gestalten standen am Ufer des Goshun-Sees, in dem sich der blei­graue Himmel spiegelte. Es waren die Verwandten der Rette-sich-wer-kann und der Treubrüchigen, die nicht nach Edefia gelangt waren. Trotz dieses Unglücks, das sie alle gleichermaßen betraf, hatten sich die beiden Clans sofort wieder zu getrennten Grüppchen formiert. Auf der einen Seite standen Gunnar und Brendan – die Ehemänner der Zwillinge Annikki und Vilma –, zusammen mit Greta und Sofia, Frau und Schwiegertochter von Lukas, dem Mineralogen. Ein Stück weiter versammelten sich Marie, Gus, Andrew, Kukka, Virginia Fortensky – Camerons Frau – und Akina Nishimura, Cockerells Frau. Nur Barbara McGraw schien ihr Lager noch nicht gewählt zu haben. Sie saß etwas abseits auf dem Boden und hatte die Arme um die Knie geschlungen.
    Keiner der »Abgewiesenen« sprach ein Wort. Sie wirkten wie versteinert vom Schock dieses Erlebnisses und verharrten stumm in ihrem Schmerz. Mit Ausnahme von Kukka, die hemmungslos schluchzte. Aber wieso war sie überhaupt draußen geblieben?, fragte sich Oksa. Das hätte doch nicht passieren dürfen! Doch da veränderte das Bild sich bereits. Jetzt bebte die Erde so stark, dass Wellen auf dem See aufgepeitscht wurden. Zu allem Überfluss prasselte nun auch noch ein wolkenbruchartiger Regen auf die beiden Gruppen herab.
    »Schnell, bringen wir uns in Sicherheit!«, schrie Andrew und packte den Rollstuhl von Marie.
    Die Abgewiesenen suchten in einem der klapprigen Busse Zuflucht vor dem heftigen Regenguss.
    Wenig später erhob sich Gus von seinem Sitz.
    »Wir müssen etwas tun!«, stieß er mit einer Heftigkeit hervor, in der seine ganze Angst zum Ausdruck kam. »Wir können doch nicht bis in alle Ewigkeit hier herumhocken.«
    »Und wenn sie zurückkommen und nach uns suchen?«, fragte Kukka mit zittriger Stimme. »Wir dürfen hier auf keinen Fall weggehen.«
    Andrew sah sie mitleidig an.
    »Es kann doch nicht schwieriger sein, aus Edefia herauszukommen als aus einem Gemälde, oder?«, schrie sie beinahe hysterisch.
    »Es hat über drei Monate gedauert, bis Abakum, Oksa und die anderen wieder aus dem Gemälde herauskamen«, wandte Andrew ein. »Also, selbst wenn es ihnen möglich wäre, Edefia wieder zu verlassen – dann sitzen wir inzwischen hier mitten in der Wüste, vergiss das nicht. Wir würden sehr bald verhungern und erfrieren.«
    »Andrew hat recht«, schaltete sich Marie ein. »Hier haben wir kaum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher