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Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel
Autoren: Thomas Simoner
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Seine Einladungen zum Fischessen waren allgemein begehrt
und jedermann, der irgendwie die Chance bekam dabei sein zu dürfen, sah es als
große Ehre und hätte ohne Zögern jede andere Vereinbarung mit irgendeiner
fadenscheinigen Ausrede abgesagt. Mal Familie, mal verschiedene Freunde, mal
„noch-nicht, nicht-mehr, schon-wieder, immer-noch“ Freundin, das waren seine
jeweiligen Essensgäste. Der ständige Wunsch nach „baldiger Wiederholung“ gab JP
immer wieder gute, neue Gründe, um für frischen Fisch sorgen zu müssen. Dabei
bemühte er sich, möglichst wenig einzufrieren und maximal mit ganz frischen
Forellen, Äschen, Saiblingen, Hechten, Zander etc. aufwarten zu können.
Klarerweise waren damit seine Einladungen immer sehr kurzfristig und spontan.
    JP hatte große
Hochachtung vor der Natur und ihren Kreaturen und hatte es sich zum Prinzip
gemacht, pro Fischtag und pro Gewässer nur einen großen Fisch zu entnehmen.
Durch die Größe seiner Forellen und Äschen waren JPs Essenseinladungen
üblicherweise auf zwei bis maximal vier Personen begrenzt. Bei Hechten oder
Zander waren die Fische natürlich größer und da kamen auch schon mal sechs bis
acht Personen auf die Einladungsliste. Aber mehr Platz hatte er an seinem
Esstisch ohnehin nicht. JP genoss diese gemeinsamen Abende in geselliger Runde.
Mehr als einmal konnte er, vielleicht auch dank seiner Koch- und
Bewirtungskünste, die eine oder andere bisherige „lockere Freundin“ spontan
dazu motivieren, gleich bis zum Frühstück bei ihm zu bleiben. JPs Privatleben
war voll im Lot. Er hatte Zeit für seine Hobbys, natürlich war ihm das nie
genug Zeit, aber es war OK, so wie es war. Der Job machte ihm tierischen Spaß,
auch wenn es zur Zeit sehr herausfordernd und stressig war und seine Freunde
traf er so oft es irgendwie ging. Nur seine engste Familie kam ein bisschen zu
kurz.
    JP war ein
Familienmensch, schaffte es aber beim besten Willen nicht, seine zwei
Schwestern, Oma/Opa, Mama/Papa, Tante/Onkel und Cousins öfter als alle acht bis
zehn Wochen persönlich zu treffen. Die Verwandten im Ausland sah er vielleicht
einmal pro Jahr, meist nur anlässlich irgendwelcher Familienfeiern wie runden
Geburtstagen, Hochzeiten, Trauerfällen etc. Seine Münchner Familienmitglieder
sah er ab und an zwischendurch auf einen schnellen Kaffee oder einen kleinen
Snack irgendwo in der Stadt. Seine beiden Zwillingsschwestern übernachteten
gelegentlich bei ihm, sofern es ihr jeweiliges Studium zuließ und sie Lust auf
das Münchner Nachtleben hatten. Aber dann bekam er sie kaum zu Gesicht, da sie
abends ständig mit ihren Freunden unterwegs oder auf Partys waren. Die freie
Zeit war einfach zu wenig, um allen gerecht zu werden. Auch das Projekt „feste“
Freundin kam irgendwie zu kurz. Sicher, er hatte drei gelegentlich bei ihm
übernachtende Sexualpartnerinnen und noch eine Freundin in Paris, die er
allerdings nur ein- bis zweimal pro Jahr treffen konnte, aber das war es nicht,
wonach er wirklich suchte. JP war immer sehr ehrlich und korrekt zu seinen
Affären und machte, zumindest nicht absichtlich, keiner Frau jemals unfair
Hoffnung auf eine feste Verbindung. Er war irgendwie immer noch nicht bereit
dafür. Dennoch, er hätte sich viel lieber innig verliebt und in Richtung
gemeinsamer Zukunft geplant. Aber er konnte es einfach nicht erzwingen. Und so blieb
ihm nichts übrig, als geschickt eine zu große Annäherung vonseiten der Freundin
zu vermeiden und seine Termine so zu koordinieren, dass sich die Frauen
möglichst nicht über den Weg liefen. Meistens gelang dies. Wenn nicht, setzte
es auch schon mal ein blaues Auge.
     
    ***
     
    Franz Korber hatte einen Termin bei
der Geschäftsleitung. Er brauchte dringend Budget für einige sinnvolle, wenn auch
teure IT-Projekte. Z. B. die Einbindung und Integration der veralteten
Fertigungssysteme und Produktionsstraßen in den Werken an die Lagerverwaltungs-
und an die SAP-Software. In diesem Bereich musste noch unnötig viel per Hand
gemacht werden und dies war einfach nicht mehr zeitgemäß, führte zu Fehlern und
kostete somit Geld. Natürlich war der Zeitpunkt denkbar schlecht und natürlich
subventionierte die Firma im Moment viele andere Bereiche mit Reserven, aber
man musste unbedingt in die Zukunft schauen und entsprechend modernisieren.
Sonst verpasste man den Anschluss und wäre nicht mehr wirtschaftlich oder
konkurrenzfähig. Die Verhandlungen waren zäh und langwierig. Wie immer wenn es
um Geld ging.
    Der alte
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